Ein eigenes Kino, das wäre es. Schon als Kind, sagt Robert Drengner, habe er ein Kino haben wollen. Damals besaßen seine Eltern ein Hotel, und das Filmtheater direkt daneben habe er als Kind immer kostenlos besuchen dürfen. Die Begeisterung für Filme war geweckt. Dass er eines Tages das nach eigenen Angaben größte Sex-Kino Deutschlands betreiben würde, hätte Robert Drengner damals kaum gedacht. Sein erklärter Lieblingsfilm seit Langem ist der Bogart-Bergmann-Klassiker „Casablanca“.

Ein stattliches Gebäude auf einem fast 2000 Quadratmeter großen Grundstück, ein Kinosaal und viele Videokabinen, ein Bistro und ein Sex-Shop: Hier hat der heute 66-Jährige fast vier Jahrzehnte lang das Wali-Kino betrieben.
„Alle Sünder willkommen“, steht auf einem Schild an der Tür in der Waldstraße 13. Darüber, größer: „Wegen Geschäftsaufgabe geschlossen.“ Schon vor Monaten sind die letzten Filme in Kabinen und Saal über Leinwand und Bildschirme geflimmert. Das Wali-Kino ist Geschichte.

Was von fast vier Jahrzehnten Sex-Kino übrig ist, stapelt sich noch im Inneren des weitläufigen Gebäudes: einschlägige Zeitschriften, Flaschen mit Gleitgel, ein HB-Männchen in Lebensgröße und ein Süßigkeitenautomat, mit Gummibärchen und Schokoriegeln noch reichlich gefüllt.

Die Decke im Bistro „Baracuda“ hat Drengner mit Filmplakaten gepflastert. Da hängt das Poster „Urlaubsreport – Worüber Reiseleiter nicht sprechen dürfen“ neben „Rivalen gegen Tod und Teufel“ mit Roger Moore. „Der erste Reigen wilder Lust“ neben „Sie nannten ihn Plattfuß“ mit Bud Spencer und Terence Hill. „Träume im Zwielicht“ neben „Zombie“.
Auf dem Boden lehnt ein Schutzengelbild – zwei Kinder auf einer Brücke, darunter ein reißender Fluss, über ihnen der Himmelswächter – neben einem Straßenschild „Pfarrgasse“.
„Ich habe auch noch 16.000 DVDs“, sagt Robert Drengner. Er zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung, was ich damit mache.“ Er ist momentan mit Entrümpeln beschäftigt, noch diesen Monat will er das Gebäude leer haben. Er selbst wohnt im oberen Stockwerk und zieht nun nach Schwenningen.

Der Weg durch das Gebäude führt durch dunkle Gänge (“Hier hatten wir immer Schwarzlicht, da hat dann alles geleuchtet“), vorbei an ausrangierten Lampen, Deko-Objekten. Und dazwischen immer wieder: Alte Jukeboxen, für die Robert Drengner ein besonderes Faible hat. Auch eine amerikanische Wurlitzer ist dabei, die Cat Stevens, Nana Mouskouri und Roxette im Angebot hat.
Mit der Taschenlampe leuchtet er in einen Gang. „Komm rein“, lockt eine an die Wand gemalte leicht bekleidete Dame. Hinter dem großen Kinosaal befinden sich Videokabinen, kleine und große, manche mit mehreren Bildschirmen, an den Wänden Filmplakate.

„China Love“ steht auf einem, „Hot Babies“ auf einem anderen. Die meisten Gäste, sagt Robert Drengner, seien Paare gewesen. Viele aus Villingen-Schwenningen, aber auch aus des näheren und weiteren Umgebung, darunter ein Stammgast aus Ulm.

Sieben Kinos hat der 66-Jährige einst in Villingen-Schwenningen und Donaueschingen betrieben, „alles normale Kinos“, sagt er. Das Wali sei von Anfang an nicht so gut gelaufen, der Ruf nicht der beste gewesen, da auch schon zuvor abends Filmchen wie der „Schulmädchenreport“ gezeigt wurden.

„Kinder bekamen von ihren Müttern immer gesagt, dass sie da nicht reindürfen“, erinnert sich Robert Drengner, der das Kino 1985, damals noch mit einem Geschäftspartner, kaufte.
Nachdem die Miete letztlich den Umsatz überstiegen habe, habe er sich entschlossen, es mit Sexfilmen zu probieren, zunächst im Nachtprogramm. „Das war anfangs schon komisch“, sagt Drengner. „Aber ich war überrascht, wie gut das lief.“ An den neuen Geschäftsbetrieb und die Gäste habe er sich aber schnell gewöhnt. „Im Grunde alles nette und normale Leute.“

Denkwürdige Momente bleiben in fast 40 Jahrzehnten natürlich nicht aus. In den 80er-Jahren ertappte Drengner in den Räumen einen Einbrecher, der sich in einem Regal mit Leuchtbuchstaben versteckt hatte und sich schlafend stellte. „Man hat aber gesehen, wie das Augenlid zuckte, da war klar, der schläft nicht“, erinnert sich Drengner.
Wie sich später herausstellen sollte, war der Mann über Monate hinweg immer wieder ins Wali eingebrochen, hatte flaschenweise Potenzmittel getrunken und stapelweise Pornohefte gestohlen. Die verlor er dann zum Teil auf der Straße – hatte er doch so viele zusammengerafft, dass er sie gar nicht tragen konnte.