Dieses Rasenmäher ist 1,30 Meter breit und wenn die Walze ins Rotieren versetzt wird, dann bleibt kein Grashalm stehen. Bernd Glatz ist seit 16 Jahren für die Pflege der Wiesenränder und Gewässerufer zuständig. Von Mai bis November ist er mit seinem Unimog unterwegs. Weshalb ihm immer wieder spontan die Menschen ein Dankeschön zurufen, das ist in der besonderen Weise begründet, wie der Mann aus Volkertsweiler seine Arbeit macht.

Bernd Glatz sitzt normalerweise in einem Unimog-Führerstand, wenn er von Mai bis November Wiesenränder, Uferbereiche und Straßenränder ...
Bernd Glatz sitzt normalerweise in einem Unimog-Führerstand, wenn er von Mai bis November Wiesenränder, Uferbereiche und Straßenränder mäht. Mit einem Steuerknüppel lenkt er den Mäher, der an einem Schwenkarm beispielsweise über Leitplanken hinweg auch tiefe Böschungen erreichen kann. Weil der Unimog aktuell in der Werkstatt ist, demonstriert Glatz seinen Arbeitsplatz in einem ähnlichen Fahrzeug. | Bild: Trippl, Norbert

Bernd Glatz hat den Mäharm auf einem Unimog montiert. Und ein solches Gefährt kommt so gut wie überall hin. Der Fahrer lässt nicht einfach nur den Mäher rotieren. Schon der Umstand, dass die Walze an einem langen Schwenkar, hängt, der mit einem Steuerknüppel neben dem Lenkrad bewegt wird, fordert viel Aufmerksamkeit.

Eine Chance für den Blutweiderich: Wenn der VS-Mäher die Straßenränder auf ganz flach absenst, dann ist nicht alles dahin.
Eine Chance für den Blutweiderich: Wenn der VS-Mäher die Straßenränder auf ganz flach absenst, dann ist nicht alles dahin. | Bild: Trippl, Norbert

Das Auge von Bernd Glatz sieht aber nicht nur Gestrüpp, das über die Monate an den Wegrändern vor sich hinwuchert. Glatz ist Nebenerwerbslandwirt und hat seinen Hof mitten in Volkertsweiler. Auf der Lichtung vor Villingen entsteht Verbundenheit zur Natur eigentlich automatisch. Aber es ist nicht selbstverständlich, wie die VS-Mäher bewegt wird – nämlich mit ganz viel Herz und noch mehr Verstand.

Bernd Glatz zeigt den 1,30 Meter breiten Mulchmäher. Statt Messern rotieren hier Stahleinsätze, die jeden Grashalm nicht abschneiden ...
Bernd Glatz zeigt den 1,30 Meter breiten Mulchmäher. Statt Messern rotieren hier Stahleinsätze, die jeden Grashalm nicht abschneiden sondern abschlagen. | Bild: Trippl, Norbert

Wenn eine schöne Blume am Wegesrand wächst, dann kann der großgewachsene Mann einfach nicht anders. Er umkurvt mit feinem Händchen und trotz des groben Mäh-Monstrums das Gewächs fast bis auf den Zentimeter genau. Die Blume bleibt stehen. Glatz sagt, das koste nicht viel Zeit, sorge aber immer wieder für Reaktionen, die ihn freuten: „Es ist schon passiert, dass mir Radfahrer hinterher sind und mich gestoppt haben. Habe ich was falsch gemacht, frage ich dann.“ Glatz lächelt stolz, dass sein Wirken erkannt wird. „Dann sagen die Leute dankeschön und mich freut das dann schon auch“, schildert er eine Begegnung wie zuletzt bei Schwenningen.

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Wer nichts ahnend mit dem Fahrrad unterwegs ist, der wundert sich dann manchmal. Ganz kurz geschnittene Grasflächen an den Straßenrändern und dann stehen da plötzlich zwei meterhohe Königskerzen an einer Kreuzung vor Marbach. Oder an der Villinger Stadtausfahrt bei der Kläranlage. Das Gras auf dem Bankett ist akkurat eingekürzt und dann plötzlich ein herrlich blühender roter Busch. Ein Blutweiderich.

Dieser Mäher schneidet nicht

Glatz kennt viele der Standorte auswendig, wo er gerne für ein paar Sekunden seinen Mäher auf besondere Weise hin und her schwenken lässt. Die Blume bleibt stehen, das Grün drumherum ist abgeschlagen. Der Mäher von den Technischen Diensten schneidet nicht, er schlägt mit hoher Rotationsgeschwindigkeit alles ab, was unter den Balken kommt.

Die Motivation des Mannes am Lenkrad

„Ich mache das für die Insekten und für die Leute hier“, sagt Bernd Glatz. So selbstverständlich das bei ihm klingt, so anspruchsvoll ist es, das grobe Gerät um eine Blume herum zu lenken. Bernd Glatz beherrscht das, hat das immer schon so gemacht – weil er das so machen will. Bei den Technischen Diensten wissen sie von dieser besonderen Arbeitsfähigkeit des gelernten Kraftfahrzeug-Mechanikers und Maschinenführers.

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Von Weigheim bis Herzogenweiler reicht das Revier des Unimogfahrers, auch die großen Stadtbezirke bearbeitet er kontinuierlich. „An jeder Stelle komme ich zwei Mal im Jahr vorbei“, schildert er seine Arbeitsroute durch das Oberzentrum. Von Umwelt- und Artenschutz spricht er kein einziges Mal, als er mit dem SÜDKURIER über seine Arbeit spricht.

Die Bedeutung einer einzelnen Pflanze

Wie wichtig es ist, Blumen nicht umzusetzen, wird am Blutweiderich deutlich, wie ihn Bernd Glatz am Villinger Südrand hat stehen lassen. Schwebfliegen, Bienen und Schmetterlinge laben sich an diesen Büten. Ein Blutweiderich ist ein reichhaltiger Nektarspender. Auch als Futterpflanze für die Raupen aus der Gattung der Nachtpfauenaugen ist er bedeutsam. Ein einzelnes Pflanzenexemplar kann bis zu drei Millionen Samen produzieren, die durch Wind und Wasser ausgebreitet werden. Die Samen sind mit Schleimhaaren ausgestattet und haften leicht an Wasservögeln fest, die sie auf diese Weise ausbreiten. Sie keimen in nahezu allen ausreichend feuchten Böden im nächsten Frühjahr. Bernd Glatz macht es möglich, dass die Natur auf diese Weise ihr biologisches Gleichgewicht behalten kann.

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