Die Gaspreise schnellen hoch, der Puls der Abnehmer steigt ebenso. Sie zeigen zwar teils Verständnis für durch den Ukraine-Krieg verursachten Erhöhungen, womit dies die Energieversorger begründen. Doch die Singener Niederlassung des Energieversorgers Thüga, der sich in der Hand zahlreicher Kommunen befindet, muss derzeit heftige Kunden-Kritik einstecken, vor allem in Sachen Transparenz. Denn bei der Ankündigung einer Preiserhöhung steckt der Teufel offenbar im Detail. Es sollen die Preise ab Oktober um 4,81 Cent pro Kilowattstunde steigen, obwohl die Umlage bei 2,4 Cent pro Kilowattstunde liegt.

Wie kommt die Differenz zustande? Ist das bereits eine Irreführung von Verbrauchern? Die Thüga will die Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen. Die Höhe der Umlage sei öffentlich bekannt. Und die Thüga habe auch in ihrem Schreiben an die Kunden (es liegt der Redaktion vor) darauf hingewiesen, dass das Unternehmen Mehrkosten verlangen müsse, weil der Beschaffungsmarkt sehr schwierig und teuer geworden sei, so Gabriele Müller, Pressereferentin der Thüga in Singen.

Gasumlagen sorgen für rechtlichen Zündstoff

Die Preise für Heizungsgas schnellen allgemein eklatant in die Höhe. Dabei geht es um doppelt bis dreifach erhöhte Kosten für die Verbraucher, wie Hegauer Gaskunden verschiedener Energieversorger berichten. Nun sorgt aber auch die von der Bundesregierung beschlossenen und unter Juristen umstrittene Gasumlage für Ungemach. Sie soll vor allem Importeure unterstützen, um die finanziell schwieriger gewordene Gasversorgung zu sichern. Zahlen muss der Kunde über die Rechnung der Energieversorger, die den Betrag eins zu eins weitergeben müssen.

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Im Juli verdoppelt und nun nochmals erhöht

Das Energie-Unternehmen Thüga, das in ganz Süddeutschland am Markt agiert und in Singen eine wichtige Zweigstelle führt, hat Kunden zwei Schreiben mit einem bitteren Beigeschmack gesendet. Zum einen geht es um eine Verdoppelung der Gaskosten – von knapp acht auf 15,9 Cent pro Kilowattstunde. Angekündigt im Juli, soll diese Erhöhung im September in Kraft treten.

Das Bild zeigt einen Gaszähler des Singener Regionalversorgers Thüga.
Das Bild zeigt einen Gaszähler des Singener Regionalversorgers Thüga. | Bild: Jacqueline Weiß

In den vergangenen Tagen erfolgte die nächste Hiobsbotschaft. Weitere Erhöhungen wegen „extrem gestiegener Beschaffungspreise“, so im Thüga-Wortlaut, sowie die Erhebung der Gasumlage, müssen die Kunden in Kauf nehmen. Das Schreiben nennt einen Betrag von 4,81 Cent pro Kilowattstunde. Der Knackpunkt dabei ist, dass die von der Bundesregierung geplante Gasumlage nur 2,4 Cent pro Kilowattstunde beträgt.

Was Wut und Unverständnis auslöst

Die Thüga informiert Kunden wie folgt: „Aufgrund einer neuen gesetzlichen Umlage und extrem gestiegenen Beschaffungsprisen sind wir leider gezwungen, den Erdgaspreis zum 1. Oktober 2022 anzuheben“. Im Textverlauf heißt es in fetten Buchstaben: „Welche neue Umlage wird von der Bundesregierung eingeführt?“ Und als Ergänzung: „Für Sie bedeutet dies leider, dass sich der Erdgaspreis deutlich erhöht.“ Von eigenen Preiserhöhungen der Thüga steht kein Wort mehr in den folgenden Zeilen.

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Das kann zumindest den Eindruck erwecken, dass die Thüga die Gasumlage für eine weitere Preiserhöhung nutzt – und beides in ihrer Kundeninformation nicht sauber voneinander trennt. Das sorgt für Wut und Unverständnis bei Kunden. Mehrere verärgerte Kunden haben sich beim SÜDKURIER gemeldet.

Kundin fragt sich, ob das legal ist

Ob die Vorgehensweise des Thüga-Schreibens legal sei, bezweifelt Kundin Anne Bossert-Pecoraro. Unterstützung erhält sie von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, welche die rechtliche Wirksamkeit der Thüga-Mitteilung stark anzweifelt. „Ich denke an Familien mit wenig Geld, an Schulen, an Kirchen, an Vereine, alle Gebäude des öffentlichen Lebens und der Bildung, die diese Erhöhung jetzt vielleicht schon nicht mehr tragen können. Diesen Menschen und Institutionen nun noch zusätzlich eine versteckte Preiserhöhung aufzulasten ist unanständig“, schreibt Anne Bossert-Pecoraro.

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Verbraucherzentrale bewertet Thüga-Schreiben als „irreführend“

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg Bauen, Wohnen, Energie kritisiert nach der Anfrage von Anne Bossert-Pecoraro den Inhalt des Thüga-Informationsschreibens. Das Schriftstück liegt dem SÜDKURIER vor. „Sie reklamieren ein Erhöhungsschreiben Ihres Gasversorgers, in dem ein Erhöhungsbetrag von 4,81 Cent pro Kilowattstunde ausgewiesen ist und auf die Gasumlage Bezug genommen wird“, heißt es in dem Schreiben der Verbraucherzentrale an die Singenerin. Die Gasumlage betrage netto 2,419 Cent pro Kilowattstunde. Die Thüga Energie GmbH lege neben der Umlage auch noch erhöhte Beschaffungskosten um. Das gehe aus dem zweiten Satz im Anschreiben hervor. Es werde aber im weiteren Text der Eindruck erweckt, als wäre nur die neue Gasumlage für die Erhöhung verantwortlich.

Insofern sei das Schreiben irreführend. „Es ist fraglich, ob es sich hier um ein wirksames Preiserhöhungsschreiben handelt“, stellt die Zentrale für Verbraucherschutz fest. Und weiter: „Wir raten, die Preiserhöhung per Einwurf-Einschreiben als unwirksam zurückzuweisen, weil irreführende Angaben zum Umfang der Gasumlage gemacht werden. Die Weiterbelieferung zu den bisherigen Preisen sollte verlangt werden.“

Es sei aber davon auszugehen, dass die Thüga ein korrigiertes Schreiben verschicke, um zu einem späteren Zeitpunkt den höheren Preis zu fordern.

Thüga reagiert auf Vorwürfe

Die Thüga will die Vorwürfe so nicht stehen lassen, wie der Kritik, dass die Kommunikation mit den Kunden irreführend sei. „Bei Anschreiben an unsere Kunden zu speziellen Tarifverträgen ohne Preisgarantie wurde die Gaspreiserhöhung in Summe genannt und auf die gestiegenen Beschaffungskosten sowie auf die Gasumlage hingewiesen. In einem Kunden-Schreiben wurde auf das Gesetz für die Gasumlage verwiesen, jedoch nicht der konkrete Betrag der Umlage genannt“, erklärt Thüga-Pressereferentin Gabriele Müller.

Markus Spitz, Geschäftsführer von Thüga Energie mit Sitz in Singen.
Markus Spitz, Geschäftsführer von Thüga Energie mit Sitz in Singen. | Bild: Thüga Energie

„Wir bedauern die notwendigen Preiserhöhungen und hoffen, dass die Maßnahmen der Bundesregierung, wie zum Beispiel die Mehrwertsteuer-Senkung und die angekündigten Hilfspakete, ihre Wirkung entfalten“, erklärt Thüga-Geschäftsführer Markus Spitz. Es lasse sich schwer abschätzen, wie sich die Situation weiter entwickeln wird. „Wir bitten alle unsere Kunden, jetzt Energie einzusparen, sich auf die höheren Kosten für Energie einzustellen und nach Möglichkeit vorzusorgen“, so der Appell von Markus Spitz.

Die Gasumlage sei in den Medien bundesweit veröffentlicht. Somit lasse sich die Preiserhöhung wie folgt nachvollziehen: 4,04 Cent pro Kilowattsunde netto (4,81 Cent brutto), darin enthalten 2,419 Cent Gas-Sicherungsumlage. Dies ergebe 1,621 Cent pro Kilowattstunde Beschaffungspreis-Erhöhung netto.

Thüga: „Beschaffungsmarkt ist aus den Fugen geraten“

„Wir müssen gemäß Verordnung der Bundesregierung ab 1. Oktober für jede verbrauchte Kilowattstunde Gas die Umlagen zusätzlich erheben und abführen“, betont Thüga-Pressereferentin Gabriele Müller. Zusätzlich seien die Kosten für die Beschaffung von Gas in den vergangenen Monaten weiter extrem gestiegen. „Der Markt ist völlig aus den Fugen geraten. Die gestiegenen Gesamtkosten können wir als Versorger leider nicht auffangen und müssen diese an unsere Kunden weitergeben“, erklärt Müller.

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Die Thüga habe eine Vielzahl von Tarifen mit unterschiedlichen Laufzeiten und Preisgarantien. „Daraus resultieren auch sehr unterschiedliche Anschreiben. Wenn Kunden Fragen haben, sind wir sowohl schriftlich, als auch telefonisch und persönlich gerne da“, versichert die Pressereferentin.

In Engen wird auch erhöht – aber transparent

Die Stadtwerke Engen beschreiben im Vergleich ihre Kundeninformationen so: „Wir haben unseren Kunden mitgeteilt, dass sie für alle bisher beschlossenen Gasumlagen 3,2 Cent pro Kilowattsunde bezahlen müssen“, sagt Michael Richter, kaufmännischer Leiter der Stadtwerke Engen. Das Unternehmen weise exakt den Preis für die Gasumlagen aus: Der Gaspreis werde neben nötigen eigenen Zuschlägen um die Summe erhöht, die das Unternehmen als Gasumlage weitergeben müsse.