Nach langer Zeit des Bangens und Hoffens steht nun fest: Im kommenden Jahr wird es wegen der Corona-Pandemie keine Fasnachtsveranstaltungen in Stockach geben. Das teilt das Hohe Grobgünstige Narrengericht zu Stocken mit. Umzüge, Bälle, Bunte Abende und Saalveranstaltungen fallen aus. Auch die Narrengerichtsverhandlung fällt der Pandemie zum Opfer. Das Rahmenprogramm für Kinder und Senioren kann zudem nicht stattfinden. Gleiches gilt für die Wirtshausfasnacht mit Kappenabenden und Schinkenessen.
„Wir bedauern den Ausfall unserer Veranstaltungen ungemein“, erklärt Narrenrichter Jürgen Koterzyna. „Uns schmerzt das närrische Herz, aber es ist die einzig sinnvolle und verantwortungsbewusste Entscheidung.“ Seit dem Frühsommer habe man im Austausch mit dem SWR Fernsehen gestanden, das die Gerichtsverhandlung sonst überträgt, zu Beginn sei noch die Hoffnung bestanden, die Veranstaltung möglicherweise mit weniger Besuchern zu veranstalten. Sogar einen Beklagten habe es schon gegeben. Weil eine Veranstaltung mit Publikum nun nicht möglich ist, habe man sich aber schlussendlich zur Absage entschieden. Die Verhandlung lebe von der Interaktion mit dem Publikum und der Atmosphäre. Ohne Besucher „wäre das nicht das, was wir sind und was wir wollen. Dann machen wir es lieber nicht“.

Keine Massenveranstaltungen möglich
Anfang November hatte sich das Narrengericht zumindest noch vorsichtig optimistisch gezeigt. Zwar stand bereits damals für Jürgen Koterzyna fest, dass es große Massenveranstaltungen in Sälen nicht geben wird und Hänsele-, Hemdglonker-, Zukunft- und Bürgerball ausfallen müssen. Allerdings hieß es, bei anderen Veranstaltungen wie der Dreikönigssitzung oder der Gerichtsverhandlung werde es nur „maximal abgespeckte“ Versionen geben, wenn sie denn stattfinden könnten. Nun steht fest, dass sie ganz ausfallen müssen.
Zumindest einen kleinen Trost gibt es für Fasnachtsliebhaber aber: Denn wie das Narrengericht mitteilt, soll die Fasnacht trotz der abgesagten Veranstaltungen nicht vollständig ins Wasser fallen. Stattdessen soll sie unter dem Motto „Fasnet dahom – wir bringet d‘Fasnet zu de Leut“ stattfinden. Das Narrengericht und seine Gliederungen versuchen zu diesem Zweck, „andere Formen der Fasnacht zu finden und anzubieten, sodass Fasnacht für alle, auch daheim und im Kleinen, erlebbar sein wird“, wie es in einer Mitteilung heißt. Laut Jürgen Koterzyna könnte es etwa Bastel- oder Malvorlagen geben.

Ebenfalls geplant ist ein Narrenblättle und eine Hans Kuony Post. Als Alternative zu Narrenbesuchen in Kindergärten gibt es laut Jürgen Koterzyna Überlegungen, etwa die Häser im Bürgerhaus mit genügend Abstand auszustellen und sie dort Kindergartengruppen zu präsentieren. Und Seniorenheimen soll zum Beispiel ein Film über die Stockacher Fasnacht zur Verfügung gestellt werden. Auch ein Fasnachts-Kit mit närrischen Gegenständen soll es geben und weil der Laufnarrenmarkt nicht stattfinden kann, könnte es Kesselfleisch zum Mitnehmen geben. Das Narrengericht fordert zudem auf, die Stockacher Gaststätten zu unterstützen.
Mit Pfarrer Michael Lienhard sei man zudem im Gespräch, was den traditionellen Gedenkgottesdienst angehe. Vieles werde aber auch spontan angekündigt.
Stadt soll närrisch dekoriert werden
Zudem soll auf jeden Fall die Innenstadt Stockachs wie gewohnt närrisch dekoriert werden – auch Anwohner, Händler und Gewerbetreibende bittet das Narrengericht, dabei mitzumachen. Privatpersonen sollen ihre alten Weihnachtsbäume als Narrenbäume verwenden. „Die fünfte Jahrezeit soll man auch optisch wahrnehmen können“, erklärt Koterzyna. Das Narrengericht wolle dafür selbst Bäume in der Stadt aufstellen. Ob es einen großen Narrenbaum vor der Adler Post geben wird, will Koterzyna nicht sagen – ankündigen möchte man das sowieso nicht, um Menschenansammlungen zu vermeiden. „Vielleicht gibt es ja eine Überraschung am oder um den Schmotzigen“, sagt der Narrenrichter aber geheimnisvoll.
Um die Weinversorgung des Narrengerichts muss sich übrigens trotz der Absage der Gerichtsverhandlung niemand machen: Wie das Gericht in einer Mitteilung schreibt, wurde die Weinübergabe von Cem Özdemir, der in diesem Jahr in Stockach zu Gast war und eine Weinstrafe von drei Eimern österreichischen Maßes – also 180 Liter – aufgebrummt bekam, ebenfalls verschoben. Ursprünglich hätte sie Mitte Oktober stattfinden sollen, allerdings musste Özdemir absagen, weil in Berlin, wo er lebt, die Sieben-Tage-Inzidenz zu hoch war und er darum laut der Corona-Verordnung nicht in Baden-Württemberg untergebracht werden durfte. Die Übergabe soll nun laut Narrengericht im kommenden Jahr stattfinden, „so dass die Lücke im Weinkeller dann wieder geschlossen werden kann“.