Einige stehen bereits 30 Minuten vor der Eröffnung des Cano Schlange, um als Erste im neuen Einkaufszentrum einkaufen zu können. Diszipliniert, immer mit Abstand und meistens mit Mundschutz, reihen sie sich vom Eingang an der Hegaustraße die August-Ruf-Straße hinauf. Diese Schlange entsteht am ersten Tag, an dem das Cano für Besucher offen steht, immer wieder. Kurzzeitig müssen Menschen warten, ob vor den Eingangstüren oder vor einzelnen Geschäften. Doch die Stimmung ist und bleibt gut, schließlich gibt es Einiges zu sehen. Erstmals ist zugänglich, woran seit mehr als zehn Jahren geplant und seit zweieinhalb Jahren gebaut wurde.

„Es war ein Kraftakt bis zur letzten Sekunde“, sagte Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler kurz vor dem feierlichen Banddurchschnitt. Man habe viele Jahre gerungen, nun sei das Ergebnis erkennbar. Er dankte in einer kurzen Rede den Singenern, denn sie hätten nicht zuletzt mit dem Bürgerentscheid gezeigt: „Wir wollen dieses Center.“ Leuchtturmprojekte wie das Cano seien wichtig für die Einkaufsstadt Singen, auch und besonders in Zeiten des Onlinehandels.
Center-Leiterin Carolin Faustmann bedankte sich besonders bei den Menschen, die am Cano mitgearbeitet haben: „So ein Schmuckstück entsteht nur in Teamarbeit“, sagte sie.
Abstand und Maske: Eine Eröffnung in Pandemie-Zeiten
Eine Eröffnung in Pandemie-Zeiten sei nicht einfach, sagte OB Häusler, und appellierte: „Bitte haben Sie Respekt, bitte zeigen Sie Rücksicht.“ Wegen der Corona-Verordnung dürfen aktuell nur rund 1000 Menschen ins Cano, die mit einem Lasermessgerät erfasst werden sollen.
Ergänzend hat die Stadt eine Allgemeinverfügung erwirkt, die Maskenpflicht rund ums Cano vorschreibt. Sicherheitskräfte ordnen den Besucherstrom und begrüßen die ersten Gäste: „Lang genug gefroren, viel Spaß im Cano!“
Das sagen Kunden zum neuen Einkaufszentrum
Franziska Küstler aus Singen ließ sich das nicht zweimal sagen: „Ich war die Erste, die ins Cano reingelaufen ist“, sagte sie. Sie wohne direkt gegenüber, habe die Bauarbeiten verfolgt und sich auf die Eröffnung gefreut. „Ich finde die Auswahl an Geschäften toll und hoffe, dass es nicht zu überfüllt wird“, so die Singenerin.
Damit gehört sie auch zu einer Gruppe, bei der sich OB Häusler bereits am Vortag bedankte: Die Anwohner, die zwei Jahre lang Einiges ertragen hätten.
Jan Vinzenz Krause aus Singen war mit seinem kleinen Sohn zur Cano-Eröffnung gekommen. „Ich finde die Architektur sehr gelungen, das sieht toll aus und es ist eine schöne Mischung von verschiedenen Geschäften“, sagte er. Er wohnt und arbeitet in der Innenstadt und ist überzeugt, dass das Cano eine Bereicherung für Singen ist. Auch dass es mit Edeka und Norma jetzt wieder Lebensmittel in der Innenstadt gibt, findet er super.

Händler: „Ein Glücksfall für Singen„ und Frequenzbringer
Der Foto-Geschäftsinhaber Reiner Wöhrstein freut sich auf die Zukunft im Cano. „Das Cano ist ein Glücksfall für Singen und bringt uns eine hohe Frequenz an Kunden“, sagte Wöhrstein, der von Anfang an ein Befürworter des Projekts war. Er habe sich den Anforderungen der Zukunft gestellt und biete neben dem klassischen Angebot auch Fotografie als Erlebnis: Ein Fotostudio ist prominenter Bestandteil seines neuen Geschäfts.

Ramon Genovevo ist Inhaber des Sneaker-Geschäfts Comix, das in der Cano-Filiale sein Sortiment um Kleidung erweitert hat. Er ist hochzufrieden mit der Eröffnung und dem Cano: „Ein großer Vorteil ist, dass die Kunden die Auswahl haben“, erklärte er. Im neuen Einkaufszentrum bekämen sie alles für den täglichen Bedarf und viele Zusatzangebote.
Zwei Müller-Filialen kamen nicht in Frage: Umzug nach 40 Jahren in neue Räume
Doppelt so viel Platz hat im Cano das Kleinkaufhaus Müller, wie Verkaufsleiterin Patrizia Pironti erläuterte. Nach 40 Jahren am alten Standort an der Erzbergerstraße biete das tolle neue Möglichkeiten – wenn auch mit großer Doppelbelastung im Weihnachtsgeschäft. „Die Planbarkeit war schwierig“, sagte sie mit Blick auf die Verzögerungen.

Ursprünglich sollte das Cano drei Wochen früher eröffnen, für diesen Termin standen Mitarbeiter umliegender Filialen bereit. Außerdem sei es für die Mitarbeiter außergewöhnlich gewesen, sich vor dem Einräumen im Cano auf Corona testen zu lassen. Doch Punkt Mittwochabend sei alles fertig gewesen für die Eröffnung.
Am Vortag noch Kartons, nun ein einladendes Geschäft
So war es auch bei den meisten anderen Geschäften – selbst wo am Vortag noch viele Kartons und wenig Ware zu sehen waren, fanden Kunden wenig später ein einladendes Geschäft vor. Comix-Inhaber Ramon Genovevo sieht weitere Vorteile im Cano: Beratung und eine hohe Aufenthaltsqualität. „Das ist es, was die Kunden wollen“, ist er überzeugt.

„Gut besucht, aber nicht überfüllt“: Das Fazit von Carolin Faustmann
Und die Center-Leiterin? Die ist nach dem ersten Tag vollumfänglich positiv: „Wir waren gut besucht, aber nicht überfüllt“, sagte Carolin Faustmann am späten Nachmittag dem SÜDKURIER und sprach von einer Punktlandung. Über 10.000 Besucher seien am ersten Tag im Cano gewesen. Längere Einlassstopps habe es keine gegeben, nur einen kurzen Zulauf um die Mittagszeit: „Da haben wir gleich reagiert, um einen Stau zu vermeiden, und erstmal nur eine Person reingelassen, wenn zwei rausgekommen sind“, erklärte sie. „Man merkt, dass die Menschen seit März gelernt haben, damit umzugehen.“
Bald schon wieder zu? Die Center-Leiterin über den ersten Tag und die Zukunft
Und was sagt sie dazu, dass das Center bald schon wieder schließen müsste, wenn die Corona-Verordnung verschärft wird? Für Carolin Faustmann ist Planungsunsicherheit das Wort des Jahres 2020: „Ich habe dieses Jahr gelernt, dass man flexibel sein und Pläne anpassen muss. Gerade möchte in den Moment genießen, auf den ich ein Jahr hingearbeitet habe. Und dann sind wir stationärer Handel wie andere auch: Jeder würde gerne weiter geöffnet haben.“
Doch es sei auch klar, dass sie auf Corona-Verordungen reagieren werde – und mit den Politikern, die darüber entscheiden muss, wolle sie nicht tauschen. Denn es sei schwer, eine Balance zu finden zwischen der Gesundheit, die an erster Stelle stehe, und der Wirtschaft sowie den Arbeitsplätzen, die bei Einschränkungen leiden.
Ehrgeiziges Bauprojekt mit Verspätungen
- Der Weg dahin: Vor elf Jahren war der Gesamt-Projektverantwortliche Marcus Janko erstmals in Singen. Anfangs sollte ein Einkaufszentrum auf dem Kunsthallen-Areal entstehen. 2014 lagen dann die ersten Pläne für die Bahnhofstraße dem Singener Gemeinderat vor. Nach zweijähriger Abstimmungsphase war 2016 klar, wie das Cano aussehen soll. Ein Bürgerentscheid machte deutlich: Ein Großteil der abstimmenden Bürger will das Cano. Die Cano-Architekten Robert Prignitz und Lennart Sirag sind heute begeistert: „Ein phantastisches Resultat, es übertrifft alle Erwartungen. Das Cano kann in seiner Qualität mit allen großen Einkaufszentren in sämtlichen Großstädten mithalten“, sagte Sirag. Es grenze an ein Wunder, dass der Bau in Corona-Zeiten trotz einwöchigem Baustopp noch im Dezember fertig geworden ist.
- Noch erwartet wird die Eröffnung von einigen Gastronomen sowie Händlern: Noch im Dezember sollen Vorwerk, Tally Weijl, Orsay, Pommesfreunde, KFC und Gum & Fun starten. Nach Ende des Teil-Lockdowns öffnen Beautyworld, My Waffle und Coco Beauty Spa sowie im Januar auch Asia Hung und Tea Motion. Im Frühjahr 2021 sollen die Händler mit dem Italiener im Hotel Viktoria, Vittoria, sowie Depot vollständig sein.
- Öffnungszeiten: Das Cano hat bis 12. Dezember von 8 bis 21.30 Uhr geöffnet. Die regulären Öffnungszeiten sind Montag bis Samstag von 9.30 bis 20 Uhr. Die Gastronomie beschränkt sich Corona-bedingt auf Angebote zum Mitnehmen. Das Parkhaus bietet rund 500 Plätze. Zufahrten sind von 7 bis 21 Uhr möglich, die Ausfahrt ist 24 Stunden geöffnet. Ab 20 Uhr ist der Zugang zum Parkdeck nur über den Nachtzugang Hegaustraße möglich.