Eine ausgebüxte Rinderherde hat am Freitag nicht nur den verantwortlichen Landwirt, sondern auch Polizei, Feuerwehr und freiwillige Helfer über mehrere Stunden auf Trab gehalten. Einige Tiere nahmen sogar ein Bad im nahen Klosterweiher.

Im Gespräch mit dem SÜDKURIER erklärt jetzt der verantwortliche Landwirt, wie es dazu kommen konnte, dass die Tiere von ihrer Weide entlaufen und einen ausgedehnten Spaziergang in die Umgebung unternehmen konnten. Und dass die Einfangaktion durch den Ausfall des Mobilfunknetzes erheblich erschwert wurde.
Erleichterung nach der Aufregung
Am Tag nach dem Kuh-Ausflug kann Wolfram Haas schon wieder lachen und zeigt auf die Herde, die friedlich grasend unweit des Hofs auf der Weide steht. „Das sind die Ausreißer“, sagt er und deutet auf die Herde, die aus Fleckvieh, Holsteinern und Wagyu-Rindern besteht. Für den Landwirt das Wichtigste ist, dass keines der Tiere, die er als Pensionstiere beherbergt, größeren Schaden erlitten hat: „Bis auf ein paar kleine Blessuren sind die Tiere unverletzt.“
Plötzlich sind die Jungrinder unterwegs
Nach Lachen war Wolfram Haas gut 24 Stunden zuvor nicht zumute. „Begonnen hat die Geschichte, als meine Frau am Freitagmorgen um 7.30 Uhr bemerkt hat, dass einige der insgesamt zwölf Jungrinder, die eigentlich auf ihrer Weide am Südhang stehen sollten, plötzlich auf dem Weg am Haus vorbei liefen“, sagt Wolfram Haas.

Es sollte der Beginn eines mehrstündigen Katz- und Maus-Spiels zwischen Jungrindern und Mutterkühen und Einfängern werden. Noch bevor Wolfram Haas und einige Familienmitglieder reagieren und versuchen konnten, die jungen Ausreißer wieder auf ihre Weide zu führen, hatten diese Sichtkontakt zu den auf einer Weide in der Talaue stehenden Mutterkuhherde.
Jungtiere wollen zur Mama
Ob aus überschwänglicher Freude darüber, die Artgenossen zu sehen, oder aus einem anderen, ungeklärten Grund, durchbrachen die Jungrinder den Zaun, um auf die Mutterkuhweide zu gelangen. Das durch den niedergetretenen Zaun entstandene Tor zur Freiheit nutzten schließlich 25 Tiere, um die Umgebung zu erkunden.

Allerdings brachen die Tiere in unterschiedliche Richtungen auf. „Ein Großteil der Mutterkühe lief in Richtung Brigach Mattenstraße, wo sie von uns in einen Firmenhof getrieben und von dort relativ schnell wieder auf die Weide gebracht werden konnten“, sagt Haas. Die Jungrinder entschieden sich dafür, teilweise im Wald, teilweise auf der Straße Richtung St. Georgen zu laufen. Dabei gab es einige Verkehrsbehinderungen, was wiederum die Polizei auf den Plan rief, die inzwischen von Autofahrern alarmiert wurde. Auch die St. Georgener Feuerwehr rückte mit 21 Einsatzkräften aus.
Schwimm-Ausflug im Klosterweiher
Ein Teil der Tiere konnte nahe des Rondells zusammengetrieben werden. Fünf der Rinder zogen jedoch die Flucht durch den Klosterweiher vor, wo sie nach einigen Metern schwimmen bei den Seeterrassen wieder an Land stiegen. Drei ließen sich nach dem Bad problemlos zu Fuß über den Kohlbühl zurückführen. Zwei jedoch liefen über die Bundesstraße in Richtung Spittelberg.
Endstation: Feuerwehrgerätehaus
Dort konnten sie schließlich auf dem Hof des Feuerwehrgerätehauses zusammengetrieben, mit einem mobilen Zaun in Schach gehalten, von dort von zur Hilfe eilenden Landwirten auf Viehanhänger verladen und auf ihre Weide zurück gebracht werden.
Kuh in der Tiefgarage
Auch zwei weitere Wiederkäuer, die sich in einer Tiefgarage und im Innenhof einer Firma in der Industriestraße versteckten, konnten letztendlich entdeckt und ebenfalls wieder an ihren eigentlichen Bestimmungsort gebracht werden.
Am späten Vormittag war die große Aufregung damit zunächst beendet. „Allerdings haben wir beim Durchzählen festgestellt, dass immer noch zwei Tiere fehlen“, sagt Wolfram Haas. Eine Kuh tauchte dann am Nachmittag im Bereich Albertsgrund auf. Das letzte fehlende Rind wurde schließlich von zwei Männern gegen 21.30 Uhr am Winterberg entdeckt und zurück gebracht.
Funknetz-Ausfall ein Riesen-Problem
„Erschwert hat die Kommunikation mit den Helfern der Ausfall des gesamten Mobilfunknetzes“, sagt Wolfram Haas. So konnten die rund zehn freiwilligen Helfer, die sich spontan einfanden, nicht untereinander verständigt werden, wo gerade Kühe gesichtet wurden und wo Hilfe beim Einfangen benötigt wurde. Was die Sache verzögerte.
Allen Helfern dankbar
Haas ist froh, dass die Geschichte glimpflich für alle Beteiligten ausgegangen ist. „Außer einer defekten Schranke in der Tiefgarage ist wohl nichts kaputt gegangen“, sagt Haas, der auch allen Helfern für Unterstützung dankt.
Weshalb die Jungrinder, die die Kettenreaktion in Gang setzten, aus ihrer mit einem Elektrozaun gesicherten Weide ausbrechen konnten, ist ihm allerdings schleierhaft. „Ich habe zwei Erklärungen. Entweder, es gab Rangkämpfe, bei der zwei Tiere gegen den Zaun gekommen sind und ihn umgetreten haben. Oder sie sind durch irgendetwas erschreckt worden.“