Mit einer positiven Nachricht konnte die Arbeitsagentur (AG) Balingen bei einem Pressegespräch in den Räumen der Firma Rebau in Inzigkofen aufwarten. Wie die Agenturchefin Anke Traber mitteilte, hat die Auszählung im September für den Bezirk Balingen-Sigmaringen einen Rückgang der Arbeitslosenzahlen ergeben, der stärker ausgefallen ist, als der landesweite Durchschnitt.
Im September finden viele Menschen wieder Arbeit
Konkret heißt das, dass sich im September rund 1460 Menschen zwar neu arbeitslos melden mussten, aber gleichzeitig konnten 1900 Menschen ihre Arbeitslosigkeit beenden. „Fast 40 Prozent von ihnen begann eine Erwerbstätigkeit“, so Traber. Dadurch sei die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vormonat um 440 beziehungsweise 6,7 Prozent.

Kreis Sigmaringen schneidet besser ab als der Zollernalbkreis
In Zahlen bedeutet das, dass momentan im Agenturbezirk 6160 Menschen ohne Arbeit sind; im Landkreis Sigmaringen sind es rund 2300. Aufs Jahr gerechnet sank die Arbeitslosigkeit um 22,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wobei der Landkreis Sigmaringen aufs Jahr gesehen mit 25,1 Prozent oder 766 weniger Arbeitslosen besser abschneidet, als beispielsweise der Zollernalbkreis.
Tief in den Sommerferien ist überwunden
Der Arbeitsmarkt habe sich von einem kleinen, ferienbedingten Zwischentief gut erholt. „Dabei überwog die Zahl der Abgänge aus Arbeitslosigkeit die der Zugänge, so dass sich der Arbeitslosenbestand verringerte“, so die Leiterin der Balinger Arbeitsagentur. Zwar ginge die Arbeitslosenzahl im September traditionell zurück, „aber ein Rückgang innerhalb eines Monats in dieser Größenordnung hatten wir auch vor Corona viele Jahre nicht“.
Nahezu Vollbeschäftigung im Landkreis Sigmaringen
Weil es derzeit zudem viele offene Stellen gibt, bezeichneten Anke Traber und ihr anwesender Kollege Rolf Gehring die momentane Situation so: „Wir haben nahezu eine Vollbeschäftigung“. Zur Kurzarbeitssituation konnte Rolf Gehring keine aktuellen Zahlen vorlegen, da diese erst mit einem halben Jahr Verspätung verfügbar seien. Derzeit aber hätten sechs Betriebe für insgesamt 40 Beschäftigte Kurzarbeit angemeldet, was „nicht mehr der Rede wert sei“, so Gehring.
Kurzarbeit wegen Materialmangel
In Spitzenzeiten hätten rund 26 000 Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld erhalten. „Diese Zahlen werden weiter sinken“, ist sich auch Rebau-Firmenchef Dietmar Redlich sicher, allerdings wohl weniger drastisch als gedacht. An den möglich zu erwartenden Kurzabeiterzahlen sei dann nicht mehr Corona schuld, „sondern der Materialmangel“. Er berichtete von Firmen, die aufgrund von Lieferengpässen zeitweise sogar ihren Betrieb stilllegen mussten.
Dieses Material fehlt besonders: Dietmar Redlich erzählt
Für seinen Betrieb, den Redlich als „Gemischtwarenladen“ bezeichnete – „wir machen alles, vom kleinen Mäuerchen für Omas Garten bis hin zu Hotels und Industriehallen“ – beklagt er den momentanen Mangel an Pflastersteinen, Betonfertigteilen und Dämmmaterialien. Bei manchen dieser Materialien gebe es Lieferzeiten von bis zu sechs Monaten. Die Folge dieser Lieferschwierigkeiten ist, dass „wir, die Handwerksbetriebe, wieder zur Lagerhaltung zurückkommen“. Er habe deshalb schon mal eine Lagerhalle auf dem Kasernenareal in Sigmaringen angemietet. Als alles ohne Wartezeiten schnell verfügbar war, habe man die Lagerhaltung aus Kostengründen abgeschafft, jetzt sei sie wieder notwendig.
Nachfolge bei der Firma Redlich in Inzigkofen ist gesichert
Dietmar Redlich und seine Frau Petra führen seit 31 Jahren das Familienunternehmen, in dem nun auch Sohn Alexander mit anpackt. Dieser Umstand habe dazu geführt, dass sich die rund 50-köpfige Belegschaft verjüngt habe. „Wir finden leichter Mitarbeiter, weil Bewerber im Junior den Nachfolger sehen. Auch Altersgenossen unseres Sohnes finden so zu uns“. Dazu komme, dass Gesellen im Baugewerbe zwischen 20 und 25 Euro Stundenlohn bekommen. „Deshalb kann unsere Branche mit der Industrie durchaus mithalten“, sagt er.

Handwerk ist weiterhin krisensicher
Aufgrund der vielen Studierenden, die sich nach dem abgeschlossenen oder abgebrochenen Studium arbeitslos melden, fand Redlich, allen jungen Menschen nach der Schule zuerst eine Handwerkslehre anzubieten. „Etwas mit den Händen zu erschaffen, stärkt das Selbstbewusstsein“. Redlich ist sicher, dass es dann weniger Studienabbrecher gäbe. „Handwerk hat goldenen Boden“, das habe sich durch die Krise einmal mehr bewiesen, sagte Redlich. Er berichtete, dass es seit dem Jahr 2008 auftragsmäßig stetig nach oben ginge. „Ich bin froh, dass grad keine Bauaufträge kommen“, sagt er.
Alno-Mitarbeiter nicht in den Zahlen integriert
Bei den oben genannten Eckwerten des Arbeitsmarktes seien die Beschäftigten der insolventen Firma Alno in Pfullendorf noch nicht enthalten, erklärte Anke Traber. Die rund 230 Mitarbeiter befänden sich derzeit noch unter den Fittichen einer Transfergesellschaft, seien also versorgt. Sie ging davon aus, dass mindestens die Hälfte der Leute in den nächsten vier Wochen wieder in Arbeit kommen. „Der Arbeitsmarkt ist aufnahmefähig, wie lange nicht mehr“, meinte sie.