Für den einen kam die Entscheidung abrupt, für den anderen war sie längst überfällig: Seit Montag, 8. März, herrscht in den Innenstädten des Schwarzwald-Baar-Kreises wieder mehr Betrieb, denn der Einzelhandel ist nach dem Knallhart-Lockdown zurück.

Corona-Verordnung als Grundlage

Andreas Dereck, Ordnungsamtsleiter der Stadt Donaueschingen, zeigt sich wenig überrascht von der am Ende doch zügigen Rückkehr: Es sei klar gewesen, dass die gültige Corona-Verordnung am vergangenen Sonntag ausläuft und eine neue Fassung in Kraft tritt. An diese Verordnung, deren Grundbaustein die vom zuständigen Gesundheitsamt regelmäßig geprüfte Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis ist, müssen sich die Ämter ihm zufolge strikt halten; die Verordnung bilde immer die Basis für Entscheidungen wie etwa über die Öffnung des Einzelhandels.

Andreas Dereck
Andreas Dereck | Bild: Wursthorn, Jens

Die Corona-Telefonhotline steht Dereck zufolge nicht still, aber es gingen nicht nur Fragen zum Einzelhandel ein, sondern auch zu Änderungen in den Bereichen Sprachkurse, Sport oder Kontakte. „Wir haben diese Hotline ja deswegen eingeschaltet, weil ich allein nicht in der Lage bin, alle Anrufe zu verantworten und entgegenzunehmen“, fasst er die Arbeitsbelastung der vergangenen Monate unter aktuellen Gesichtspunkten zusammen.

Das könnte Sie auch interessieren

Gefreut habe er sich über den Anruf eines Drogeriegeschäftes, das „im Rahmen einer guten Zusammenarbeit fair Bescheid gegeben hat“, dass ab Montag die gesamte Ladenfläche für Kunden geöffnet werde. Zuvor seien dort manche Abschnitte geschlossen gewesen.

Positives Signal an den Handel

„Wenn die Läden aufmachen, gehen die Leute auch hin“, antwortet Andreas Dereck nüchtern auf die Frage, ob er nicht die Befürchtung habe, dass es nun vermehrt zu Menschenansammlungen komme. Die Regeln seien so von der Landesregierung beschlossen worden, auch als positives Signal an den Handel, an Museen und an Galerien. „Natürlich müssen wir weiterhin alle aufpassen. Aber ich kann schlecht sagen, dass in Donaueschingen nur jeder zweite Laden öffnen darf“, so Dereck mit einem Schmunzeln. Wie bislang auch, müsse er die vorgegebenen Regeln umsetzen. „Wir sind mittlerweile erprobt darin, leben schon ein Jahr mit Corona. Wie oft hat sich die Verordnung seitdem geändert“, sagt er. Entsprechend schnell müsse jedes Mal auf die jeweils aktuelle Verordnung reagiert werden.

Auf Vernunft kommt es an

In seiner Position kann Dereck gewisse Maßstäbe für die Situation in Donaueschingen schaffen, doch in erster Linie müsse er wie alle anderen auf den Verstand der Bürger hoffen. Damit tut er es Ministerpräsident Winfried Kretschmann gleich, der jüngst sagte: „Wir wollen auf die Vernunft der Menschen setzen.“ Der Landeschef räumte ein, dass es ein gewisses Risiko sei, die Öffnung der Geschäfte an die Inzidenzen der Kreise zu knüpfen. Er hoffe, dass es nicht zu einem großen Einkaufstourismus komme. In diesem Fall müsste man „sehr schnell die Notbremse ziehen“, so Kretschmann.

Das könnte Sie auch interessieren

Andreas Dereck hofft derweil, dass sich die Menschen trotz geöffneter Geschäfte und Museen unverändert an die Hygieneregeln wie Abstand und Maske halten. Denn nur dann sei die jetzige Rückkehr des Einzelhandels auch dauerhaft möglich. Es habe immer viele Stimmen gegeben, die sagten, dass der Einzelhandel kein Infektionstreiber sei. Jetzt müsse genau das bewiesen werden, „ansonsten geht die Diskussion los“. Dennoch möchte Donaueschingens Ordnungsamtsleiter betonen: „Ich habe volles Vertrauen in den Einzelhandel, die Geschäfte werden strikt auf die Regeln achten. Die Masse ist einfach froh, dass sie die Möglichkeit hat, etwas zu machen. Da geht es nicht nur darum, ob man 20 Euro mehr verdient, sondern um das Signal.“

Hoffen auf Disziplin und Verstand

Auf die Disziplin der Bürger setzt derweil auch Gerhard Werb, Vorsitzender des Gewerbevereins Donaueschingen: „Wir sind mehr als abhängig von den Inzidenzwerten und dem Verhalten der Menschen“, sagt er. Auf die Rückkehr des Einzelhandels sei er zwar vorbereitet gewesen, „aber das war schon überraschend“, so der Inhaber des Haushalts- und Spielwarengeschäfts Thedy. Überraschend deswegen, weil zunächst nicht klar gewesen sei, wie geöffnet werden könne. Die Landesregierung und der Landkreis, so Werb, hätten sich ziemlich lange Zeit gelassen: „Offiziell habe ich erst am Sonntagmittag davon erfahren, dass es final ist. Das hat ewig gedauert.“

Gerhard Werb
Gerhard Werb | Bild: Roger Müller

Warum dem Einzelhandel gerade jetzt, und nicht schon vor ein paar Wochen, das Arbeiten in Präsenz erlaubt wird, darüber habe sich der Geschäftsmann durchaus Gedanken gemacht. „Letztendlich hat die Regierung vielleicht ein Einsehen gehabt, dass wir anfangen müssen, mit dem Virus zu leben und nicht ewig alles zuschließen können“, führt er aus. Man müsse der Corona-Pandemie mit Respekt begegnen und dürfe nicht leichtsinnig werden. Gefahren sieht Gerhard Werb eher im privaten Bereich: „Die Lockerungen dürfen nicht so aufgenommen werden, dass die Leute denken, es ist wieder alles in Ordnung. Da habe ich deutlich mehr Angst, weil die Gefahr einer Ansteckung dort am höchsten ist.“ Vor Infektionen in Geschäften habe er dagegen nahezu keine Sorge.

„Letztendlich hat die Regierung vielleicht ein Einsehen gehabt, dass wir anfangen müssen, mit dem Virus zu leben und nicht ewig alles zuschließen können.“
Gerhard Werb, Gewerbeverein

Kommt der dritte Lockdown?

Trotz aller Freude über die Öffnung der Läden steckt bei Werb laut eigener Aussage die Sorge vor einem erneuten Lockdown ständig im Hinterkopf: „Das wäre fatal. Ich kenne fast keinen Händler mehr, der nicht auf dem Zahnfleisch geht. Die Öffnung war allerhöchste Eisenbahn, ansonsten hätte ich mit einer Insolvenzwelle gerechnet.“ In seinem eigenen Geschäft halten nun erst einmal seine Frau und er den Laden am Laufen. Die Mitarbeiter seien weiter in Kurzarbeit. „Wir haben unseren Onlineshop und waren zuletzt durch Click-and-Collect jeden Tag vor Ort. Nun müssen wir uns mit mehr Ware eindecken, was ohne Öffnungsperspektive in der Vergangenheit nicht ging“, erklärt der Thedy-Inhaber.