Mit dem Einmarsch der Franzosen am 20. April 1945 wurde in Villingen das Ende des Zweiten Weltkriegs eingeläutet. Nach unserem Beitrag über den Villinger Martin Dürrhammer, der die letzten Kriegstage in Gefangenschaft erlebte, hat sich Dora Hajduk, geborene Engesser, gemeldet. Geboren im Mai 1939, hat sie das Kriegsende als junges Mädchen in Villingen erlebt, heute lebt sie in Brigachtal:

Wohnung beim Ziegelwerk

„Meine Großeltern und zwei Tanten wohnten in der Mönchweiler Straße 30 (heute Pforzheimer Platz 1). Gegenüber war das Ziegelwerk, heute Stadtwerke, mein Opa war da Betriebsleiter. Meine Eltern erhielten 1937 eine Wohnung über der Kantine vom Ziegelwerk. Geboren bin ich noch vor Kriegsanfang im Mai 1939 in Villingen.

Dora Hajduk lebt heute in Brigachtal. Als Sechsjährige erlebte sie das Kriegsende in Villingen am heutigen Pforzheimer Platz.
Dora Hajduk lebt heute in Brigachtal. Als Sechsjährige erlebte sie das Kriegsende in Villingen am heutigen Pforzheimer Platz. | Bild: Dora Hajduk/privat

Meinen Vater Eugen Engesser kannte ich nur von einem Foto als Soldat. Die meiste Zeit verbrachte ich bei meiner Oma, da meine Mutter sehr oft in Malterdingen bei ihrer Mutter in der Landwirtschaft mithelfen musste. Mit meiner Oma habe ich „Blinde Kuh“ um den Wohnzimmertisch gespielt, als meine Tanten riefen „Sie kommen, sie kommen von Mönchweiler her“. Früher sah man bis auf die etwas höher gelegene Straße nach Mönchweiler, die an unserem Haus vorbeiführte. Der ganze Goldene Bühl war ja nicht bebaut.

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Oma nahm mich auf den Arm, wir gingen vors Haus und schon kamen ein Jeep voraus und Soldaten auf LKW am Ziegelwerk vorbei und hielten vor unserem Haus. In unserem Haus befand sich eine LKW-Garage. Mein Vater fuhr vor dem Krieg Lebensmittel durch ganz Deutschland. Oma musste die Garage aufmachen, hinein brachten die Soldaten eine Gulaschkanone, Marschgepäck und der Jeep von einem Offizier hatte auch noch Platz.

Die kleine Dora Hajduk – damals Engesser – mit ihren Großeltern.
Die kleine Dora Hajduk – damals Engesser – mit ihren Großeltern. | Bild: Dora Hajduk/privat

Dann wurden der Nachbarin ihre Hühner geköpft, das war schrecklich für mich, wie die Soldaten diese dann davontrugen und in der Garage zubereiteten. Wir hielten uns nur noch in der Küche auf. Mussten, um ins Schlafzimmer zu kommen, durch das Wohnzimmer laufen. Jetzt lagen da aber dicht an dicht die Soldaten auf dem Boden. Eine meiner Tanten nahm mich auf den Arm, die andere Tante und Oma hinterher stapften wir über die Soldaten in unser Schlafzimmer.

Kaugummi und Schokolade

Oma hatte große Angst, sie stellte einen Stuhl unter die Türfalle, dass ja keiner reinkommen kann. So ging das drei Nächte, drei Erwachsene und ein Kind im Ehebett, den Frauen ist nichts passiert, ich bekam sogar Kaugummi, Schokolade und Kekse von den Soldaten.

Dora Hajduk zusammen mit ihrer Tante und ihrer Mutter.
Dora Hajduk zusammen mit ihrer Tante und ihrer Mutter. | Bild: Dora Hajduk/privat

Das Haus hatten die Soldaten zwar genauestens untersucht, aber wohl nichts Interessantes gefunden. Die Tanten hatten ihre wertvolle Aussteuer im Holzzwischenboden auf dem Speicher versteckt.

Der Vater kehrt 1946 zurück

Mein Vater hatte ähnlich wie Martin Dürrhammer durch den Besitz des LKW-Führerschein eine „gute“ Gefangenschaft in Paris und in italienischer Gefangenschaft als Fahrer des Lagerpfarrers. Aus der Gefangenschaft wurde er im Februar 1946 entlassen. Zum Abschied bekam er vom Lagerpfarrer Josef Traub ein Buch mit Widmung geschenkt. Darin heißt es: Seinem Fahrer in der Kriegsgefangenschaft Eugen Engesser für treu geleistete Dienste.“