„Wir haben einen Poltergeist“, sagt Rainer Schobries. Er muss es wissen, denn der 31-Jährige hat in den vergangenen Jahren viel Zeit in den Räumen verbracht, in denen es spuken soll.
Die Rede ist vom ersten Obergeschoss in der Vockenhauser Straße 2. Dort befand sich früher Burger Spritzguss, seit einigen Jahren dient die Fabrik als Gewerbepark.
In der besagten Etage will Schobries am Samstag, 27. Mai, sein Match Area eröffnen. Ein Freizeitangebot mit Escape Rooms, Virtual-Reality-Spielen und Carrera-Bahn. „Das ist für mich eine Herzensangelegenheit“, sagt der Unternehmer.

Muss es wohl sein, denn für die Umsetzung der Idee hat Schobries einige Opfer gebracht: finanziell, im Privatleben und Zeit.
Sechs Jahre hat es gedauert, aber jetzt soll es endlich soweit sein. Dabei hakt es noch an Kleinigkeiten. „Die Homepage ist noch nicht fertig“, sagt Schobries. Wer einen Escape Room buchen möchte, muss sich vorerst im Lasermaxx anmelden. Die Halle für das Sportspiel mit Laserwaffen betreibt er ebenfalls – ein Stockwerk weiter oben.

Die 600 Quadratmeter große Match Area habe er dabei nahezu allein umgebaut und eingerichtet. „Ab und zu haben Freunde und Bekannte geholfen, ein Mal war ein Zimmermann da“, erzählt Schobries. „Die meiste Zeit war ich aber allein.“
Nutzungsänderung wird zum Endgegner
Und es war eine schwere Zeit. Die Nutzungsänderung musste erst genehmigt werden, die Wände des ehemaligen Industriegebäudes mussten auf Altlasten untersucht werden. Schobries musste die Tragfähigkeit der Böden prüfen lassen und als Brandschutzmaßnahme die alten Aufzugschächte verschließen. Anforderungen an den Lärmschutz und das Warten auf Handwerker sorgten für Verzögerungen.

Und dann kam Corona. „Das hat mir fast das Genick gebrochen“, sagt Schobries. „Ich bin froh, dass es die staatlichen Hilfen gab.“
Mit seinem Lasertag-Angebot sei er immer zufrieden gewesen. Mit 21 Jahren habe er das Konzept erstellt und sei vom Vermieter mit offenen Armen empfangen worden.
„Ich habe mich aber irgendwann gefragt: Was kommt noch?“ Dann besucht er seinen erste Escape Room. „Das war in München, irgendwie musste ich aus einem Labor entkommen.“ Er war begeistert von dem neuen Trend. Dann wurde das untere Stockwerk frei. Sein Entschluss: volles Risiko.

Als er sich in die Arbeit stürzte, war ihm nicht klar, was auf ihn zukommt. „Für das Lasermaxx habe ich damals nur zehn Wochen gebraucht“, blickt Schobries zurück. Was hat ihn jetzt sechs Jahre lang durchhalten lassen? „Wenn du so viel in etwas gesteckt hast, dann gibst du nicht einfach auf“, sagt er.
Aber die viele Arbeit, die Verzögerungen und die Schwierigkeiten bleiben nicht ohne Folgen. „Warum tust du dir das an?“, habe er sich oft gefragt. Es folgte eine schwere Depression, die inzwischen aber überwunden sei.
Wo der Horror lauert
Psychische Herausforderungen stellen auch manche Escape Rooms dar. Der mit dem Motto „Bombe entschärfen“ ist noch leicht verdaulich.
Gruselfrei geht es auch in der „Mind Area“ zu, deutlich klaustrophobischer dann schon beim „Bunkerausbruch“. Die härteste Prüfung ist aber der „Saw“-Raum. Der hat den gleichnamigen Horrorfilm zum Thema.

Passenderweise gibt es unheimliche Puppen, Folterszenen, blutige Knochen. Und das alles in Rotlicht getaucht, mit künstlichem Nebel und nervenaufreibender Musik. Kaum vorstellbar, dass Menschen dort freiwillig Zeit verbringen, um Spaß zu haben.
„Dieser Raum ist erst ab 18 Jahren“, sagt Schobries. „Und für Epileptiker und Menschen mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung ungeeignet.“ Selbst dem Gestalter des Horrorszenarios macht die beklemmende Atmosphäre immer noch zu schaffen. „Wenn ich an dem Raum vorbeilaufe, gehe ich zwei Schritte schneller“, sagt er.
Die Psychologie hinter Escape Rooms

Abgeschlossen werden die Escape Rooms übrigens nicht. „Die Türen stehen immer offen“, versichert Schobries. „Jeder Raum hat ein Telefon zum Empfang und wir schauen per Kamera aus permanent zu.“

Deutlich entspannter als in den Rätsel-Verliesen geht es an den Automaten zu. Das Kuriose dabei: Die Geräte, auf denen die Videospielklassiker „Pac Man“, „Super Mario“ und „Space Invaders“ laufen, sind nicht restauriert, sie sind brandneu.
Spielen soll die Generationen verbinden
Retro-Gefühle dürfte auch die 40 Meter lange Carrera-Bahn wecken.

Der Betreiber verspricht sich jedenfalls viel vom generationenübergreifenden Mix an Angeboten. Dass Ältere sich mal die Virtual-Reality-Brille aufsetzen und in der 3D-Welt gegen Aliens kämpfen. Dass Jüngere die Carrera-Flitzer für sich entdecken.
Der 31-Jährige ist sichtlich überall zuhause. „Ich bin einfach ein Gamer“, sagt er. „Dabei bin ich glücklich und kann abschalten.“ Wirklich zur Ruhe kommt er aber offenbar nicht. Bereits jetzt denkt Schobries über Escape Rooms für Kinder nach.
Platz genug hat er noch. Ein paar Räume auf der Etage sind noch ungenutzt. Dort sollen nach und nach neue Rätsel-Szenarien Einzug halten und die vorigen Angebote ablösen. Denn nach dem Spiel ist ein Raum für die Kunden verbraucht. Sie kennen dann ja die Lösung.

Noch ungelöst ist das Rätsel des Poltergeists: „Ich habe zusammen mit meiner Frau Lärmschutz an eine Tür geklebt“, erzählt Mitarbeiter Sebastian Jäckle. Am nächsten Morgen seien die Platten säuberlich gestapelt vor der Tür gelegen.

Und ein als Dekoration verwendetes Absperrband sei plötzlich zusammengeknüllt am anderen Ende des Stockwerks gelegen, ergänzt sein Chef. Manchmal ist die Match Area auch für ihren Erfinder Rainer Schobris zu unheimlich.