Die Firma J.G. Weisser trennt sich von 110 Mitarbeitern. Das ist das Ergebnis langer Verhandlungen nach dem geplanten Stellenabbau, den Weisser im Mai angekündigt hatte. Von den genannten 110 Stellen sind bereits 40 durch die Fluktuation, beispielsweise durch Renteneintritte, im Laufe des Jahres weggefallen.
Über Sozialplan abgebaut
Die übrigen 70 Stellen werden über einen Sozialplan abgebaut. Dieser Stellenabbau erfolge dabei in allen Bereichen des Unternehmens, wie J.G. Weisser mitteilt. Die Kündigungen, die sehr bedauerlich seien, habe man letztlich nicht vermeiden können, wie Robert Rettich, Prokurist, auf eine Anfrage des SÜDKURIER sagt. „Der Schritt dient der Stabilität und Zukunftsfähigkeit des Unternehmens“, so Rettich.
Zwölf Monate Transfergesellschaft
Die 70 Mitarbeiter sollen bis zum Jahresende das Unternehmen verlassen und ab Januar für zwölf Monate in eine Transfer- und Qualifizierungsgesellschaft als neuen Arbeitgeber wechseln. Basierend auf dem Lebensalter erhalten die ausscheidenden Mitarbeiter nach dem Sozialplan eine entsprechend gestaffelte Abfindung. Zusätzliche Leistungen werden für unterhaltsberechtigte Kinder und Schwerbehinderte durch das Unternehmen aufgebracht.
Noch bis Ende November stehe, so heißt es, der gesamten Belegschaft die Möglichkeit des Sozialplans offen, um aus dem Unternehmen auszuscheiden und in die besagte Transfergesellschaft zu wechseln. Dies beruhe jedoch auf Gegenseitigkeit, um die organisatorischen Abläufe des Unternehmens sicherzustellen. Wenn durch diese Maßnahme der geplante Abbau nicht erreicht werde, soll es Anfang Dezember für die noch abzubauenden Arbeitsplätze unumgängliche Kündigungen geben. Hier werde den Mitarbeitern jedoch zusätzlich das Angebot unterbreitet, in die Transfergesellschaft zu wechseln.
J.G. Weisser schaue, so Robert Rettich, nun verhalten optimistisch in die Zukunft. Wenn auch die neuerlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie erneut für Unsicherheit in der Wirtschaft gesorgt haben. Für die Zukunftsfähigkeit werden auch die Mitarbeiter, die weiterhin für Weisser tätig sein werden, im kommenden Jahr Abstriche machen. Sie verzichten auf das Urlaubsgeld und die Hälfte ihres Weihnachtsgeldes.
„Nicht unbedingt zufrieden“
Thomas Bleile, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Villingen-Schwenningen, sagt, dass das Unternehmen die Notwendigkeit der Kündigungen plausibel dargelegt habe. Auch eine eigene Untersuchung habe man angestellt. Trotzdem sei er nicht unbedingt zufrieden. Seit Beginn der Verhandlungen hatte die Gewerkschaft versucht, die Kündigungen zu vermeiden. Zwischenzeitlich war das über eine Einigung im August vorerst gelungen. Zum Jahresende waren jedoch erneut Gespräche geplant, die nun erfolgten.
Eine gute Lösung sei mit dem Sozialplan und der Transfergesellschaft gefunden worden. Sie existiere für zwölf Monate und sichere alle Betroffenen so für einen langen Zeitraum ab. Normalerweise würden solche Gesellschaften die Gekündigten nur über die doppelte Länge ihrer Kündigungsfrist absichern. Für die betroffenen Weisser-Angestellten wird nun zunächst bis zum Ende der Kündigungsfrist Transfer-Kurzarbeitergeld gezahlt, wie Bleile erklärt. Es wird von Weisser auf 80 Prozent des letzten Nettolohns aufgestockt. Nach Ende der Kündigungsfrist müsste J.G. Weisser die Zahlungen selbst leisten.
Sachliche Verhandlungen
Die Gespräche zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite bewerten beide als unterm Strich positiv. „In vielen Verhandlungsrunden zwischen der Geschäftsleitung, dem Betriebsrat und den Tarifvertragsparteien wurde auf sachlicher und konstruktiver Ebene nach für alle Seiten tragbaren Lösungen gesucht“, schreibt J.G. Weisser in einer Mitteilung. Thomas Bleile bestätigt die sachliche Arbeit, die jedoch sehr langwierig gewesen sei. Er sagt: „Es ist nie laut geworden, aber man hat sich auch das ein oder andere Mal gestritten oder war unterschiedlicher Meinung.“
Geschäftsführer nicht mehr an Bord
Vor einigen Wochen hat Dennis Thiesen, einer der Geschäftsführer, J.G. Weisser verlassen. Zu seinem Weggang wollte sich Robert Rettich nicht äußern. Einen Zusammenhang zu den Verhandlungen um die Kündigungen gebe es aber nicht.