Wer sich an manchen Tagen über das Verkehrschaos rund um den Rottweiler Testturm wundert: Nein, aktuell wird nichts Besonderes beim Turm geboten. Aber fast darunter konnte man sich impfen lassen, im Impfcenter, das der Pandemiebeauftragte des Landkreises Rottweil zusammen mit einem Busunternehmen, Hauser-Reisen, betreibt. Der Ansturm ist groß.

In der Bushalle gibt es die ersehnte Spritze.
In der Bushalle gibt es die ersehnte Spritze. | Bild: Moni Marcel

An manchen Tagen „haben wir 1200 Impflinge“, erzählt Hülya Keller von Hauser-Reisen, während sie Autos einweist und Fragen von Impfwilligen beantwortet. Ihre weißgekleideten Mitarbeiter lenken den Strom der Fahrzeuge, sammeln mit Klemmbrettern die Impfausweise und Krankenkassen-Karten ein und nehmen auch mal jemanden dazwischen, der es versäumt hat, sich vorher online einen Termin zu holen und trotzdem die lange Warteschlange auf sich genommen hat.

Geduldige und halsbrecherische Drängler

Dennoch bleibt es erstaunlich ruhig, die Impfwilligen nehmen die Warterei scheinbar gelassen auf sich. Nur ab und zu drängelt sich ein Fahrzeug durch, einer verursacht beinahe einen Frontalzusammenstoß, als er sich auf der Gegenfahrbahn an den Wartenden vorbeidrückt – der ordnungsgemäß Entgegenkommende weicht schnell auf den Grünstreifen aus. Der nervöse Drängler will offenbar nicht ins Impfzentrum, sondern Richtung Dietingen weiterfahren.

Normalerweise parken hier Busse

Hier, in der offenen Halle, wo normalerweise die Reisebusse parken, wirkt alles bestens organisiert. In zwei Reihen werden die Impfwilligen, die teils sogar aus anderen Bundesländern kommen, abgefertigt: Daten abgeben, Piks abholen, und alles ohne auszusteigen. Dann geht es weiter auf den Parkplatz dahinter, wo man sich ausruhen kann – im Auto selbstverständlich. Wem es nicht gut geht, der wird vom Roten Kreuz versorgt. „Das ist echt toll organisiert“, sagt eine junge Frau, die eben geimpft wurde. „Wir haben nur eine Stunde gewartet. Beim Arzt würde es viel länger dauern.“

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Termine gibt es online in der Woche zuvor, und wenn genug Impfstoff da ist, kriegen auch alle Impfwilligen einen. Das Verkehrschaos jedoch ärgert manchen: „Ich hab von Deißlingen hierher eine Stunde gebraucht“, erzählt eine junge Mutter, normalerweise braucht man für die Strecke etwa 15 Minuten. „Wir hatten im Sommer alle Corona, darum haben wir uns erst jetzt zur Impfung entschieden.“

„Es geht nicht darum, damit Geld zu verdienen.“
Hülya Keller, Hauser-Reisen

Fünf bis sechs Leute hat Hülya Keller freitags und samstags im Einsatz, ebenso viele sind fürs Impfen zuständig, das übernimmt das ebenso große Team von Dr. Bernhard Schönemann, dem Pandemiebeauftragten des Landkreises. Auch gegen Grippe kann man sich hier impfen lassen, zudem bietet das Zentrum nachmittags die Booster-Impfung an, nebenan ist das Testzentrum weiter offen.

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„Wir haben genaue Zeitfenster“, erklärt Hülya Keller, während sie ihrem Mann Axel, der in Leuchtweste die Fahrzeuge einweist, zuruft, damit er eine Frau dazwischen lässt, deren Tochter sich eben erst online angemeldet hat, es aber zuvor bis vor die Halle geschafft hat. Der schnelle Blick auf den Rechner am Stehtisch vor der Halle zeigt: Es hat geklappt, sie kann sich impfen lassen.

Hülya Keller – vorne mit grauer Mütze – organisiert den Ansturm der Impfwilligen.
Hülya Keller – vorne mit grauer Mütze – organisiert den Ansturm der Impfwilligen. | Bild: Moni Marcel

Mitarbeiter aus Kurzarbeit geholt

Dabei, sagt Hülya Keller, gehe es ihnen überhaupt nicht darum, damit Geld zu verdienen. Es trage sich kostendeckend, sie könne ihre Mitarbeiter bezahlen. „Wir wollen mithelfen, damit es eine Grundimmunisierung gibt und wir endlich wieder fahren dürfen.“ Denn das geht in Pandemiezeiten kaum noch, im Lockdown ging gar nichts mehr in Sachen Busreisen. Im Frühjahr konnten sie und ihr Mann viele Mitarbeiter aus der Kurzarbeit holen, um sie im Testzentrum einzusetzen, nun helfen sie auch beim Impfen. „Sie sind dafür sehr dankbar!“ Sie selbst werde sich heute boostern lassen. Sie sei nach Dubai eingeladen worden. Ob sie reisen kann, ist allerdings noch offen.

Jetzt kommen die Impfverweigerer

Dennoch ist die Erleichterung darüber, dass sich hier so viele impfen lassen wollen, spürbar. „Jetzt kommen auch viele bisherige Impfverweigerer.“ Und dann könnten sie und ihre Mitarbeiter vielleicht bald wieder Busreisen anbieten. Statt Corona-Tests und Impfungen.