Hochgeschwindigkeits-Training auf der Stelle. Fetzige Rockmusik der 80-er Jahre im Ohr und bis zu 150 Pulsschläge pro Minute halten die Beine in Schwung. Der Mann ist in seinem Element. Triefend vor Schweiß, aber sichtlich zufrieden, lässt er die selbst auferlegte Tortur nach einer Stunde langsam ausklingen. Wäre der Mann mit dem sympathischen Lächeln nicht auf dem Crosstrainer in einem Villinger Fitness-Studio unterwegs, sondern auf Waldwegen, hätte er in den 60 Minuten knapp 14 Kilometer zurückgelegt. Nicht schlecht für einen 72-Jährigen. Ach was! Von solchen Leistungen träumen selbst manche Sportler, die nicht mal halb so viele Jahre auf dem Buckel haben wie Jaroslav Maly. „Ich brauche das. Bewegung macht mir Spaß und hält mich fit“, sagt der Villinger.
Sport war schon immer ein Schwerpunkt im Leben des gebürtigen Tschechen, den seine Freunde nur „Jaro“ nennen. In den 80er-Jahren begeisterte der ehemalige Verteidiger des Schwenninger ERC tausende von Eishockey-Fans im Bauchenberg-Stadion, das heute Helios-Arena heißt. Noch heute hängt das Trikot mit der Nummer 17 unterm Hallendach. Dort baumeln noch weitere Leibchen ehemaliger SERC-Größen wie George Fritz oder Mark MacKay, aber mit dem Prädikat „Ehrenspielführer“ darf sich in der bislang 119-jährigen Geschichte des Vereins nur einer schmücken: Jaroslav Maly. Nach dem Bundesliga-Aufstieg 1981 trug er fünf Jahre das SERC-Trikot und trug maßgeblich zum Schwenninger Aufschwung bei.
Nach dem einstündigen Ausdauertraining ist noch lange nicht Schluss. Krafttraining ist angesagt. Heute sind die Bauchmuskeln an der Reihe“, grinst Maly und steuert auf das nächste Gerät zu. Dreimal zehn Wiederholungen. Bei jeder Sequenz steigert er das Gewicht, das es zu überwinden gilt. Sein Gesicht ist von dem Kraftakt gezeichnet. Je höher die Belastung, umso mehr fühlt sich Maly in seinem Element. „Sport muss anstrengend sein, sonst ist es für mich kein Sport.“ Er benötigt selbst in seinem Alter keinen Pulsmesser. „Ich kenne meinen Körper und lote gerne meine Grenzen aus. Wenn ich spüre, dass es nicht mehr geht, höre ich auf.“ Nach 80 Minuten ist die Trainingseinheit beendet.
Dreimal pro Woche absolviert Jaroslav Maly sein Fitness-Programm. Das ist längst nicht alles, was ihn auf Trab hält. Ebenso oft steigt er auf sein Tourenrad, mit dem er pro Ausfahrt zwischen Villingen und Donaueschingen rund 70 Kilometer zurücklegt. „Wenn mir eine Steigung besonders gut gefällt, sause ich einfach wieder runter und strampele noch mal hoch“, lacht der 72-Jährige. Heute hat Maly zwar ein paar Pfunde mehr auf den Rippen als zu seinen besten Eishockey-Zeiten, aber die 95 Kilo, verteilt auf 1,92 Meter Körpergröße, können sich immer noch sehen lassen.
Obwohl er in der vergangenen DEL-Saison kein einziges Spiel der Wild Wings in der Helios-Arena live mitverfolgte, kann der einstige Abwehr-Hüne vom Eishockey nicht lassen. Heute gibt Jaroslaw Maly sein Wissen an den Nachwuchs weiter. Wenn die U11-Mannschaft trainiert, unterstützt er den Coach und nimmt eine Gruppe junger Spieler unter seine Fittiche. Maly: „In diesem Alter sind die Leistungsunterschiede gravierend. Ich kümmere mich meistens um die Schwächeren und zeige ihnen, wie man richtig Schlittschuh läuft.“ Verantwortung für ein Team will er nicht komplett übernehmen. Die Wochenenden gehören seinen vier Enkelkindern. Skifahren und Schwimmen stehen bei ihnen besonders hoch im Kurs.
Um den Schwenninger Eishockey-Nachwuchs macht sich Jaro Maly Sorgen: „Wir haben in den einzelnen Jahrgängen zu wenig talentierte Spieler. Da müssen sich die Guten keine Sorgen um ihren Stammplatz machen. Im Gegenteil: Wir müssen froh sein, wenn sie überhaupt ins Training kommen. Und am Wochenende spielen sie trotzdem.“ Die hohen Kosten für eine Eishockey-Ausrüstung seien ebenfalls nicht förderlich, um den Sport voranzubringen.
Von seinen ehemaligen Weggefährten zu Schwenninger Glanzzeiten hält Jaro Maly noch regelmäßig Kontakt zum ehemaligen Mannschaftsbetreuer Klaus Benzing und seinem einstigen Verteidiger-Kollegen Werner Klatt. „Wir waren schon manches Mal zusammen in Urlaub und gehen öfter gemeinsam Essen.“ Bei diesen Treffen geht es sicher gemütlicher zu als im Fitness-Studio, wo der bislang einzige Schwenninger Ehrenspielführer auf dem Crosstrainer regelmäßig seine sportlichen Grenzen auslotet.