Herr Häusler, die Pflichtaufgaben für Kommunen werden immer mehr. Haben Sie Angst, dass Singen sich kaputtsparen muss?

Die Sorge habe ich. Wir werden uns in der Zukunft nicht mehr alles leisten können, was wir in der Vergangenheit umgesetzt haben. Das Geld ist einfach deutlich knapper. Die städtischen Einnahmen fließen nicht mehr überall so, wie sie es schon einmal taten. Auf der anderen Seite steigen die Ausgaben durch neue Pflichtaufgaben, Tarif- und Kostensteigerungen deutlich an. Bei den Ausgaben ist aber kaum etwas einsparbar.

Im Rahmen der aktuellen Haushaltskonsolidierung sind wir dabei, unseren Haushalt strukturell anzupacken. Deswegen auch der klare Auftrag der Haushaltskonsolidierung, damit wir mit den Mitteln, die wir haben, auch künftig die Aufgaben erfüllen können, die wir erfüllen müssen. Und auf der anderen Seite noch ausreichend Geld zur Verfügung haben, um die zusätzlichen freiwilligen Aufgaben – ein Mehrwert für eine Kommune – noch erbringen zu können.

Wie hart trifft die Stadt Singen denn die Kreisumlage? Und tragen Sie, als Kreisrat, die Kreisumlage in dieser Höhe mit?

Wir haben die Kreisumlage in der Vergangenheit durch viel harte Arbeit nach unten gedrückt, die Kreisverwaltung wollte mehr Geld haben. Aber die Kreisumlage macht uns große Sorgen. Weniger die Prozentzahl, sondern eher mit Blick darauf, was der Landkreis absolut an Geld braucht. Wenn man sieht, wie sich diese Zahl in den vergangenen zehn Jahren gesteigert hat, dann ist das immens. Heute sind wir bei rund 187 Millionen Euro Kreisumlage, wir waren im Jahr 2014 mal bei 102 Millionen Euro. Das ist alles Geld, was den kommunalen Haushalten fehlt.

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Aber auch den Landkreis treffen die Kostensteigerungen. Ein Beispiel ist die neue Gewerbeschule. Da ging man mal von 90 Millionen Euro Baukostenbudget aus, jetzt stehen wir bei 137 Millionen Euro und das ist wahrscheinlich noch nicht das „Ende der Fahnenstange“. Das muss man finanzieren, entweder über Kreditaufnahmen oder über die Kreisumlage. Und wir haben das Thema neues Krankenhaus im aktuellen Haushalt noch gar nicht drinnen. Die Kreisumlage ist einer der größten Posten im Singener Haushalt.

Sind ein neues Feuerwehrhaus oder eine dreiteilige Sporthalle in absehbarer Zeit realisierbar? SÜDKURIER-Redakteur Matthias Güntert ...
Sind ein neues Feuerwehrhaus oder eine dreiteilige Sporthalle in absehbarer Zeit realisierbar? SÜDKURIER-Redakteur Matthias Güntert (rechts) befragt Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler. | Bild: Freißmann, Stephan

Bleiben wir doch beim neuen Krankenhaus. Das Grundstück für den Neubau liegt in Singen. Wenn es ein Kreiskrankenhaus ist, warum gibt die Stadt Singen Geld für Grundstücke aus?

Wenn die Stadt sich weiterhin über die Fördergesellschaft HBH-Klinikum am Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz, dem GLKN, beteiligen will, muss sie etwas einbringen. Das wäre in diesem Fall schlussendlich das Grundstück, praktisch als unseren Anteil am Kapital der Fördergesellschaft, ähnlich wie Konstanz seinen Anteil am GLKN hält. Langfristig muss man aber auch diskutieren, ob die Beteiligung am GLKN genauso bestehen bleibt wie bisher. Doch das wird nicht heute und auch nicht morgen entschieden.

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Die Stadt hatte große Rücklagen, die jetzt stark abschmelzen. Wofür war das Geld gedacht?

Für weitere Großmaßnahmen. Nach wie vor gibt es die Notwendigkeit einer dreiteiligen Sporthalle. Das Thema neues Feuerwehrhaus drückt uns seit Jahren. Wir haben jetzt hinbekommen, dass die Feuerwehr mehr Platz hat, durch den Wegzug des DRK. Die Sanierung der Güterstraße wollten wir anpacken. Da hätten wir dieses Geld gerne verwendet, aber das geht nicht, weil wir damit die Gewerbesteuer, die wir schon eingenommen hatten, zum Teil zurückzahlen mussten.

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Es war nicht für Krankenhausgrundstücke gedacht?

Nein, das Geld für die Krankenhausgrundstücke ist im Haushalt gesichert.

Sie haben zwei Großprojekte angesprochen. Mal Hand aufs Herz: Ist das neue Feuerwehrhaus oder die große Sporthalle in absehbarer Zeit realisierbar?

Nein, das wird nicht gehen. Der Neubau der Halle und des Feuerwehrhauses ist in absehbarer Zeit nicht realisierbar. Da reden wir von Summen, da ist die neue Scheffelhalle mit ihren Kosten für die Stadt deutlich günstiger. Wir sind bei einem Feuerwehrhaus locker bei 20 Millionen Euro, eher mehr. Auch eine neue Sporthalle für ehemals 8 oder 9 Millionen Euro ist bei den heutigen Preissteigerungen nicht mehr zu bekommen. Wir sind von den enormen Preissteigerungen seit 2019 bislang nicht mehr heruntergekommen. Das muss man den Menschen auch transparent aufzeigen. Hinzu kommt, dass uns die gestiegenen Folgekosten auch hart treffen könnten.

Ist das Geld für die Krankenhausgrundstücke sicher? Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler (rechts) im Gespräch mit dem Singener ...
Ist das Geld für die Krankenhausgrundstücke sicher? Singens Oberbürgermeister Bernd Häusler (rechts) im Gespräch mit dem Singener SÜDKURIER-Redaktionsleiter Stephan Freißmann. | Bild: Matthias Güntert

Die Stadt muss die Einnahmenseite stärken: Wann schlagen Sie dem Gemeinderat vor, weitere Steuer zu erhöhen?

Was kommen wird, ist das Thema Zweitwohnungssteuer. Die gibt es bei uns in der Stadt nicht, viele Kommunen ringsherum haben sie bereits. Dann werden wir das Thema Vergnügungssteuer anpacken. In Singen gibt es bisher eine Höchstgrenze, die man für Einnahmen aus Spielautomaten bezahlen muss. Mehr müssen die Betreiber nicht an Steuern zahlen, auch wenn mehr versteuerbares Geld im Automat liegt. Das wollen wir ändern.

Und ich sage ganz offen, wie sich das Thema neue Grundsteuer auf die Einnahmen auswirken wird, ist derzeit noch nicht abschließend klar. Wir gehen bei gleichem Hebesatz aktuell nicht davon aus, dass wir hier mehr bekommen, sondern eher im Gegenteil, deutlich weniger – obwohl der Gesamtbetrag pro Gemeinde hätte gleich bleiben sollen. Und es wird Verschiebungen geben. Einige Besitzer von Einfamilienhäusern werden zum Teil deutlich mehr zahlen müssen. Aber das liegt nicht an der Stadt, sondern an Dingen wie Bodenrichtwerten, die für die Ermittlung der Grundsteuer notwendig sind.

Singen muss 25 Millionen Euro pro Jahr im laufenden Betrieb sparen. Schnürt das der Stadt nicht die Luft ab?

25 Millionen Euro sind unser strukturelles Defizit – möglich ist also auch, die Einnahmen zu erhöhen. Aber natürlich ist das ein großer Eingriff, der Auswirkungen haben wird. Diese Einsparungen werden deutlich spürbare Einschnitte bedeuten, es geht gar nicht anders.

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Wenn Sie alleine entscheiden könnten: Hier sparen wir! Welche Projekte würden Sie streichen?

Ich werde dem Gemeinderat nicht vorgreifen. Aber wir werden in einer Klausurtagung verschiedene Themen vorschlagen. Dort wird es Prioritäten geben, welche Projekte wir angehen und welche nicht. Aber eines ist klar: Wir werden uns in Zukunft nicht mehr alles leisten können. Wobei wir auch da immer am goldenen Zügel von Land und Bund hängen. Was bekommen wir von dort an Geld zugewiesen und was müssen wir bezahlen – etwa für die Kreisumlage? Das ist eine zentrale Frage.

Um es ganz klar zu sagen: Die Stadt Singen kann im laufenden Betrieb nur an zwei Dingen sparen, bei den Personalkosten und den Sach- und Dienstleistungen. Bei den Personalkosten liegen wir bei 53 Millionen Euro, beim anderen bei 28 Millionen Euro. Andererseits ist es aber auch wichtig, dass unsere Mitarbeiter gut entlohnt werden, der Öffentliche Dienst muss attraktiv bleiben.

Welchen Konsequenzen hätten weiteren Tarifsteigerungen für die Stadt Singen?

Weitere Einsparungen, irgendwoher muss das Geld kommen.