Es ist der letzte Akt einer langen Geschichte: Am Dienstag, 7. November, sind in Villingen die letzten Stolpersteine verlegt worden. Am Mittwoch gibt es noch Verlegungen in Schwenningen.
Dann erinnern insgesamt 69 dieser besonderen Pflastersteine an die Opfer des Nationalsozialismus in der Doppelstadt. Denn in ihre Messingoberflächen sind die Namen der Opfer und die Daten zu ihren individuellen Schicksalen eingestanzt – soweit diese Daten noch bekannt sind.
Zu verdanken ist dies dem großen Engagement der Mitglieder des Vereins Pro Stolperstein.
Nachdenklich über Erfolge rechter Parteien
Oberbürgermeister Jürgen Roth (CDU) hatte vor der Verlegung zu einem Empfang ins Alte Rathaus geladen und begrüßte besonders die von weither angereisten Angehörigen der Opfer.
In seiner Rede ging er auch auf den Überfall der Hamas auf Israel und die Ermordung unschuldiger Menschen ein. Man sehe jetzt in diesem Zusammenhang, dass Antisemitismus immer noch allgegenwärtig sei.

Auch und gerade in Deutschland dürfe man keine Pro-Palästina-Demonstrationen dulden, die diesen Überfall feiern und bejubeln, so Roth.
Nachdenklich machen ihn allerdings auch die Wahlerfolge von Parteien, die am politisch rechten Rand agieren. Und auch die Tatsache, dass in Deutschland Kinder Angst haben müssen, zur Schule zu gehen.

Die Stolpersteine nennen Namen
Friedrich Engelke, der Vorsitzende des Vereins Pro Stolperstein, beklagte, dass viele andere Mahnmale eher „Trauer ohne Tränen“ seien. Die Stolpersteine hingegen würden die Namen nennen und so die Identitäten zurück ins Bewusstsein holen.
„Wenn ich in diese Runde schaue, dann schöpfe ich neuen Mut“, sagte der Gründer des Vereins.
Angesichts des aktuell großen Spendenaufkommens für die Anreise, Unterkunft und Verpflegung der Angehörigen komme er mehr und mehr zu der Erkenntnis, die ursprünglich geplante Auflösung des Vereins noch einmal aufzuschieben.
Ein Gebet auf Hebräisch
Anschließend sprach einer der Gäste, Steven Mandowsky, auf Hebräisch ein gemeinsames Gebet. Dann machte man sich auf den Weg zur Stolpersteinverlegung auf dem Münsterplatz vor der Stadtbibliothek, wo bereits viele Gäste warteten.
So läuft die Stolpersteinverlegung ab

Zum dritten und vorerst wohl letzten Mal verlegte der Künstler Gunter Demnig in Villingen-Schwenningen an insgesamt elf Standorten 29 Stolpersteine.
29 von mehr als 100.000 – auf diese Größe ist das wohl größte dezentrale Mahnmal weltweit inzwischen angewachsen.
Sie alle erinnern an Kinder, Frauen und Männer, die während der Unrechtsherrschaft der Nationalsozialisten vertrieben, deportiert und ermordet wurden.
Der Künstler selbst sagte über sein Lebenswerk und die Idee dahinter: „Mit den Stolpersteinen sind diese Menschen plötzlich wieder gegenwärtig.“
Mehr als 100 Menschen begleiten die Aktion
Etwas über 100 Menschen haben die Aktion am Dienstag begleitet, als Demnig die ersten drei Stolpersteine an Gedenken der jüdischen Familie Bikart am Münsterplatz in der Kanzleistraße 6 ins Pflaster einlegte.

Friederich Engelke bedankte sich bei dieser Gelegenheit, dass inzwischen über 300 Bürger mit ihren großzügigen Spenden zum Gelingen dieser Aktion in der Doppelstadt beigetragen haben.
Stadtführer Gunther Schwarz gab den Anwesenden einen kleinen Überblick über die Geschichte der Juden in der Stadt seit dem frühen Mittelalter bis in die Nazi-Zeit.

Acht Steine erinnern an die Familie Bloch

Weiter ging es dann in der Rietstraße 15. Dort wurde mit acht Stolpersteinen an die Schicksale der Familie Bloch erinnert. Begleitet wurde die Verlegung mit etwas Musik und Erzählungen zu dem Lebenslauf und Schicksal jedes der einzelnen Familienmitglieder.

Danach folgten noch neun weitere Verlegungen in der Niederen Straße vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Gedeon, in der Luisenstraße, der Brigachstraße, Kanzleigasse, Schillerstraße und Waldstraße.
Am Mittwoch werden dann die restlichen Stolpersteine im Stadtbezirk Schwenningen in der Hirschbergstraße und der Pfaustraße verlegt.