Für Heidrun Suchalla in Neuhaus ist die Alte Bargener Straße ein Stück Lebensgeschichte. „In meiner Kindheit fuhren dort die Autos, das war die Straße vom Grenzort Bargen in der Schweiz nach Deutschland, da stand das Zollamt noch in Neuhaus, wo heute der Wanderparkplatz ist.“
Aufgewachsen in Neuhaus
Die bald 62-jährige Frau wuchs zusammen mit ihrer Schwester Linda Fleischer in dem Gebäude unmittelbar neben der alten Bargener Straße auf. Für die Kinder bedeuteten die vielen Fahrzeuge eine Gefahr, das wussten auch die Eltern und dort wohnenden Großeltern: „Wenn wir im Sommer im Hof waren, hat uns unsere Großmutter immer die Schuhe ausgezogen, weil wir barfuß nicht so schnell über den steinigen Hof rennen konnten.“

Eine Situation wie jetzt, wo die Grenze geschlossen ist, habe sie noch nicht erlebt, sagt Heidrun Suchalla. Am Schweizer Zollamt Bargen wird nur noch der Warenverkehr abgefertigt, sonst ist der Grenzübergang dort geschlossen, selbst für deutsche Pendler in die Schweiz.
Ruhiger auf der vorbeiführenden Straße war es in ihrer Kindheit schon geworden, als in den 1960er Jahren dann circa 500 Meter nördlich von ihrem Gebäude die neue B 27 gebaut wurde und dort ein neues, größeres Zollgebäude, wo es auch heute noch steht. Die frühere Durchgangsstraße wurde zu einem Nebenweg mit einer einfachen Schranke, gerne benutzt von Radfahrern und Fußgängern. Jetzt versperrt dort vier Meter weiter ein Metallzaun den Weg. Es sei komisch, schildert Suchalla.
Ein paar Hundert Meter hinter dem Ortsende von Neuhaus lägen an der alten Bargener Straße zwei Schweizer Aussiedlerhöfe von Bargen. Eine der beiden Landwirtinnen dort stamme aus Neuhaus und habe drei Kinder: Die Mutter der Landwirtin könne ihre Tochter und die Enkel derzeit nicht besuchen. Ab und zu gehe die Frau aus Neuhaus hoch an die Schranke, ihre Tochter komme mit den Enkeln von der anderen Seite, dann würden sie sich über die paar Meter Entfernung unterhalten.
Die Menschen im deutschen Grenzort sind vorsichtig geworden. Bei Grenzübertritten drohten im Nachbarland saftige Strafen. „Wenn wir den Grenzweg von Neuhaus Richtung Wiechs am Randen gehen, sehen wir die historischen Grenzsteine zwischen dem früheren Großherzogtum Baden mit dem Buchstaben GB und dem Canton Schaffhausen mit den Buchstaben CS. Wir trauen uns nicht, auf Schweizer Gebiet zu gehen, die Strafen sind empfindlich.“
Grenzsteine
In Neuhaus sei die Rede, dass Schweizer Grenzwachtbeamte einem Fußgänger, der über die grüne Grenze kam, einen satten vierstelligen Betrag abgenommen hätten. Das passt zu Aussagen von Klaus Schultheiß, dem früheren Ortsvorsteher von Wiechs am Randen, der wusste: „Das kostet gleich mal einige Tausend Franken.“
Bis mindestens 15. Mai sind die Grenzübergänge zu den deutschen Nachbarländern geschlossen. In Neuhaus hofft man wie andernorts auch, dass dann wieder Lockerungen folgen. Ein Bewohner aus Neuhaus arbeite in Schaffhausen. Normalerweise dauere die Anfahrt 15 Minuten, erklärt Heidrun Suchalla, derzeit müsse er über Bietingen fahren und sei eine Dreiviertelstunde unterwegs.