Nach der fünfeinhalbstündigen Verhandlung ist für Richter Christian Bäumler klar: „Den Freispruch hätten wir schon eher haben können.“ Das Schöffengericht tagte zum zweiten mal wegen schwerer Brandstiftung an einem Wohnhaus. Doch bereits nach den ersten Stunden der Verhandlung gab es keine belastende Zeugenaussage mehr vor Gericht.

Der Verteidiger des Angeklagten sieht in der Verhandlung einen Hexenprozess. Richter Bäumler sah das Verfahren angesichts immenser Widersprüche in diesem Fall jedoch als gerechtfertigt an.

Der Angeklagte belastet sich selbst

So hatte sich der angeklagte Mitdreißiger selbst auf einem Video in der Nähe des Tatorts identifiziert. Darauf ist nur einziger Mann in der Tatnacht zu sehen. Laut den Aussagen des Angeklagten schlief er aber zu dem Zeitpunkt.

Dennoch erkannte er sich auf dem grob aufgelösten schwarz-weiß Video anhand der Gesichtsform und der Gangart wieder. Sichtlich verwirrt sagte er, dass er sich das nicht erklären könne. Er mutmaßte, dass höchstens Schlafwandel seine Anwesenheit dort erkläre.

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Weiter fragten die Beamten hypothetisch, wie der Feuerwehrmann selbst einen Brand an dem Haus gelegt hätte. Und der Angeklagte beschrieb genau den Vorgang, den das Brandgutachten zum Vorfall vermutete: das Anzünden der Papiertonnen im Anbau.

Ermittler verdächtigen den Feuerwehrmann

Zudem belastete der Feuerwehrkommandant der Gemeinde den Angeklagten. Der äußerte nämlich gegenüber der Polizei den Verdacht, dass der Angeklagte die Person auf dem Video sei.

Der Angeklagte zeigte sich dennoch kooperativ. Er stimmte der Durchsuchungen seines Hauses, seines Handys und seines PCs zu.

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Dabei fanden die Ermittler eine Jacke mit leichten Brandspuren, sowie einen Ordner mit Zeitungsausschnitten zu Bränden in umliegenden Gemeinden. Außerdem hatte der Angeklagte Brandmitteilungen in sozialen Medien geteilt, wie auch den Brand, für den er beschuldigt wurde.

Das findet der Sachverständige heraus

Beim Brandeinsatz in der Tatnacht war auch der Angeklagte im Einsatz. Seine Feuerwehrkameraden sprachen ausschließlich gut von ihm vor Gericht. Bei dem Einsatz sei er unauffällig gewesen.

Und auch ein Sachverständiger für Neurologie und Psychiatrie konnte keine Anhaltspunkte für Auffälligkeiten, eine psychische Störung oder für zwanghaftes Feuerlegen feststellen. Dass Brandstiftung während des Schlafwandelns möglich sei, schloss der Sachverständige aber aus.

Feuerwehrkommandant nennt ihn Pfundskerl

Weiter korrigierte der Feuerwehrkommandant im Zeugenstand sogar seine Aussagen gegenüber der Polizei: Er habe damals den losen Verdacht nur geäußert, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass er sich kategorisch vor seine Truppe stelle. Weiter bezeichnete er den angeklagten als „Pfundskerl“ und sprach ihn von jedem Verdacht frei.

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Damit gab es keine belastende Zeugenaussage mehr und ein Motiv konnte im Prozess nicht mehr vorgebracht werden. Zudem wies das Brandgutachten Mängel auf.

Richter Christian Bäumler leitet den Prozess und fällt das Urteil.
Richter Christian Bäumler leitet den Prozess und fällt das Urteil. | Bild: Matthias Jundt

So fallen Plädoyers und Urteil aus

Die Staatsanwaltschaft plädierte wegen des Videos und der Widersprüche trotzdem auf einen Schuldspruch zu zwei Jahren und vier Monaten Haft. Neben der Haftstrafe hätte den Angeklagten auch eine Schadensersatzzahlung von über 400.000 Euro erwartet.

Der Verteidiger Christian Lewedei führte an, dass kein Indiz eine Brandstiftung durch den Angeklagten beweise. Weiter seien das vorbildliche Verhalten und die gesellschaftlichen Dienste des Angeklagten nicht von der Staatsanwaltschaft berücksichtigt worden.

Richter Christian Bäumler sprach den Angeklagten letztendlich frei. Die Ursache des Brandes konnte in der Verhandlung nicht abschließend geklärt werden.