Die Singener Innenstadt bietet in diesen Tagen ein trostloses Bild. Das liegt nicht allein an den schneenassen Straßen; bis auf Bäcker, Optikergeschäfte und Apotheken sind die meisten Läden geschlossen. Es bewegen sich kaum Menschen in der Stadt. Wer nicht unbedingt in die Stadt muss, der bleibt zu Hause. Genau das ist das Ziel des zweiten Lockdowns zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Was aber nicht beabsichtigt sein kann, ist ein langsames Ladensterben. Viele Geschäfte werden den zweiten Stillstand ohne angemessene staatliche Hilfen nicht überstehen. Die Modekette Adler hat bereits Insolvenz angemeldet. Wie aber werden die Innenstädte aussehen, wenn viele Schaufenster dunkel bleiben?

Händler befürchten eine Verödung der Innenstadt
Das Modehaus Zinser und Heikorn haben sich der bundesweiten Aktion „Wir machen auf ....merksam“ von „freundschaftsdienst.eu“ angeschlossen. Sie wollen auf die wachsende Not im Einzelhandel durch die lange Geschäftsschließung hinweisen und die Politik wachrütteln. Stefan Suszek ist Geschäftsführer von Zinser in Singen. Auf großen Klebebannern in den Schaufenstern weist das Modehaus auf die bevorstehende Verödung der Innenstädte hin. Auf vier Stockwerken stapelt sich die Winterware, die nicht verkauft werden kann. „Wir bieten zwar Online-Shopping an, aber das kann die Umsatzverluste nicht mehr ausgleichen“, sagt Suszek. Zusammen mit seinen Abteilungsleiterinnen hat er die Schaufensterpuppen entkleidet und die Lichter im Laden ausgeschaltet.
Prominente Unterstützung vom Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer
Schützenhilfe bekommt der Singener Geschäftsführer vom Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer. Der hat laut „Bild“ in einem Brandbrief an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Beispiel des Tübinger Mittelständlers Zinser die hohen Umsatzverluste vorrechnet. Auch das Singener Modehaus gehört dazu. 2019 habe das Unternehmen 87 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. Bei einem Lockdown bis Ende Februar werde Zinser einen Umsatzverlust von 35 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr verzeichnen. Der Verlust werde durch die bisher geplante Schließung zehn Jahresgewinne betragen, wird Palmer zitiert. Die Fixkosten lägen weiter bei 40 Prozent.

Der Nothilfe-Deckel muss weg und Perspektiven müssen her
Wie Boris Palmer fordert auch Stefan Suszek, dass die versprochenen Wirtschaftshilfen endlich ausgezahlt werden und sich vor allem an der Größe und dem Umsatzvolumen von Unternehmen orientierten. Die bei 500 000 Euro gedeckelten Hilfen reichten nicht aus. „Wir brauchen endlich wieder Perspektiven, wann und wie wir wieder öffnen können“, sagt Suszek.