Die Vereinbarkeit verschiedener Lebensbereiche stelle viele vor große Herausforderungen, sei es im Zusammenhang mit Kinderbetreuung, Ehrenamt oder der Pflege von Angehörigen. Was könnte man da besser machen und was läuft schon gut – darum ging es bei der Zukunftswerkstatt mit den Mitgliedern des Arbeitskreises Soziales, Gesundheit und Integration der Grünen-Landtagsfraktion aus Stuttgart mit Fachleuten aus verschiedenen Organisationen des Landkreises Konstanz. Die Abgeordneten bekamen dabei allerlei Hausaufgaben für ihre weitere politische Arbeit mit auf den Weg.

Zum Einstieg sprach auf Einladung der grünen Abgeordneten Saskia Frank die Soziologin Susanne Strauß von der Universität Konstanz. „Die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit mit Kinderbetreuung, der Pflege von Angehörigen, Hausarbeit und Ehrenamt führe zu hohen Belastungen für Familien“, sagt sie. Dabei würden Frauen deutlich mehr belastet, weil sie auch deutlich mehr der unbezahlten Arbeit im Haushalt übernehmen. „Frauen leisten fast zehn Stunden pro Woche mehr unbezahlte Arbeit als Männer“, sagte Strauß.
Frauen sind deutlich emhr belastet
Auch bei vereinbarter Arbeitsteilung hätten Frauen und Männer eine deutlich unterschiedliche Wahrnehmung, dass die Hausarbeit tatsächlich je zur Hälfte gemacht wird. Frauen mit Kindern unter drei Jahren würden deutlich weniger arbeiten gehen als Männer und auch später oft nur einer Teilzeittätigkeit nachgehen. Dann nähmen sie dazu oft eine ehrenamtliche Tätigkeit auf.

In Diskussionsrunden sprachen die Teilnehmer der Zukunftswerkstatt schließlich über den Alltag. Sozialdezernent Stefan Basel vom Landratsamt Konstanz gilt als Freund pragmatischer Lösungen vor Ort: „Wir haben im Landkreis immer sehr weit gedacht“, betont er beim Treffen mit Vertretern der Grünen-Landtagsfraktion in Singen und verweist auf eine Vielzahl an niederschwelliger Unterstützung in den Quartieren.
Es müsse darauf geachtet werden, dass die Einrichtungen räumlich gut erreichbar sind und die Öffnungszeiten den zeitlichen Möglichkeiten der Nutzenden sowie den Bedürfnissen der Zielgruppe entsprechen.
Wichtig ist, dass Hilfe erreichbar ist
Auch Stefan Schlagowsky-Molkenthin, Integrationsbeauftragter der Stadt Singen, betonte die Notwendigkeit von Angeboten in den Quartieren, denn aufsuchende Arbeit sei nicht leistbar. „Auch niederschwellige Angebote können Hilfen sein“, ergänzte die Behindertenbeauftragte der Stadt Singen, Jeanette Hofmann.

Gabriele Glocker vom Singener Seniorenbüro liegt die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf sehr am Herzen, doch bleibe diese so ziemlich auf der Strecke. „Viele pflegende Angehörige wissen zum Beispiel nichts vom Pflegezeit-Gesetz“, sagte sie. Schließlich würden 85 Prozent aller Pflegebedürftigen im Land von Angehörigen gepflegt. „Wir arbeiten daran, dass Senioren ihre Rechte besser kennen“, ergänzte ihre Mitarbeiterin Laura Casola.
Für Bernhard Grunewald vom Verein Integration in Singen (Insi) ist die Integration von Menschen aus anderen Ländern bedeutsam. Dazu zähle nicht zuletzt der Spracherwerb. „Wir haben im ganzen Landkreis leider nur drei Integrationskurse mit Kinderbetreuung“, sagte er. Da müsse es noch mehr geben.
Praktiker präsentieren Politikern differenzierte Sichtweisen
In den Diskussionen kam auch das Thema Homeoffice zu Sprache. „Es darf nicht dogmatisiert gesehen werden, es braucht diese Option“, betonte Verena Lippert als Personalverantwortliche beim Pharmaunternehmen Takeda mit Standorten in Singen und Konstanz. Allerdings führe Homeoffice dazu, dass Leute mehr arbeiten, so Susanne Strauß. Auch würden Frauen gern von zuhause aus arbeiten, um dann auch mehr Kinderbetreuung übernehmen zu können.
„Ich fand es spannend, verschiedene Sichtweisen zu hören. Wir müssen viel mehr niederschwellige Angebote schaffen“, lautete das Fazit von Fadime Yuncer, Abgeordnete aus dem Landtagswahlkreis Weinheim. Und Oliver Hildenbrand, der Stuttgart im Landtag vertritt, resümierte: „Wir nehmen viel aus der Zukunftswerkstatt mit!“ Das Resümee der Grünen-Landtagsabgeordneten Saskia Frank am Ende der dreistündigen Zukunftswerkstatt lautete: „Wir müssen lösungsorientierter und pragmatisch an die Probleme herangehen.“