Schon mehrmals ist es ihr passiert. Sie war am Telefon und ihr Gesprächspartner hat sie für eine Deutsche gehalten. Emine Popaj stammt allerdings aus dem Kosovo und lebt erst seit sieben Jahren in Deutschland. Doch warum kann sie so gut Deutsch? Und warum spricht sie es mit ostdeutscher Färbung?

Im Jahr 2017 sei sie vom Kosovo nach Weimar gezogen, berichtet sie. In ihrer Heimat habe die Awo nach Pflegekräften für Deutschland gesucht. Eigentlich hatte sie im Kosovo Kindheitspädagogik studiert und das Studium dort auch abgeschlossen. „Aber Krankenschwester war immer mein Traumberuf“, sagt sie rückblickend. Sie stammt aus der 54.000-Einwohner-Stadt Gjilan, habe im Kosovo aber keine Perspektive gehabt. Also packte sie die Chance beim Schopf.

„Die ersten zwei Monate in Weimar waren eine Katastrophe“, erinnert sich Popaj. Sie habe noch keine Sprache gekannt und in der Schule erstmal nichts verstanden. Aber die Arbeit habe ihr Spaß gemacht und die Bewohner des Pflegeheims, in dem sie tätig war, hätten sie von Anfang an ins Herz geschlossen. Und wenn sie dann einen Monat lang zum Unterricht in der Schule war, hätten die Bewohner sie vermisst. „In Weimar gibt es kaum Ausländer. Das war mein Glück. So konnte ich gut Deutsch lernen.“

Tatsächlich ist kaum Akzent in ihrer Sprache zu hören. Die Sprachfärbung erinnert nicht an jemanden, der vom Balkan stammt, sondern klingt eher nach Thüringen.

Zwei Jobs, damit der Mann nachziehen kann

Das Ausbildungsgehalt als angehende Pflegefachkraft war für ihre Verhältnisse sehr gut, betont sie: „Als ich das erste Mal 1000 Euro auf meinem Konto gesehen habe, habe ich gedacht: Booah, das ist das Paradies.“ Popaj ist verheiratet. Ihr Ehemann lebte damals noch im Kosovo. Damit Familiennachzug möglich war, musste sie in Deutschland eine bestimmte Wohnungsgröße und ein bestimmtes Gehalt nachweisen. Also zog sie in eine größere Wohnung und nahm noch eine zweite Stelle an: Wenn die Arbeit im Pflegeheim und das Lernen für die Pflegeschule vorbei war, ging sie ins Krankenhaus und desinfizierte und bezog Betten.

Es habe sich angefühlt wie drei Berufe. Zwischendurch sei sie auch einmal zusammengeklappt. Aber dann habe alles geklappt – und ihr Mann, studierter Zahnarzt, habe ein Visum bekommen und sei inzwischen in Deutschland.

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Als Menschen mit Migrationshintergrund habe sich das Paar in Thüringen nicht mehr so gut weiter entwickeln können, erläutert Popaj. In Baden-Württemberg gebe es bessere Anlaufstellen für Menschen mit Migrationshintergrund. Und Singen mit seinem hohen Migrationsanteil hätte gut zu dem Ehepaar gepasst. So habe sie sich in der Hegau-Metropole beworben. In Singen leben 989 Menschen, die aus dem Kosovo kommen – das sind 1,99 Prozent. Inzwischen ist Emine Popaj Wohnbereichsleitung. Später würde sie sich gerne noch zur Pflegedienstleitung fortbilden.

Liebe zum Bodensee lindert das Heimweh

Noch mehr Vorzüge der Hegau-Stadt hat das Ehepaar gefunden: „Wir lieben den Bodensee. Und wenn es geht, fahren wir gerne mit dem Fahrrad dorthin.“ Es gibt auch Vieles, das sie an ihrer Heimat vermisst: die Süßspeise Fli. Oder Pasul, das ist eine Suppe mit weißen Bohnen. Und Queruish, das ist Fleisch mit Soße. „Am meisten vermisse ich natürlich Papa, Mama, Nichten und Neffen“, sagt sie und dabei werden ihre Augen etwas feucht. Denn die sind weiterhin im Kosovo, über 1500 Kilometer entfernt.