Eine frische Trennung und psychische Probleme haben eine 20-jährige Frau aus Stockach dazu gebracht, sich an ihrem Ex-Freund zu rächen. Das Amtsgericht Stockach stellte in seiner Verhandlung das Verfahren nach Paragraf 47 Jugendgerichtsgesetz mit einer Auflage von 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit ein. Die junge Frau, die bei der Verlesung der Anklage anfing zu weinen, soll laut Staatsanwaltschaft im September 2019 ihrem 23 Jahre alten Ex-Freund in seiner Wohnung in einem Radolfzeller Ortsteil mit einer Nachttisch-Lampe im Streit auf den Kopf geschlagen haben, sodass er eine Platzwunde und Schürfungen erlitt.
Außerdem soll sie sich im November desselben Jahres mit Einverständnis einer Wohnungsinhaberin in Konstanz in deren Wohnung aufgehalten haben, während diese mit dem Geschädigten Geschlechtsverkehr hatte. Die Angeklagte soll den Sex gefilmt haben und an die Familie des Geschädigten geschickt haben. Die Anklage lautete daher auf gefährliche Körperverletzung (Paragraf 224 Strafgesetzbuch) und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (Paragraf 201a Strafgesetzbuch).
Der Verteidiger las eine Erklärung der Angeklagten vor. Sie räumte darin beide Taten ein. An Einzelheiten zur ersten Tat konnte sie sich nicht erinnern, aber: „Ich wollte ihm nicht auf den Kopf schlagen“, so der Rechtsbeistand. Zur zweiten Tat sagte sie, dass sie dem Geschädigten einen Denkzettel verpassen wollte. „Sie war damit einverstanden, und es war auch ihre Idee“, fuhr der Verteidiger in Bezug auf die Wohnungsinhaberin fort. Die Angeklagte schäme sich zudem für beide Taten und hätte sich auch beim Geschädigten bereits dafür entschuldigt. Zum Verhältnis zum Geschädigten sagte die Beschuldigte auf Nachfrage von Richterin Julia Elsner, dass sie sich wieder treffen und respektieren würden.
Der Geschädigte sagte aus, dass er mit der Angeklagten fast drei Jahre zusammen gewesen sei und sie an dem betreffenden Abend ihre restlichen Kleidungsstücke bei ihm abholen wollte und von ihrer Mutter und ihrem Onkel begleitet wurde. Letzterer habe ihn beleidigt und schlagen wollen, sodass er Schutz auf seinem Bett suchen wollte. Rund einen halben Meter sei die Angeklagte hinter ihm gestanden, als sie auf ihn einschlug. Zudem wisse er nicht, wer die Polizei gerufen habe. Zur zweiten Tat im November 2019 sagte er, dass er die Wohnungsinhaberin einige Zeit vor der Tat im Zug kennengelernt habe. Am Tattag habe sie ihn angerufen und gefragt, ob er bei ihr vorbeikommen wolle. Als es dann zum Geschlechtsverkehr zwischen ihm und der Wohnungsinhaberin kam, sei irgendwann plötzlich die Angeklagte dagestanden und hätte es gefilmt und anschließend verschickt.
Der Geschädigte verzeiht seiner Ex-Freundin
„Das Video kursiert immer noch im Netz rum und ich hatte einige Probleme mit meiner Familie. Das Video ist Bestrafung für mich“, sagte er. Den Strafantrag zu der Tat habe er selbst gestellt. Allerdings nahm er diesen im Gericht zurück. „Sie hat das wegen ihren psychischen Problemen gemacht. Ich hoffe, sie macht sowas nie wieder“, beendete er seine Aussage. „Ich habe selten jemand hier sitzen sehen, der bei so was verzeihen kann. Finde ich von Ihnen einen großartigen Zug“, sagte Richterin Julia Elsner.
Die Wohnungsinhaberin bestätigte, dass sie den Geschädigten zu sich eingeladen habe. Die Angeklagte hätte sie in einer psychiatrischen Klinik kennengelernt. Durch eine Tätowierung vom Namen des Geschädigten auf dem Arm der Beschuldigten seien sie ins Gespräch gekommen. Sie räumte auch ein, der Angeklagten Zugang zu ihrer Wohnung verschafft zu haben. „Der Plan war, dass ich ihn verführe und es zum Sex kommt“, sagte sie. Allerdings stritt sie ab, dass es ihre Idee gewesen sei, das Video zu machen. „Das Video sollte ihn als schlechten Mann dastehen lassen“, sagte sie. Wann der Plan dazu entstanden ist, wisse sie nicht mehr, so ihre Aussage.
Da der Geschädigte seinen Strafantrag zurückzog, berieten alle Seiten wegen einer Strafe für die erste Tat. „Sie braucht auf gut Deutsch einen Tritt in den Hintern für das, was sie getan hat. Ich finde eine Arbeitsauflage für geeignet“, empfahl die anwesende Jugendgerichtshilfe. Schließlich einigten sich das Gericht, der Staatsanwalt und der Verteidiger auf 40 Stunden gemeinnützige Arbeit, die die Angeklagte bis Jahresende ableisten muss. „Das war falsch und das wissen Sie. Vielleicht haben Sie jetzt auch mitbekommen, was für ein guter Mensch der Geschädigte ist“, sagte Richterin Julia Elsner zur Auflage.