Du bist beim Campus Festival Konstanz aufgetreten. Erzähl mal, wie kam es dazu.
Das hat sich sehr spontan ergeben. Meine Freunde Lena & Linus, eine Indie Band gehörte zum Line-up des Festivals. Die Veranstalter sind dann über die beiden irgendwie auf mich gekommen. Sie unterstützen regionale Künstler und haben wohl bemerkt, dass ich aus Konstanz komme und hatten mich über Instagram angefragt. Ich war sofort begeistert und wollte das natürlich total gerne machen. Schon deshalb, weil ich noch ein Jahr zuvor vor der Bühne stand, auf der ich jetzt aufgetreten bin und damals eine Freundin aus Spaß zu mir meinte: Ich schwöre dir, nächstes Jahr stehst du da oben.
Und trotzdem hat sich das jetzt eher zufällig ergeben?
Ja, ich hatte nicht konkret daran gearbeitet, zu dem Zeitpunkt der Anfrage nicht einmal einen meiner Songs released, also noch auf keiner Plattform veröffentlicht.
Wie war Dein erster großer Auftritt, warst Du nervös?
Nein, zu keinem Zeitpunkt und ich kann mir selbst nicht ganz erklären, warum das so war. Erst dachte ich, ach, das kommt schon noch, aber ich habe mich da so sehr drauf gefreut, es so sehr genossen, da oben zu stehen, dass es dann keine Zeit für Nervosität gab.
Da hast Du es gut, schließlich gibt es viele international bekannte Stars, die noch nach Jahren im Showgeschäft Lampenfieber haben
Ja, das höre ich auch immer wieder. Für mich war dieser Auftritt irgendwie einfach eine Erleuchtung und mir wurde klar, dass das zu 100 Prozent das ist, was ich machen möchte. Es hat sich so natürlich und richtig angefühlt. Ich hatte einen totalen Adrenalinkick, aber positiv. Mir war aber auch bewusst, dass im Publikum meine Familie und Freude stehen und, dass ich niemandem etwas beweisen muss. Vielleicht ändert sich das mit der Aufregung auch noch mal, aber ich denke, das war ein guter Start.
Ich habe gelesen, dass Dir eines schon in der Kindheit klar war, Du möchtest entweder Fußballkommentatorin oder Sängerin werden. Warum Fußball?
Ich habe nix mit Fußball am Hut, aber als Kind haben wir mit der ganzen Familie immer die Fußball-WM und EM geschaut. Obwohl ich keine Ahnung hatte, was die Kommentatoren da sagen, hat mich die Art, wie sie reden, ihre Euphorie, die die Zuhörer mitreißt, fasziniert. Ich hatte auch mal angedacht, Synchronsprecherin zu werden. Also es war mir schon immer klar, dass ich irgendetwas mit meiner Stimme machen möchte.
Du kommst aus einer musikalischen Familie, oder?
Also wir sind auf jeden Fall eine musikalische Familie, auch wenn sich das bei meinen beiden Geschwistern mit der Zeit eher verlaufen hat. Meine Eltern haben die Musikgruppe „Um Himmels Willen“ gegründet und es gibt auch privat bei uns kaum ein Fest, bei dem nicht in irgendeiner Art und Weise musiziert wird. Bei uns kennen alle die kompletten Strophen eines Liedes – und nicht nur die erste und den Refrain. Die Freundin meiner Mutter, Elisabeth Paul, hatte damals den Kinder- und Jugendchor St. Peter und Paul gegründet und meine Mutter hat dabei unterstützend mitgewirkt und mich schon früh mitgenommen. Ich denke, ich war damals nicht älter als zwei Jahre, so bin ich in den Chor und den Gesang hineingewachsen.
Mit wie viel Jahren hast Du angefangen, Songs zu schreiben?
Ich weiß das gar nicht so richtig, denn freie Geschichten habe ich bereits in der Grundschule geschrieben. Ich habe noch einen ganzen Ordner voller Geschichten zu Hause. Irgendwann habe ich mit dem Klavierspielen begonnen, zunächst mit Youtube-Tutorials und dann nach Gefühl. Nach und nach haben sich dann die Musik und Geschichten vermischt. Dass daraus richtige Songs wurden, habe ich erst verstanden, als ich älter wurde. Meine Songs erzählen alle ein Stück von meiner Geschichte, sie sind für mich jeweils wie ein Kurzfilm, ein Spot aus meinem Leben.
Irgendwann fand man dann ein paar Songs auf Deiner Insta-Story und schließlich bist Du zur Plattenfirma Four Music gelangt, die unter anderem auch Mark Forster oder Lea, Majan und Apache207 unter Vertrag hat. Deine Debütsingle heißt „snooze“. Worum geht‘s da?
Es ist ein Song darüber, sich selbst zu belügen und es am nächsten Morgen zu bereuen. Darum, dass gerade meine Generation sich häufig durch Partynächte und Alkohol in Situationen bringt, die nüchtern wahrscheinlich eher nicht so passiert wären. Der Song ist für mich aber auch irgendwie eine Bitte an mich selbst, mehr darauf zu achten, was ich eben wirklich möchte und was nicht.
Wie viel Songs hast Du bisher geschrieben?
Kann ich wirklich gar nicht sagen. Den ersten richtigen Song von mir, an den ich mich erinnern kann, habe ich mit acht Jahren geschrieben, dann viel in der Pubertät, es sind vielleicht 200 Songs, 300, oder sogar mehr.
Gibt es Stücke, die Du zurückhältst, weil vielleicht noch nicht der richtige Moment gekommen ist, sie öffentlich zu präsentieren?
Voll viele. Ich möchte nur das rausbringen, wo ich zu 100 Prozent hinter stehe. Und da die Songs ein Teil meines Lebens sind, überlege ich auch, was ich preisgeben möchte.
Zum Beispiel?
Einen Song, in dem es um meine Panikattacken geht, den habe ich dann tatsächlich auf dem Campusfestival gesungen. Das war sehr schwierig für mich, weil man sich nackt macht, weil es ein Tabuthema ist. Ich wollte jedoch diesen Teil von mir, aber auch das Leiden damit publik machen, und zeigen, dass man lernen kann, damit umzugehen. Im Endeffekt bekam ich auf den Song so viele tolle Rückmeldungen, dass ich froh war, ihn präsentiert zu haben. Ich bin überzeugt davon, dass die schwierigsten Themen die besten, die eindringlichsten und im Endeffekt auch die wichtigsten sind.
Du bist in Singen aufgewachsen, lebst jetzt in Berlin. Was verbindest Du mit Singen?
Eine bewegende und tolle Zeit. Mein Vater leitet in Singen das Kinderheim St. Peter und Paul und darum habe ich auch bis ich 18 wurde in Singen, gelebt. Ich habe im Kinderchor gesungen, vom ungefähr zweiten bis zum fünfzehnten Lebensjahr und viele Auftritte in Kirchen und Gemeinden gehabt. Daran erinnere ich mich immer gerne zurück.
Nun, wo Du in Berlin wohnst: Was ist Dein Ziel?
Ehrlich gesagt mag ich es nicht so gerne, mir große Ziele zu stecken, weil ich dann Erwartungen erfüllen muss und es mich oft unter Druck setzt. Ich würde einfach gerne von dem, was mir Spaß macht, was mich erfüllt, mit dem, was ich kann, leben können. Und es ist egal, was das dann am Ende ist. Momentan ist es eben die Musik und die wird es hoffentlich auch bleiben.