Unterkirnach hat sie, Donaueschingen und Blumberg ebenfalls, in Dauchingen tritt sie am 1. Juli in Kraft: Immer mehr Städte erlassen eine Katzenschutzverordnung. Und fragt man im Kreistierheim in Donaueschingen nach, ist das auch dringend nötig.
18 Katzen mehr als vorgegeben
88 Katzen befinden sich derzeit in der Obhut von Tierheimleiterin Nadine Vögel und ihrem siebenköpfigen Team. Die entsprechende Genehmigung sieht eigentlich nur 70 Katzen vor. Eigentlich.
Private Pflegestellen werden rar
In der Realität bleibt dem Tierheim oft keine Wahl, als die Katzen trotzdem aufzunehmen und zu versorgen. „Wir haben kaum noch private Pflegestellen“, schildert etwa Theresia Lydia Schonhardt. Sie ist stellvertretende Vorsitzende des Tierschutzvereins Villingen-Schwenningen und weiß um das Leid der Fundkatzen. Und auch um die begrenzten Kapazitäten ihrer ehrenamtlichen Helfer, die Einzeltiere oder gar ganze Katzenfamilien bei sich aufnehmen. So landen die Katzen dann oft doch im Kreistierheim.
„Praktisch alles, was bei uns an Katzen aufschlägt, braucht Hilfe“, sagt Nadine Vögel. Sie ist um jede Gemeinde froh, die eine Katzenschutzverordnung erlässt. Diese verpflichtet die Besitzer von Freigängern, ihre Tiere zu kastrieren, zu chippen und auch zu registrieren. Denn ohne Registrierung nützen Tätowierung und Chip herzlich wenig.

„Es wäre zu schön, wenn wir nur den Chip auslesen müssten, um den Besitzer einer Katze zu finden“, sagt Nadine Vögel. Doch viele Katzenhalter belassen es beim Chippen und registrieren ihr Tier nicht. Andere ziehen um und vergessen, ihre neue Adresse mitzuteilen. In Deutschland gibt es zwei große Haustierregister, beide sind kostenlos: Findefix, das Register des Deutschen Tierschutzbundes, und das über Spenden finanzierte Tasso.
„Die Rückvermittlerquote beträgt keine zehn Prozent.“Nadine Vögel, Tierheimleiterin
Was auch immer der Grund für die Nicht-Registrierung ist: Die Rückvermittlerquote liege im Tierheim Donaueschingen bei nicht einmal zehn Prozent, bilanziert Nadine Vögel.
Verordnung schafft die Rechtsgrundlage
Mit einer Katzenschutzverordnung sei das Problem zwar nicht von jetzt auf gleich gelöst, doch die Vorteile liegen für die Tierheim-Chefin auf der Hand: Mit einer solchen Verordnung hätten Tierschützer die rechtliche Grundlage, um wild lebende Populationen aufzuräumen und nicht kastrierte Tiere zu kastrieren.
Erhebliches Leid als Voraussetzung?
Im Oberzentrum gibt es bislang keine Katzenschutzverordnung. Warum? Bevor eine entsprechende Verordnung erlassen werde, müsse vorher festgestellt und dokumentiert werden, dass in einem oder mehreren bestimmten Gebieten frei lebende Katzen in hoher Anzahl auftreten und dort erheblichem gesundheitlichen Leid ausgesetzt seien, sagt Madlen Falke, Pressesprecherin der Stadt.
Bürgeramt sieht keine Dringlichkeit
Dem Bürgeramt würden derzeit keine Erkenntnisse über so hohe Zahlen von freilebenden Katzen im Stadtgebiet vorliegen, aus welchen sich die Dringlichkeit zum Erlass einer verordnungsbasierten Kastrationspflicht ergeben würden.

Dieser Sachverhalt decke sich auch mit anderen vergleichbaren Städten in Baden-Württemberg, mit den sich das Bürgeramt seit Längerem regelmäßig über den Erlass einer Katzenschutzverordnung austausche. Laut einer dem Bürgeramt vorliegenden Aufstellung des Tierschutzvereins VS seien von diesem in den vergangenen acht Jahren durchschnittlich 31 frei lebende Katzen pro Jahr kastriert worden.
Weniger frei lebende Katzen – das würde zugleich auch weniger kranke Katzen bedeuten, die im Tierheim oder von privaten Tierschützern versorgt werden müssen.
„Definitiv eine kranke Population“
„Wir haben definitiv eine Katzenpopulation, die krank ist, da brauchen wir gar nicht drüber reden“, sagt Nadine Vögel. Handlungsbedarf sei eindeutig vorhanden. Wie viele nicht registrierte und kastrierte Tiere in Villingen-Schwenningen unterwegs seien, wisse sie freilich nicht. „Wir wissen nur, was bei uns ankommt.“ Das ist teilweise nicht schön anzusehen: Große eitrige Wunden, verklebte Augen, struppiges Fell.
Würmer, Flöhe, bakterielle Infektionen
2019 und 2020 haben sie im Tierheim eine Statistik zu den Krankheiten der aus dem ganzen Landkreis eingelieferten Katzen geführt. Das Ergebnis: 59 Prozent der Tiere waren mit Endo- oder Ektoparasiten – also Würmern, Flöhen oder Zecken – befallen. 35 Prozent mussten aufgrund bakterieller Infektionen mit Antibiotika behandelt werden.
Tierarztkosten steigen deutlich an
Elf Prozent starben trotz medizinischer Behandlung. Diese ist durch die Erhöhung der Tierärztlichen Gebührenordnung deutlich teurer geworden: Mit der neuen Gebührenordnung rechnet Nadine Vögel mit einer Verdopplung der jährlichen Kosten von bislang 45.000 Euro.

Die Tierschützer kämpfen an vielen Fronten – und das teils sogar rund um die Uhr. „Wenn wir wenige Tage alte Katzenbabys bekommen, heißt das, dass sie alle zwei bis drei Stunden gefüttert werden müssen“, verdeutlicht Nadine Vögel. Pro Kätzchen müsse eine halbe Stunde einkalkulieren. Auch nachts. Die Mitarbeiter nehmen die Jungtiere dann sogar mit nach Hause.
Für Abgabekatzen bleibt kein Platz
Zugleich blockieren die vielen Fundkatzen andere Arbeiten, für die das Tierheim eigentlich auch da ist: Für private Abgabekatzen – etwa nach Todesfällen – ist dann kein Platz und auch nicht für Pensionskatzen, die in der Urlaubszeit helfen, das 2018 neu erbaute Tierheim mit zu finanzieren.
Kaum jemand sieht den Überlebenskampf
Nadine Vögel ist es deshalb wichtig, die Arbeit des Tierschutzes öffentlich zu machen – auch und gerade bei Gesprächen mit Städten und Gemeinden. „Ich gebe immer Zahlen raus, zeige Fotos mit offenen, eiternden Wunden. Die Ordnungsämter bekommen die Fundtieranzeige – aber wie hier dann ums Leben der Tiere gekämpft wird, sieht keiner.“