„So, das war‘s für heute“, sagt Anja Jerger vom Friseursalon „Haarmonie“ in der Hüfinger Hauptstraße. Es ist Donnerstagnachmittag, 15.30 Uhr, gerade hat sie noch einen Kunden bedient. Ein älterer Herr hat sich die Haare schneiden lassen und sich verabschiedet: „Bis bald.“

Für die Friseurmeisterin war es an diesem Tag der zweite Kunde – weitere Termine hat sie keine mehr im Kalender stehen – und vermutlich auch der letzte. Das allerdings nur, wenn nicht noch einer vorbeikommt. Und am besten einen negativen Corona-Schnelltest dabei hat. Der ist nämlich mittlerweile Bedingung für einen Friseurbesuch. Hatten die in der ersten Lockdown-Zeit komplett geschlossen, sind Besuche unter diesen Bedingungen wieder möglich.

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Kaum Termine im Kalender

Und denkt man an das Wehklagen, doch endlich wieder zum Friseur zu dürfen, müsste es eigentlich kein Problem sein, ausreichend Kunden ins Geschäft zu bekommen. Dass es jedoch ganz anders läuft, das erlebt Anja Jerger derzeit täglich. Sie hat kaum Termine im Kalender. Und von zwei Kunden am Tag zu leben: „Das ist schwierig“, erklärt sie.

Aber woran liegt es, dass die Kunden jetzt ausbleiben?

Dafür hat Jerger nur eine Erklärung: „Daran, dass jetzt ein Test notwendig ist.“ Sie kann nämlich auch relativ gut festmachen, ab wann der Kundenansturm wieder nachgelassen hat. „Am 15. Dezember 2020 war mein vorerst letzter Arbeitstag.“ Damals ging es in den zweiten Lockdown, für Friseure war es nicht gestattet, ihr Geschäft für Kunden offen zu halten. „Bis zum 28. Februar waren wir dann geschlossen. Und die Nachfrage war groß. Alle haben mich in dieser Zeit gefragt, wann wir denn endlich wieder öffnen dürfen.“ Als Jerger ihre „Haarmonie“ am 1. März wieder öffnet, strömen die Kunden: „Es war von Montag bis Samstag Hochbetrieb. Ich musste dann keine acht Stunden arbeiten, sondern jeden Tag bis zu zwölf.“ Das Geschäft läuft und die Friseurin freut sich, dass endlich in geschäftlicher Hinsicht so etwas wie Normalität einkehrt. Dann kommt die Testpflicht für den Friseurbesuch.

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Plötzlich weniger

Im April werden es plötzlich weniger Kunden. „Seit dem 19. April muss vorher getestet werden. Und ab da wurde es weniger.“ Beim Spaziergang mit dem Hund unterhält sich Jerger mit Kunden: „Sie erzählen dann, dass etwa die Tochter jetzt die Haare geschnitten habe. Einen Test für den Besuch will man nicht machen. Erst nach der Impfung wolle man wieder kommen.“ Bereits vereinbarte Termin werden abgesagt: „80 Prozent riefen an und sagten deshalb ab. Das hat nur mit dem Test zu tun. Das ist in dieser Zeit leider so.“

Warum ist der Test so ein Problem?

Dass die Menschen offensichtlich so große Probleme mit dem Test haben, kann Jerger nicht nachvollziehen: „Das ist im besten Fall etwas unangenehm, aber nicht schlimm. Ich hoffe, dass sich das schnell rumspricht.“ Und kompliziert auch nicht. Die „Haarmonie“ befindet sich an der Hauptstraße, nicht weit entfernt besteht die Möglichkeit, sich kostenlos testen zu lassen: „Die Teststation in Hüfingen ist echt gut. Man braucht auch keinen Termin. Es wird aber leider nicht angenommen“, So Jerger. Mit einem entsprechenden Test gebe es auch schnell einen Termin bei ihr im Salon: „Es ist eh nichts los.“

Eigene Teststation

Dass der mit dem Testen verbundene Aufwand für manche zu hoch ist, kann Jerger auch nicht nachvollziehen. Zumal es seit dieser Woche nun auch die Möglichkeit gibt, sich direkt im Friseursalon testen zu lassen. Direkt am Eingang hat Jerger eine kleine Teststation eingerichtet. Ein separierter Sessel, getrennt mit einer Plexiglasscheibe. Alles wird dort penibel steril gehalten. „Ich habe mich dazu schlau gemacht und die Richtlinien der Handwerkskammer Konstanz angeschaut.“ Jerger hat die Hoffnung, dass das Angebot nun zumindest einige Kunden mehr in den Salon holt. Eine entsprechende Hinweistafel für das Schaufenster bringt sie noch an. Als weiteren Anreiz hat sie sich eine sogenannte heiße Schere besorgt. Die ist besonders gut für lange Haare. Sie versiegelt Haare mit Spliss und schützt vor dem Austrocknen.

Beim Friseurbesuch können sich Kunden vor Ort testen lassen. Anja Jerger hat dazu eine eigene kleine Teststation eingerichtet.
Beim Friseurbesuch können sich Kunden vor Ort testen lassen. Anja Jerger hat dazu eine eigene kleine Teststation eingerichtet. | Bild: Simon, Guy

Dass viele in den Zeiten der ersten Lockdowns begonnen haben, sich die Haare selbst zu schneiden und zu färben, dafür hat sie zwar Verständnis: „Aber uns Friseuren fehlen die Kunden halt.“ Sie will demnächst eine Rabatt-Aktion starten. Vielleicht lockt das wieder mehr Leute.

Seit 2012 hier

Und dass das Geschäft zu normalen Zeiten gut geht, dafür steht die Zeit als Beweis: „Ich hatte den Salon vorher in Donaueschingen, seit 2012 bin ich hier in Hüfingen.“ Würde es nicht laufen, dann hätte es wohl auch kaum so lange so gut funktioniert. Entsprechend konnte sie auch auf Rücklagen zurückgreifen, als der erste Lockdown kam. Was sich jedoch verändert hat: Vor der Krise hatte sie noch eine Angestellte. Die habe jedoch zum 1.Februar gekündigt und die Branche gewechselt. Dass Geld der Kurzarbeit habe nicht ausgereicht.

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Nicht aufgeben

Trotz der Situation möchte Anja Jerger den Kopf nicht in den Sand stecken. Allen Friseuren gehe es gleich. Und andere Branchen, wie etwa die Gastronomie, habe es noch härter getroffen. „Wir haben jetzt den dritten Lockdown, nur dass wir auf haben dürfen.“ Branchen-Kollegen haben in dieser Zeit schon wieder geschlossen, schlicht weil keine Kunden kommen.

Hoffen auf den Sommer

Jerger setzt jetzt auf die Sommermonate, das schöne Wetter, eine sinkende Inzidenz und dass es mit zunehmender Impfquote besser wird. Etwa so wie mit ihrer ältesten Kundin, einer 97 Jahre alten Dame, die jeden Donnerstag in den Friseursalon kommt. „Sie ist bereits zweimal geimpft.“ Aber das sind eben noch nicht alle. „Das braucht eben seine Zeit. Ich hoffe, in vier bis sechs Wochen sieht das besser aus.“ Das Telefon klingelt: „Oh, vielleicht ein Kunde.“ Und hoffentlich einer, der bereit ist, sich testen zu lassen.