Villingen-Schwenningen/Mannheim – Am zweiten Verhandlungstag des Strafprozesses vor dem Landgericht Mannheim ergriff gestern Peter Ziegler das Wort. Der ehemalige Finanzvorstand des Hess AG wies die gegen ihn erhobenen Vorwürfe wegen Bilanzmanipulationen im Jahr 2011 zurück. Sein Anwalt Jürgen Fischer erklärte, die Anklage sei in diesen Punkten völlig falsch und beruhe auf falschen Annahmen. Es habe im Zusammenhang mit dem Börsengang der Hess AG im Jahre 2012 im Vorfeld keinerlei Scheingeschäfte und Luftbuchungen gegeben, wie die Anklage dies behaupte. Der Anwalt von Christoph Hess schloss sich diesen Ausführungen voll inhaltlich an.

Peter Ziegler sagte in seiner Erklärung, er wolle „so viel wie möglich zu Aufklärung der Vorwürfe beitragen“. Dabei ging er vor allem auf die Vorwürfe ein, er habe Entwicklungskosten verbucht, die in diesem Umfang gar nicht stattgefunden und denen keine realen Kosten und Lieferungen gegenüber gestanden hätten. Der Angeklagte betonte, dass die Hess AG zur fraglichen Zeit rund 50 Produktentwicklungen wie neue Leuchten geleistet habe, die mit einem enormen Kostenaufwand verbunden gewesen seien. Mit dem Einstieg des holländischen Finanzinvestors HPE im Jahr 2011 hätten die Geldgeber vom Vorstand gefordert, dass die Entwicklungskosten angesichts der hohen Verschuldung des Unternehmens in maximalem Umfang „aktiviert“, also in die Bilanzen als Kosten einfließen müssten. In die Umsetzungen seien externe Steuerberater ingensiv eingebunden gewesen. Die Aktivierung der Entwicklungskosten sei über eine neue Entwicklungsgesellschaft Evros abgewickelt worden.

Ziegler wies den Vorwurf zurück, dabei seien völlig übehöhte Kosten angesetzt worden. Er sei einer der wenigen im Unternehmen gewesen, welche den tatsächlichen Umfang dieser Kosten hätten beurteilen können. Die Entwicklung einer neuen Leuchte habe rund 300 000 Euro gekostet. Dass ihm in einer Sonderuntersuchung der Wirtschaftsprüfer Ebner & Stolz 2013 überhöhte Entwicklungskosten und Scheingeschäfte vorgeworfen wurden, wies er zurück. „Ebner & Stolz hat sich inhaltlich damit nicht auseinandergesetzt“. Seitens seiner Steuerberater habe es auch keinerlei Einwände gegen die von ihm praktizierte Form der Bilanzierung gegeben.

Zieglers Rechtsanwalt Jürgen Fischer (Frankfurt) griff die Anklage der Staatsanwaltschaft in der Sache hart an. Diese stütze sich vor allem auf den Sonderbericht der Kanzlei Ebner & Stolz, die nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen die Firmenvorstände Hess und Ziegler von den holländischen Finanzinvestoren mit der Aufklärung beauftragt worden waren. Dieser Sonderbericht sei von den Prüfern nicht einmal unterschrieben worden. Der Anwalt warf den Anklägern vor, sich nicht aus erster Hand aus dem Jahresabschluss 2012, der von Hess und Ziegler unterschrieben wurde, informiert zu haben, sondern aus Berichten aus zweiter Hand, die dafür keine Verantwortung per übernommen hätten. Die Anklage hätte anhand der offiziellen Bilanz Betrug und Manipulation nachweisen müssen. Die Anklage sei insofern mit einem massiven strukturellen Makel behaftet.

Auch in der Sache wies Fischer die Vorwürfe dezidiert zurück: Für den Vorwurf, dass die Firma Evros nur gegründet worden sei, um über Luftbuchungen und Kreisgeschäfte die Bilanzen zu manipulieren, sei falsch. Es habe keine Abhängigkeit der Evros GmbH und ihrer Geschäftsführerin, einer Schweizerin, von der Hess AG gegeben. Was die Staatsanwaltschaft als Scheingeschäfte in Millionenhöhe Ende 2012 angeklagt habe, seien alles Transaktionen mit nachvollziehbaren Rechnungen gewesen. Die Firma Evros habe die Entwicklungsaufträge, die die Hess AG in Villingen für das Werk in Löbau (Hess Lichttechnik/HTL) übernahm, abgerechnet. Im Jahr 2011 sei es dabei um 17 Rechnungen über 2,8 Millionen Euro gegangen. „Es gab dabei keine komplexe und auf Verschleierung der Strukturen angelegt Transaktionen. Der Vorwurf der Verschleierung ist unrichtig“, so der Verteidiger. Anhand von Grafiken demonstrierte die Verteidigung die Geldflüsse, wie sie aus ihrer Sicht geflossen seien. Schlussfolgerung des Anwalts: In allen angeklagten Fällen von angeblichen Scheinbuchungen im Jahr 2011 gebe es überprüfbare Rechnungen und dazugehörige Leistungen. Der Anklage lägen zum Teil schlicht falsche Annahmen zu Grunde.

Im weiteren Verlauf will in einer der nächsten Verhandlungen der Anwalt von Christoph Hes , zu den Vorwürfen Stellung beziehen.