Immer mehr Menschen sind gegen das Coronavirus geimpft. Über die Geschwindigkeit wird gestritten, aber sukzessive steigt die Impfquote. Besonders wichtig ist das in den Alten- und Pflegeheimen. Dort hat die durch das Virus verursachte Krankheit Covid-19 besonders heftig gewütet. Erstaunlicherweise gab es besonders beim Pflegepersonal teilweise kräftige Bedenken gegenüber der möglichen Impfung.

Mehr Freiheiten

Seitdem hat sich einiges verändert. Schon jetzt gibt es für Geimpfte wesentlich mehr Freiheiten. Und erwartbar ist, dass das noch weiter zunehmen wird. Das betrifft auch die Pflegenden in den Einrichtungen. Wer noch keine Impfung hat, dessen Arbeitsalltag gestaltet sich schon jetzt anders, wie jener eines Geimpften.

Strategien für Durchimpfung

„Ich gehe davon aus, dass die Regierung Strategien entwickelt, wie man in der Bevölkerung eine vollständige Durchimpfung vorantreiben kann“, sagt Reiner Krummradt. So sei auch festzustellen, dass die meisten der aktuell Infizierten zuvor keine Impfung erhalten haben. Der Heimleiter des Pflegeheims Donauresidenz zählt in seiner Einrichtung aktuell noch lediglich drei ungeimpfte Mitarbeiter. „Die Corona-Ordnung hat den Alltag für sie verschärft.“ Vor jedem Dienstantritt muss ein negativer Testnachweis vorgelegt werden: „Sie müssen ein aktuelles Ergebnis liefern, wir müssen das Ganze dann dokumentieren.“

Reiner Krummradt, Wohnpflegezentrum Donauresidenz.
Reiner Krummradt, Wohnpflegezentrum Donauresidenz. | Bild: Manfred Beathalter

Dienst oder Freizeit?

Und hier, so Krummradt, gebe es die erste entzündliche Stelle: „Theoretisch müssten die Mitarbeiter 20 Minuten früher zum Dienst kommen. Aber da sagen sie zurecht: ‚Nicht in meiner Freizeit‘“. Wie das schließlich geregelt werde – darum kümmere sich niemand, außer der Heimverwaltung selbst. „Wir geben hier den Test mit nach Hause. Der muss dann vorgelegt werden, und wir unterschreiben das dann.“ Dazu komme, dass Ungeimpfte nicht mit dem leichten Einmalschutz arbeiten dürfen, sondern mindestens eine FFP2-Maske tragen müssen: „Das ist für sie Pflicht“, erklärt Krummradt.

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Ein Mehraufwand

Eine Impfpflicht einzuführen, das sei nicht einfach: „Die Verfassung zu ändern, das ist sehr schwierig. Es gibt allerdings noch andere Möglichkeiten, den Bürger dazu zu bringen.“ Im Bereich der Pflege sorge das allerdings für zusätzliche Arbeit: „Es ist für uns natürlich ein Mehraufwand. Wir haben hier eine Fürsorgepflicht. Das macht den Unterschied.“

Und was sagt das Personal zu der Situation?

„Vom Team wurde das gut auf- und angenommen.“ Man führe auch Gespräche mit den betreffenden Mitarbeitern: „Einige wollten abwarten und schauen, wie die Impfung wirkt. Das hat sich bewährt. Die Bereitschaft zu Impfung kommt von allein.“ Ob Quarantäne oder der verwehrte Zugang zu bestimmten Veranstaltungen – „die Ungeimpften haben das bald satt“.

Impfpflicht für Pflegende?

Über den Caritas-Verband sei schließlich die Information reingekommen, was für ungeimpfte und geimpfte Mitarbeiter nun gilt, erklärt Markus Bonserio, Leiter des Altenheims St. Michael. Auch hier gilt der Test vor Arbeitsbeginn, ebenso das Tragen der FFP2-Maske für Ungeimpfte. Ob es jetzt Zeit für eine Impfpflicht für Pflegepersonal ist, wie teilweise in der Branche schon gefordert wird? „Diese Frage ist schwer zu beantworten. Jeder muss selbst entscheiden, was mit seinem Körper passiert“, so Bonserio. Jedoch müssen Ungeimpfte dann auch mit den Konsequenzen leben, die ihnen durch eine fehlende Corona-Impfung drohen: „Außerdem arbeiten wir hier mit gefährdeten Menschen.“

Markus Bonserio, Heimleiter des Altenheims St. Michael.
Markus Bonserio, Heimleiter des Altenheims St. Michael. | Bild: Jarausch, Gerald
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Freiheiten wirken

Wie Bonserio sagt, zwinge er niemanden zum Impfen: „Ich selbst bin mittlerweile bereits dreimal geimpft. Als sich die Möglichkeit bot, habe ich den Arm ausgestreckt.“ Wie der Einrichtungsleiter sagt, sei zu Bemerken, wie die zunehmenden Freiheiten für Geimpfte auch auf jene wirken, die zuerst nicht zu einer Impfung bereit waren: „Das ist ganz klar so. Im Bekanntenkreis haben sich auch welche impfen lassen, damit sie in den Urlaub können.“ Dass sie sich nicht impfen lassen, das hätten anfangs noch viele gesagt. Doch das Bild wandelt sich so langsam. Das sei auch im Altenheim St. Michael festzustellen.

Schwer getroffen

Was dabei eventuell auch eine Rolle spiele: In der Pandemie war die Einrichtung vom Coronavirus schwer getroffen. Zeitweise waren von den 160 Bewohner 80 an Covid-19 erkrankt. Komplette Abriegelung, Bewohner mussten in den Zimmern isoliert werden, die Mitarbeiter verrichteten ihre tägliche Arbeit in Vollmontur. „Wir hatten zwei Ausbrüche, das möchte hier keiner mehr haben“, sagt Bonserio.

Security im Einsatz

Dennoch sind die Abläufe mit mehr Aufwand verbunden, so etwa auch im Foyer. Heute gilt bei Besuchen von außerhalb die 3G-Regelung: „Wir haben vorne jemanden sitzen, der das abdeckt und es bei den Besuchern überprüft“, sagt Bonserio. Am Wochenende sei ein Security-Dienst dafür im Einsatz. Theoretisch könne man auch einfach einen Briefkasten aufhängen und die Besucher werfen ihre Angaben dort ein: „Wenn dann wieder etwas passiert, gibt es eventuell Probleme mit den Nachweisen. Deshalb regeln wir das so.“

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Wenige machen Theater

Wegen der Einschränkungen gebe es Gespräche mit den Angehörigen: „Sie fragen sich schon, weshalb immer noch alles gemacht werden muss, auch wenn man schon geimpft ist. Es sind aber ganz wenige, die Theater machen“, so der Heimleiter. Auch unter den Heimen in Donaueschingen und Villingen-Schwenningen herrsche reger Kontakt, man tausche sich zu den Maßnahmen regelmäßig aus. Eventuell stehen auch weitere Lockerungen an. Darüber verständige man sich in der kommenden Zeit. „Wir spielen da mit offenen Karten. Alle Probleme und Erfahrungen kommen auf den Tisch.“

Maske als Belastung

Die Bewohner des Heimes können mittlerweile in der Einrichtung auf die Mund-Nasen-Maske verzichten, für Mitarbeiter ist sie noch Pflicht. Das sei in bestimmten Bereichen eine Belastung: „Gerade im Umgang mit dementen Bewohnern, für die die Mimik natürlich sehr wichtig ist“, sagt Bonserio.