Gab es im Dezember 2019 einen sexuellen Übergriff auf eine 15-Jährige? Diese Frage konnte Richterin Julia Elsner trotz einer längeren Verhandlung gegen einen 26-Jährigen am Amtsgericht Stockach nicht klären. Das Schöffengericht in Konstanz soll sich nun mit dem Vorfall beschäftigen.
In der Verhandlung in Stockach warf der Vertreter der Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vor, im Dezember 2019 in Wahlwies die Jugendliche zunächst in ein Gespräch verwickelt zu haben, anschließend soll er sie unsittlich am Schenkel und unter dem Oberteil am BH berührt haben.
Zudem soll er der Geschädigten seine Zunge in den Mund gesteckt haben. Durch einen Tritt in das Geschlechtsteil des Angeklagten habe die Jugendliche fliehen können. Die Anklage lautete auf sexuellen Übergriff (Paragraf 177 Strafgesetzbuch).
Der Angeklagte schildert die Situation wesentlich anders
Der Beschuldigte räumte mit Hilfe eines Dolmetschers ein, sich mit der Geschädigten getroffen zu haben, aber er habe sie nicht sexuell belästigt: „Ich weiß nicht, wie sie auf die Idee kommt, dass ich sie sexuell belästigt habe. Ich bin ein bisschen erschüttert.“
Er habe die Jugendliche am fraglichen Tag im Ort getroffen und sie gebeten, sein Fahrrad zu halten, damit er schnell eine Jacke holen könne. An der Stelle, wo laut der Anklage später der Übergriff geschehen sein soll, seien sie nur kurz gewesen, weil er dann nach Hause gegangen sei.
Jugendliche erhebt schwere Vorwürfe
Der 15-Jährigen fiel es trotz der Begleitung einer Betreuerin schwer, vor Gericht ihre Aussage zu machen. Sie bestätigte, dass der Angeklagte sie gebeten habe, das Fahrrad zu halten. Allerdings sei er ohne Jacke zurückgekommen und gemeinsam seien sie an die Stelle gegangen, wo es zu dem sexuellen Übergriff gekommen sein soll. „Wir haben uns auf einen Stein gesetzt und zuerst ganz normal miteinander geredet. Dann hat er das gemacht, was man nicht tut“, beschrieb die Jugendliche das Geschehene.
Sie habe ihn mehrmals aufgefordert aufzuhören. Später habe der Angeklagte mit seinen Beinen ihre Beine umklammert und mit einer Hand ihre Handgelenke festgehalten.
„Er war ein guter Freund“
„Er war ein guter Freund“, sagte sie über das Verhältnis zum Angeklagten. Er habe sie nicht direkt an den Brüsten, sondern am Rücken am BH berührt. Sie bestätigte auch den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, dass der Angeklagte sie geküsst und dabei seine Zunge in ihren Mund gesteckt habe.
Ein Polizist, der zum Einsatzort gerufen worden war, sagte aus, dass der Angeklagte auf den Vorwurf gefasst reagiert habe und kooperativ gewesen sei. „Er hat sich weder verbal noch körperlich gewehrt“, sagte er. Die Geschädigte kam laut dem Polizisten sehr ruhig den Beamten entgegen und habe das Geschehene ruhig geschildert.
Ein Kripo-Beamter bestätigte den ruhigen Eindruck, den die 15-Jährige gemacht habe. Sie habe ausgesagt, dass sie den Beschuldigten schon länger kenne und ihn zufällig getroffen habe. Am fraglichen Ort sei es dann zu dem Übergriff gekommen. Mögliche Spuren habe es keine gegeben, da die Geschädigte sich gewaschen habe.
Nun übernimmt das Schöffengericht in Konstanz das Verfahren
Eine Zeugin berichtete, dass die Geschädigte in Tränen aufgelöst zu ihr gekommen sei und das Geschehene erzählt habe. Sie habe daraufhin die Polizei verständigt. „Sie ist sehr loyal gegenüber den anderen und ist generell zuverlässig“, beschrieb sie die 15-Jährige. Sie kenne sie schon seit vielen Jahren
Obwohl noch ein Kriminalbeamter hätte aussagen sollen, war die Richterin entschlossen, das Verfahren an das Schöffengericht in Konstanz zu verweisen. „Da laut der Aussage der Geschädigten Gewalt eine Rolle gespielt haben könnte, steht hier eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr im Raum. Da reicht der Strafrichter alleine nicht mehr, da es sich dann um ein Verbrechen handelt“, begründete sie den Schritt, das Verfahren nach Konstanz zu verweisen. Ein Termin steht noch nicht fest.