Herr Kreutzer, wie geht es einem Rheinländer im Schwarzwald?

Sehr gut. Ich fühle mich wohl hier. Im Moment passt auch noch das Wetter, obwohl mir die Masse an Schnee vor einiger Zeit mindestens ebenso gut gefallen hat. Das kenne ich aus Düsseldorf so nicht. Da ist der Schnee immer sehr schnell weg und am Ende bleibt nur Matsch. Hier konnte ich die wenige Freizeit, die ich derzeit habe, mit Frau und Hund bei schönen Schneespaziergängen verbringen. Was die sozialen Kontakte angeht, ist es aber aufgrund der Pandemie natürlich schwieriger. Man ist verständlicherweise vorsichtiger. Immerhin haben wir schon gemerkt, dass man durch den Karneval oder die Fastnacht, wie man hier sagt, einige Gemeinsamkeiten hat. Ich hoffe, wir können das nächstes Jahr so richtig erleben.

Was stört Sie ansonsten an der Pandemie am meisten?

Beruflich stört mich am meisten, dass wir keine Fans im Stadion haben. Wir sind auch jetzt immer noch glücklich, dass wir spielen dürfen. Aber im Laufe der Zeit stört es mich immer mehr, dass keine Zuschauer da sind. Es fehlen die Menschen, die lachen, feiern, singen oder auch mal weinen und ärgerlich sind. Das macht deutlich mehr Spaß. Es fehlt auch das persönliche Gespräch mit den Fans, mal zum ein oder anderen Fanclub reinzugehen. Ein weiterer Aspekt bei meiner Arbeit ist das nicht vorhandene Scouting. Man kann sich keine Spiele live anschauen. Natürlich kann ich mir Spieler auf Video anschauen. Aber es ist ein großer Unterschied, wenn ich live dabei bin. Vor Ort erhalte ich viel mehr Informationen über den Spieler. Aber noch mal: Wir dürfen spielen und mit den Einschränkungen kann ich absolut leben.

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Wie sieht Ihr Arbeitstag in diesen Zeiten aus?

Ich verbringe die meiste Zeit in meinem Büro. Wenn es die Zeit zulässt, schaue ich mal beim Training zu. Ansonsten läuft fast alles über das Telefon oder den Laptop. Die Gespräche mit den Trainern und Spielern finden in meinem Büro statt, denn wir werden alle ständig getestet. Es fehlen mir aber schon die Gespräche, zum Beispiel auch bei den Auswärtsfahrten. Wir sind abgeschirmt, dürfen noch nicht mal einen kurzen Spaziergang machen oder Ähnliches. Der Austausch mit den Verantwortlichen des Gegners findet ebenfalls nur eingeschränkt statt, auch das fehlt.

Inwiefern erschweren diese Einschränkungen die Suche nach einem Neuzugang, der angesichts der beiden Langzeitverletzten dringend benötigt würde?

Die Pandemie beeinflusst diese Suche in vielfältiger Weise. Es gibt Spieler auf dem Markt, die auch passen würden, die aber seit vergangenen März nicht mehr gespielt haben. Diesen Spieler möchten wir nicht haben, denn er hilft uns nicht weiter. Aber selbst wenn wir einen passenden Spieler finden, haben wir immer mit einer gewissen Verzögerung zu rechnen. Das muss man alles beachten. Es gibt Auflagen und das schränkt schon ein. Die Gegebenheiten sind anders als vorher.

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Die Wechselfrist endet am 1. März. Wird bis dahin ein neuer Spieler kommen?

Wir sind dabei, etwas zu finden. Aber ich habe die Schwierigkeiten gerade angedeutet. Es hapert an zwei oder drei Punkten. Ich hoffe, dass wir diese bis zum 1. März abgearbeitet bekommen. Wenn es nicht klappt, dann ist das eben so. Etwas Kopfschmerzen bereitet mir der eng getaktete Zeitplan für die Einfachrunde gegen die Teams der Gruppe Nord. Sollten weitere Verletzte dazukommen, ist das Transferfenster zu.

Es müssen wieder Klauseln in die Verträge eingearbeitet werden. Zudem gibt es eine finanzielle Unsicherheit. Wie gestalten sich in dieser Pandemie-Lage die Verhandlungen mit den Spielern, die man für nächste Saison halten möchte?

Viel sprechend. Früher war der größte Diskussionspunkt meist das Gehalt. Die Vertragsgestaltung ist nun deutlich komplexer. Es gibt dadurch mehr Erklärungsbedarf, die Spieler sollen und müssen das ja auch verstehen. Aber wir sind auf einem sehr guten Weg, was die Vertragsgestaltung angeht.

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Wie weit sind Sie bei dem ein oder anderen Kandidaten?

Die größte Verzögerung ist diese besondere Vertragsgestaltung. Ich hoffe aber, dass wir in den nächsten Wochen einige Verlängerungen bekannt geben können.

Es gibt aber sicher einige angestrebte Verlängerungen mit hoher Priorität, beispielsweise mit Torhüter Joacim Eriksson. Wie gut sind die Aussichten, ihn zu halten?

Aussichten haben wir immer. Joacim hält ja nicht nur so gut, weil er ein guter Torwart ist. Da gehört mehr dazu. Es gefällt ihm hier. Er fühlt sich wohl in der Mannschaft und kommt mit dem Trainer gut klar. Das sind unsere Vorteile. Wenn aber ein größerer Klub kommt und uns finanziell überbietet, dann ist das eben so. Leider können mir die Fans da im Moment auch nicht helfen. Es wäre ein zusätzlicher Vorteil, wenn Joacim nach jedem Spiel hier gefeiert würde. Das hilft normalerweise, denn die Stimmung hier im Stadion ist normalerweise toll. Aber Joacim weiß natürlich auch, dass die Schwenninger Fans ihn bereits ins Herz geschlossen haben.

Sie haben bei Ihrem Amtsantritt angekündigt, die gesamte Einstellung bei den Wild Wings verändern zu wollen. Wie weit sind Sie auf dem Weg, das „Verlierer-Gen“ loszuwerden?

Wir sind auf dem richtigen Weg. Auch wenn wir zuletzt einige Spiele verloren haben, ist das Auftreten der Mannschaft gut. Sie hat Spaß miteinander, trainiert konzentriert und ehrgeizig. Ich spüre keine Gedanken an eine Abwärtsspirale oder ein sich Ergeben in das Schicksal. Man biegt es in einer solchen Phase nicht in einem Spiel um, sondern muss kontinuierlich dran bleiben. So erlebe ich die Mannschaft auch. Wir erarbeiten uns alles Stück für Stück. Aber man bekommt nicht in ein paar Monaten all das aus einem Klub raus, was sich über einige Jahre eingeschliffen hat. Realistisch gesehen ist das ein Prozess und absolut machbar. Dazu gehören im Übrigen auch die Fans, die diesen Weg mitgehen sollen. Gerade deshalb fehlt mir der Kontakt so sehr. Es wäre so viel einfacher, die Fans mitzunehmen.

Was die Fans im Augenblick sehr interessiert, ist die Planung für die nächste Saison. Wie ist der Stand der Dinge?

Wir wollen das Gerüst der jetzigen Mannschaft im Rahmen unserer Möglichkeiten behalten. Wir wollen uns punktuell verbessern, das habe ich mit Niklas Sundblad so besprochen. Deshalb war mir auch die Verlängerung mit dem Trainer am wichtigsten. Wir müssen eine Basis haben, um die Zukunft gestalten zu können.

Wird sich das, wie bisher, eher auf Spieler konzentrieren, die bereits in Europa sind oder geht der Blick Richtung Nordamerika?

Eigentlich schaue ich auf die ganze Welt (lacht). Es geht darum, die bestmöglichen Spieler zu holen. Man schaut aber schon auch in die besseren Ligen und versucht, den ein oder anderen Spieler in die DEL zu lotsen. Wir schauen natürlich nach Nordamerika, aber auch in die DEL und andere europäische Top-Ligen. Wichtig ist für nächste Saison auch die Änderung in der U23-Regel. Wir werden mindestens drei Spieler des Jahrgangs ‚99 oder jünger auf dem Spielberichtsbogen haben. Da muss man in Zukunft langfristiger planen.

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Sollte die kommenden Saison wie geplant am 9. September starten, wäre der Zeitplan ordentlich knapp.

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Klubs schon beinahe ihren kompletten Kader beisammen. Aber wenn die ersten Verträge gemacht sind, läuft es oft etwas schneller. Am Ende sind es vier oder fünf Positionen, bei denen man etwas länger wartet oder sucht.

Ist das die Anzahl an Positionen, auf denen sich die Wild Wings verändern wollen?

Ja, das kommt ungefähr hin.

Zum Schluss noch mal raus aus dem Büro – was ist das Beste an Schwenningen und was das Schlechteste?

Oh, das ist eine gemeine Frage. Das Schönste an Schwenningen ist, dass hier Eishockey gelebt wird. Jeder tut sein Möglichstes, dass der Klub Erfolg hat. Das mag in den letzten Jahren etwas verloren gegangen sein, aber es ist immer noch überall zu spüren. Das gefällt mir sehr gut. Das Schlechteste ist, dass es hier kein Uerige Altbier gibt (lacht). Das muss ich mir immer aus Düsseldorf mitbringen.