Zwischen der historischen Innenstadt und dem Berner Feld, da wo der Testturm steht, sollte die Rottweiler Hängebrücke bereits seit vier Jahren in Betrieb sein. Aber auch im September 2022 ist nichts von der Brücke zu sehen. Und auch weiterhin wird nichts von ihr zu sehen sein.

Aber warum? Roland Haag ist Projektleiter bei der Firma Eberhardt Bewehrungsbau, die die Neckar Line bauen will. Gegenüber dem SÜDKURIER sagt er: „Es liegt inzwischen bei uns.“ Und an den stark gestiegenen Stahlpreisen. „Wir zahlen inzwischen fast das Doppelte.“

Allein 1,5 Millionen Mehrkosten seien es jetzt. Ursprünglich waren neun Millionen Euro Gesamtkosten vorgesehen, nun sind es 10,5 Millionen. Projektleiter Haag betont: „Mit der Struktur sind wir durch. Nun müssen wir die Investitionen noch durchkriegen.“

So soll der Beginn der Brücke laut Präsentation aussehen – wenn sie denn fertig wird.
So soll der Beginn der Brücke laut Präsentation aussehen – wenn sie denn fertig wird. | Bild: Eberhart Bewehrungsbau

An der Struktur wurde lange gefeilt, nun ist geplant, die Brücke vollständig freischwebend über das Neckartal zu hängen, ohne den ursprünglich geplanten Pylon in der Mitte. Eine S-Form wird sie haben, getragen von einem Stahlseil. „Überspannt“ nennt das Projektleiter Haag, und vergleicht die Rottweiler mit der Bad Wildbader Brücke, die ebenfalls überspannt ist, und der, die Eberhardt derzeit in Todtnau baut, die frei schwebt. Die Rottweiler Brücke soll beides sein.

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Auch deshalb, weil die Widerstände in Rottweil gegen den Träger im Neckartal groß waren. Daher musste umgeplant werden, und das nicht nur einmal. Auch das kostete Zeit und vor allem Geld, 400.000 Euro, wie Haag betont. Allein die statische Berechnung sei aufwendig gewesen: „Wir mussten vieles verändern.“ Doch die jetzige Version dürfte nun die endgültige sein und keinen Protest mehr hervorrufen – zumindest im Gemeinderat – davon geht Haag aus.

Rückblick: Bürgerentscheid 2017

Widerstand gab seit der Ankündigung im Jahr 2016, die Brücke bauen zu wollen, genügend. Man befürchtete, auch seitens des Denkmalamts, dass die Brücke die Stadtsilhouette beeinträchtige, und der Bockshof, wo sie auf Stadtseite anlandet, zum vermüllten Touristen-Tummelplatz werde. Der Bockshof war früher ein Friedhof und ist bislang ein ruhiger, grüner Platz mit tollem Blick über die Stadtmauer, für die Innenstadtbewohner eine Oase unter alten Bäumen.

So kam es im März 2017 schließlich zum Bürgerentscheid, bei dem 71,6 Prozent der Rottweiler für den Bau der Brücke stimmten. Allerdings lag die Wahlbeteiligung nur bei 48,4 Prozent.

Der Zugang, wie ihn sich die Planer in ihrer Präsentation vorstellen.
Der Zugang, wie ihn sich die Planer in ihrer Präsentation vorstellen. | Bild: Eberhart Bewehrungsbau

Umgeplant wurde inzwischen auch der Platz, an dem die Brücke über die Stadtmauer kommt. Man habe ihn ein Stück nach oben verlegt, betont Roland Haag, direkt unterhalb des Dominikanermuseums. Das war der Wunsch vieler Gegner, nämlich dass dieser Einstieg nicht direkt neben dem Pulverturm sei. Ist er nun nicht mehr, aber ein Stück der Stadtmauer muss trotzdem weg. Und damit ist inzwischen auch das Denkmalamt einverstanden.

Verankert wird die Brücke dann mit viel Beton im Felsboden, dafür müssen zunächst aber noch Grabungen stattfinden, bei denen allerdings nicht allzu viel Spannendes zum Vorschein kommen dürfte, wie Haag vermutet. Zwar standen an der Stelle einst Häuser, doch beim Bau des Dominikanermuseums wurde der Hügel aufgeschüttet.

Wann geht es los?

Wann es losgehen kann, da will sich Roland Haag noch nicht festlegen, aber der Gemeinderat dürfte nach der Sommerpause das Okay geben, immerhin. Und man rechne mit insgesamt zwölf bis 16 Monaten Bauzeit.

Wenn sie dann fertig ist, wird sie mit ihren 606 Metern zwar nicht mehr die längste Fußgänger-Hängebrücke der Welt sein, wie sie es eigentlich werden sollte. „Aber sicherlich die spektakulärste“, verspricht Roland Haag. Dessen Chef Günter Eberhardt trotz aller Schwierigkeiten immer an das Rottweiler Projekt geglaubt hat. Beim Bau des Testturms entstand die Idee, in die sich Eberhardt verliebte.

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Daher darf man sich als Höhenfan drauf freuen, eines Tages beim Brückenhopping, wie es Roland Haag nennt, nicht nur in Wildbad, Todtnau und anderswo, sondern auch in Rottweil schwindelfreie Abenteuer zu erleben – mit einer Jahreskarte beispielsweise.

Man beobachte, dass die Leute mehrfach die Brücken besuchten, so Haag, um sie in den verschiedenen Jahreszeiten zu genießen, jedes Mal sei das ein anderes Erlebnis. Und für die ohne Schwindelfreiheit verspricht er: Es gibt genug Tricks, damit fertig zu werden. „Und wenn sie mal länger oben waren, dann ist das wie ein Tag am Bodensee.“