Es wirkt ein bisschen kurios. Das Land hat an der Baustelle der neuen Justizvollzugsanstalt (JVA) bei Rottweil einen Info-Point eingerichtet. Der besteht im Wesentlichen aus einer Aussichtsplattform. Neugierige haben damit freie Sicht auf das Gelände, auf dem in Zukunft Freiheit eher kleingeschrieben wird.
Aussichtsplattformen gibt es sonst eher an Orten mit beeindruckenden landschaftlichen Panoramen. Und noch viel höher hinaus geht es in unmittelbarer Nachbarschaft mit dem Rottweiler Testturm. Taugt ein zukünftiger Knast überhaupt als Ausflugsziel? Zeit für einen Selbstversuch vor Ort.

Das sagen Besucher zur Aussichtsplattform
Die Plattform wird bereits genutzt. Marcel Flaig und Samuel Kimmich nutzen ihre Mittagspause spontan für einen Abstecher.

Die beiden sind neugierig. Sie wollen wissen, wie der JVA-Neubau aussehen wird und wie weit der Bau bereits fortgeschritten ist. Von den späteren Gebäuden für die Gefangenen ist allerdings noch nichts zu sehen.
Nur die Mauer um das Gefängnisareal ist schon größtenteils fertig. Sie umreißt aber schon einmal die Dimensionen des künftigen Großgefängnisses. Direkt daneben entsteht derzeit ein außerhalb liegendes Verwaltungsgebäude.
Die Betonmauern hinterlassen Eindruck
„Das ist auf jeden Fall eine Riesenbaustelle“, sagt Samuel Kimmich. „Das hätte ich gar nicht erwartet.“ Sein Freund Marcel Flaig ist vor allem von den mächtigen Betonmauern beeindruckt. „Da kommt keiner rüber“, ist er sich sicher.
Das ist auch gut so, denn die neue JVA soll ab 2027 gleich mehrere veraltete Gefängnisse in der Region ersetzen.

Da die beiden nicht allzu weit weg leben und arbeiten, hatten sie keine weite Anreise. Würden sie den Info-Point als Ausflugsziel weiterempfehlen? „Das lohnt sich eigentlich nicht“, findet Flaig. „Höchstens, wenn man sowieso in der Nähe ist“, so seine Einschätzung.

Ein Point ohne Info
Was vor allem enttäuscht: Informationen zur Baustelle und der neuen JVA suchen Info-Point-Nutzer vergebens. Außen am knallgelben Container prangt lediglich ein gigantischer QR-Code.
Der Link führt auf eine Seite, die die Vermögen und Bau BW als Social Wall bezeichnet. Die einzigen Beiträge stammen bislang jedoch ausschließlich aus Pressemitteilungen des Landesbetriebs selbst. Mitte Juni sind es gerade mal fünf Posts.

Ist die Baustelle ein Ausflugstipp?
Aber was nicht ist, kann ja noch werden – je mehr Besucher kommen und etwas posten. Immerhin bietet die Plattform eine Draufsicht auf das Baugeschehen, die sich für Beiträge auf Instagram und Co. nutzen lässt.
Und nicht nur das: Das weite Panorama umfasst das Neckartal, die Schwäbische Alb und den benachbarten Testturm. Baustellen-Fans, insbesondere Kinder, dürfte die Größe des Projektes beeindrucken. Das gilt speziell für die hohen Betonmauern.

Von daher bietet sich ein Halt am Info-Point durchaus an. Aber nicht als Hauptziel eines Ausflugs, eher als Beifang eines Rottweil-Besuchs. Oder in Form einer kurzen Rast auf dem Neckartal-Radweg.