Militarismus, rechtskonservative Gesinnungen, frauenfeindliche Haltungen, veraltete Strukturen und purer Spaß am Töten – die Jagd ist mit vielen Vorurteilen konfrontiert.

„Die Bedeutung der Jagd für den Forst wird total unterschätzt“

„Die Bedeutung von der Jagd für die Forst wird total unterschätzt“, sagt der Donaueschinger Revierleiter Manfred Fünfgeld. Er erklärt, dass die Jagd auch dem Klimawandel entgegenwirke: „Die Jagd hält den Wildbestand niedrig. So schützt man die Baumarten und schafft einen stabilen Wald“, sagt er. Denn es gebe nur wenig andere Schutzmaßnahmen, um das Gleichgewicht in der Natur zu halten. Zwar steigt laut Fünfgeld das Interesse an der Natur, und der Klimawandel sei in aller Munde, doch es gebe viele gefährliche Halbwahrheiten. Zudem zeigen sich die Großprädatoren – wie Luchs oder Wolf – verhalten im Schwarzwald-Baar-Kreis. „Die Vorstellung, dass ein Wolfrudel die Jagd übernimmt, ist absurd“, sagt er.

Der Donaueschinger Revierleiter Manfred Fünfgeld zeigt Stileichen in den Plastikröhren.
Der Donaueschinger Revierleiter Manfred Fünfgeld zeigt Stileichen in den Plastikröhren.

„Natürlich geht es in der Jagd darum, Tiere zu töten.“ Auf den ersten Blick höre sich dies schrecklich an. „Mir war die Vorstellung des Tötens absurd.“ Die Überwindung sei anfangs auch sehr groß gewesen. Doch Fünfgeld musste den Jagdschein zwecks der Forstausbildung machen. „Töten an sich macht auch kein Spaß.“ Doch man sei sich der Wichtigkeit bewusst und töte artgerecht. „Denn die Tiere töten auch die Bäume.“ Dadurch können etwa 500 Weißtannen innerhalb eines Winter verscheiden. Die Wildschäden können enorm ausfallen.

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Fünfgeld jagt in der städtischen Jagd in Aasen. Er erzählt: Man warte in der Dämmerung auf dem Hochsitz. Wenn er ein Tier im Anblick hat – das Schusszeit hat – komme es zum Schuss. Dann werde das Tier gehäutet und ausgenommen und das Schwarzwild werde routinemäßig auf Trichinen untersucht. Nach einigen Tagen Fleischreifezeit könne dann das Fleisch verarbeitet werden. „Wir sehen durch das Jagen einen sichtbaren Erfolg. Die Weißtanne kann hier ungehindert wachsen.“ Doch dies sei ein großer Aufwand, denn er schieße auf 100 Hektar zwischen 20 und 30 Rehe – der Normalwert liegt zwischen fünf und zehn. „Aber ich jage auch mit meiner Frau zusammen. Wir sind ein eingespieltes Team“, schmunzelt er.

Thorsten Hoffmann erklärt: „Frauen finden immer mehr Fuß in der Jagd.“ Er möchte mit den Vorurteilen aufräumen.
Thorsten Hoffmann erklärt: „Frauen finden immer mehr Fuß in der Jagd.“ Er möchte mit den Vorurteilen aufräumen.

„Die Jagd polarisiert und ist mit vielen Vorurteilen konfrontiert“, sagt der Jäger und ehrenamtliche Schießausbilder Thorsten Hoffmann. Denn heutzutage komme das Fleisch aus dem Supermarkt, daher fehle der Bezug zur Natur sowie dem ursprünglichen Nahrungsgewinn, sagt der Hüfinger. „Das Jagen ist ein Trieb des Menschen.“ Doch für Hoffmann stehen Natur, Einklang, Entspannung und Ruhe im Vordergrund. „Dabei ist das jagdliche Strecke machen Nebensache“, so der Jäger, der zwischen Fürstenberg und Blumberg jagt.

Wildpopulation in Grenzen halten

Dennoch habe die Jagd den Auftrag, die Wildpopulation im vernünftigen Maß zu halten und als Korrektiv für eine ausgeglichene Populationsdichte. „Die Jagd geht Hand in Hand mit Forst- und Landwirtschaft sowie Naturschutz“, bestätigt er ebenfalls. Denn gerade im ländlichen Raum kann eine zu große Wildpopulation enorme Schäden in der Landwirtschaft hinterlassen. „Ohne Jagd geht es nicht.“ Deshalb werde die Jagd auch zum Trotz mancher Parteiprogramme überdauern. „Die Jagd passt sich den Veränderungen der Zeit sowie neuen Forsterkenntnissen an.“

Dieser metallene Hochsitz befindet sich auf dem Schellenberg bei Donaueschingen in der Nähe der Amalienhütte.
Dieser metallene Hochsitz befindet sich auf dem Schellenberg bei Donaueschingen in der Nähe der Amalienhütte.

Die Bedeutung der Natur möchte Hoffmann auch Kindern und Jugendlichen nahe bringen. Denn er leistet im Rahmen des bundesweiten Projektes „Lernort Natur“ Aufklärungsarbeit. „Das Projekt feiert dieses Jahr den 30. Geburtstag, doch wegen Corona können leider keine Feiern stattfinden.“

Jagdtrophäen rufen in der Gesellschaft geteilte Meinungen hervor. Bilder: Hannah Schedler
Jagdtrophäen rufen in der Gesellschaft geteilte Meinungen hervor. Bilder: Hannah Schedler

„Es ist meine Leidenschaft, mein Wissen weiterzugeben.“ Deshalb bildet er an der Landesjagdschule Dornsberg im Jagdlichen Schießen aus. Dabei erklärt er, dass die Jagd eine sehr fundierte Ausbildung beinhaltet und dabei sehr auf Vernunft und Menschenverstand geachtet werde: „Nicht umsonst sagt man zum Jagdschein das Grüne Abitur.“

„Die Jagd ist kein Ort für Rechtsextremismus oder Waffenfanatiker.“
Thorsten Hoffmann, Schießausbilder

Auch das Bild von Alkoholismus sei veraltet, denn bei der Jagd gelte die Null-Promille-Regel. Zwar benötige man für das Jagen monetäre Mittel, doch die Jagd sei laut Hoffmann für die Gesellschaft offen.

Frauen in der Jagd

„Die Jagd wandelt sich“, sagt Hoffmann. Denn heute steige der Frauenanteil eindeutig: Laut dem Deutschen Jagdverband hat sich seit 2011 die Zahl der Jägerinnen um 46 Prozent erhöht. „Bei meinen Jagdschülern steigt der Frauenanteil“, sagt er. Die Jagd habe keine bestimme Klientel, die Teilnehmer seien eine breite Mischung der Gesellschaft. In der Jagdausbildung sieht Hoffmann alle Altersschichten vertreten: Von 15 bis 75.