Es geschieht am frühen Sonntagmorgen, 11. August, nur einen Steinwurf von Konstanz entfernt: Abseits eines Partyzelts muss eine junge Frau während des Kreuzlinger Fantasticals Schlimmes erleben. Zwischen 3 und 3.15 Uhr vergeht sich ein unbekannter Täter an ihr. Direkt am dunklen Seeufer, östlich des beliebten Aussichtsturms im Seeburgpark, nimmt der Mann gegen den Willen der minderjährigen Schweizerin sexuelle Handlungen an ihr vor, wie die Polizei erklärt.

Danach weist er die junge Frau an, niemandem etwas zu erzählen und droht ihr mit dem Tod. Die Minderjährige meldet sich nach dem Übergriff bei ihren Eltern, diese alarmieren sofort die Kantonale Notrufzentrale. Die Kantonspolizei Thurgau schreibt in ihrer Mitteilung von einem „massiven sexuellen Übergriff“.

Das bedeutet gemäß Pressesprecher Andy Theler, dass aus gesetzlicher Sicht keine Vergewaltigung stattgefunden hat, die Tat aber nicht minder gravierend war. „Von Vergewaltigung spricht man erst, wenn der Täter das Opfer penetrierte. Doch der gewaltsame Versuch einer solchen Tat ist für das Opfer nicht weniger traumatisierend.“ Sexuelle Nötigung ist ein Offizialdelikt, weshalb der Vorfall von Amts wegen angezeigt wird. Die Staatsanwaltschaft Kreuzlingen hat unterdessen eine Strafuntersuchung eröffnet.

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Da das Fantastical unweit der deutschen Grenze stattfindet, steht die Kantonspolizei laut Andy Theler auch mit den deutschen Kollegen aus Konstanz im Austausch. Nähere Angaben – weder zu den involvierten Personen noch zum Tathergang – macht die Kantonspolizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht. Klar ist nur, dass der Täter noch immer flüchtig ist.

Wer hat etwas beobachtet?

Für die Ermittlungsarbeit sucht die Kantonspolizei Zeugen des Vorfalls. Andy Theler sagt: „Es ist gut möglich, dass jemand den Vorfall beobachtet hat, diesen aber möglicherweise falsch interpretierte.“ Im Kontext eines solchen Festes – also mit viel Publikum sowie eigenem und fremdem Alkoholkonsum – sei es oft schwierig zu erkennen, welche Handlungen zwischen Personen einvernehmlich seien oder wo es übergriffig werde.

So oder so gelte, sagt Theler: „Lieber ein Anruf an die Polizei zu viel als einer zu wenig.“ Die Kantonspolizei nehme jede Meldung ernst und gehe dieser nach, zumal sie nebst einer privaten Sicherheitsfirma auf dem Festgelände patrouilliere. Trotz Feierlaune sollen die Besuchenden mitdenken und auch verdächtige Vorfälle mit Fremdpersonen melden.

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Präventionsarbeit zu sexueller Gewalt an öffentlichen Anlässen, wie es sie etwa zu Alkoholkonsum gibt, gebe es an solchen Anlässen nicht. Pressesprecher Andy Theler sagt: „Es muss möglich sein, dass junge Frauen ein solches Fest auch ohne Verhaltenstipps oder Kleidervorschriften besuchen können.“ Die Kantonspolizei empfehle zur eigenen Sicherheit jedoch, zu später Stunde in Gruppen unterwegs zu sein und aufeinander achtzugeben.

Bereits in der Nacht von Samstag auf Sonntag, 11. August, kam es beim Haupteingang zum Fantastical zu einer Auseinandersetzung zwischen einem 56-jährigen Mann und drei Jugendlichen. Der 56-Jährige wurde dabei mittelschwer verletzt und musste durch den Rettungsdienst ins Spital gebracht werden. Die Veranstalter des Fantasticals gehen in ihrer Bilanz vom Sonntag nicht auf die beiden Vorfälle ein.

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Veranstalter sprechen ihr Mitgefühl aus

„Zum Zeitpunkt des Versands der Bilanz war einzig die Kantonspolizei Thurgau über die Vorfälle informiert“, erklärt das Organisationskomitee. Diese informierte am Montag, 12. August, per Pressemitteilung über den sexuellen Übergriff. Eine Sprecherin des Organisationskomitees des Fantasticals sagt: „Wir sind schockiert über den Vorfall und sprechen dem Opfer und seinen Angehörigen unser tief empfundenes Mitgefühl aus.“

Zum Zeitpunkt des sexuellen Übergriffs hätten, genau wie während der gesamten Betriebszeit, die Kantonspolizei und ein Sicherheitsdienst das Gelände patrouilliert. Das Fantastical habe ein umfangreiches Sicherheitskonzept. Neben Polizei und dem Sicherheitsdienst seien Ärzte und die Feuerwehr vor Ort. Das Konzept enthalte eine umfangreiche Risikobeurteilung und Maßnahmen für unterschiedliche Ereignisse.

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In jüngster Vergangenheit ist es in Konstanz immer wieder zu sexuellen Übergriffen gekommen. So musste sich eine Frau auf dem Heimweg vom Weinfest gegen einen aufdringlichen Mann wehren. Anfang Juni wurde eine 49-jährige Frau im Stadtgarten vergewaltigt. Ein Tatverdächtiger konnte Anfang Juli ermittelt und festgenommen werden.

Autor Tobias Hug ist Reporter unserer Partnerzeitung, der „Thurgauer Zeitung“.