Karlheinz Fahlbusch

Das traditionelle Dreikönigstreffen des Kreisbauernverbandes Biberach-Sigmaringen fand erstmals in der Turn- und Festhalle in Laiz statt. Jahrzehnte hatte man sich in der Stadthalle in Sigmaringen getroffen. Umgewöhnungsprobleme gab es aber keine. Denn geblieben sind die Probleme der Landwirte. Neu war auch, dass die Landfrauen die Bewirtung beim anschließenden Stehempfang übernommen hatten. Die größte Überraschung dürfte aber gewesen sein, dass mit Juliane Vees erstmals eine Frau als Hauptrednerin auftrat. Sie ist die Präsidentin des Landfrauenverbandes Württemberg-Hohenzollern und stellte die provozierende Frage: „Ist das Bewusstsein für das tägliche Brot verloren gegangen?“ Wo bleibe die Dankbarkeit für die Möglichkeit einer gesunden Ernährung? Die Bauern, die diese garantierten, stünden immer mehr am Pranger. Die Freude an der Arbeit gehe verloren angesichts der Widerstände. „Sogar die Kirchen stellen sich neuerdings gegen die Landwirtschaft“, hat Vees erkannt. In Deutschland könne ein Landwirt 150 Menschen ernähren, seine eigene Familie aber oft nicht mehr. Oft sei nicht einmal eine kostendeckende Produktion möglich. „Der Stolz auf das eigene Tun geht verloren und in den Schulen werden Bauernkinder gemobbt“, stellte die dreifache Mutter Vees fest. Lehrer würden ihr ideologisches Denken in den Unterricht tragen.

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Den Spagat zwischen noch mehr Naturschutz, „Rettet die Bienen“ und Weltmarkt wollten und könnten viele Betriebe nicht mehr schaffen. Die Bauern würden für alle Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht. Die Folge seien Selbstzweifel, Depressionen und Burnout. Dabei trage der Verbraucher mit seinem Einkaufsverhalten zur Problematik bei. Immer billiger, immer frischer und saisonal unabhängig müsse die Ware sein. Für die Landfrauenchefin ist klar: „Die Akzeptanz für unsere Betriebe zu erhalten, ist heute eine dringende Notwendigkeit, um die wir nicht herumkommen.“ Und deshalb dürfe man sich auch nicht auseinanderdividieren lassen. Ob bio, regional oder konventionell, man brauche einen Gesellschaftsvertrag.

Spenden für die Sternsinger sind beim Kreisbauerntag obilgatorisch.
Spenden für die Sternsinger sind beim Kreisbauerntag obilgatorisch. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz

Kreisobmann Gerhard Glaser rief die Bürger dazu auf, pfleglicher mit den Bauern umzugehen. Denn „es sind die einzigen und vielleicht die letzten, die sie haben“. Immerhin seien 90 Prozent der Verbraucher mit ihrer Landwirtschaft zufrieden. Agrarpreise pendelten global und meist niedrig. Zudem finde die Energiewende komplett auf dem Land statt und beschleunige den Flächenfraß. Glaser: „Die neu geregelte Arbeitsteilung zwischen Stadt und Land will die Bauersleute allein haftbar machen für Insekten-, Arten-, Tier- oder Verbraucherschutz.“ Der Bauernchef hat festgestellt, dass es heutzutage in der Stadt viel leichter sei als auf dem Land, ein guter Mensch zu sein.

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Sehr emotional gab sich Landrätin Stefanie Bürkle solidarisch mit den Landwirten. Und das sei in diesen Zeiten auch nötig. Denn nach einer Entspannung im Jahr 2018 habe sich die Einkommensituation wieder deutlich verschlechtert. Und das gelte auch für den Ausbildungsmarkt. Mit aktuelle sechs Schülern für den Bereich Landwirtschaft habe man an der Berta-Benz-Schule in Sigmaringen nun einen absoluten Tiefpunkt erreicht. Deshalb werde es in Zukunft diesen Ausbildungsgang nicht mehr geben. Nach wie vor ungebrochen ist dagegen der Zustrom zur Techniker-Schule. Bürkle hat aber auch eine neue Solidarität unter den Landwirten festgestellt. Das machten die vielen grünen Kreuze deutlich, die aufgestellt wurden.

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Für Sigmaringens Bürgermeister Markus Ehm sind manche Verbraucher schizophren. „Jeder will Steaks grillen, frisches Obst, frische Milch und täglich frisches Brot auf dem Tisch. Doch die Produktion soll die Umwelt nicht belasten und alles soll auch noch billig sein“, stellte er fest. Er forderte die Bauern auf, sich nicht entmutigen zu lassen. Ohne sie sei eine Grundversorgung der Bevölkerung nicht mehr möglich.