Anna Ermakova teilt das Los aller Promi-Sprösslinge. „Ach, das ist doch die Tochter von …“ In ihrem Fall trägt der berühmte Vater den Namen Boris Becker und die Umstände ihrer Zeugung – zumindest die Version, die in den Klatschspalten landete – hätten aus der kleinen Anna eine traumatisierte junge Frau machen können. Doch so, wie man sie derzeit immer freitags ab 20.15 Uhr in der RTL-Show „Let‘s Dance“ erlebt, wahrt die 23-Jährige zu allem Negativen eine gesunde Distanz.
Ihr Wikipedia-Eintrag ist kurz, es steht wenig Überraschendes darin. Anna Ermakova wurde in London geboren, ihre Mutter ist die Russin Angela Ermakova und sie selbst das Ergebnis deren sogenannter Besenkammer-Affäre mit, ja, Tennis-Legende Boris Becker.
Wo genau sie gezeugt wurde, irgendwo bei den Toiletten, in einem Hinterzimmer eines Hotels oder in der Wäschekammer (die Angaben der Beteiligten und Unbeteiligten variieren), wie lange der Akt dauerte (von fünf Sekunden war mal die Rede) – so genau will das eigentlich niemand wissen. Vor allem nicht Anna Ermakova selbst.

Schlimm genug, dass ihr Vater eben jene Vaterschaft erst nach einem Test nicht länger leugnete. „Kinder müssen so was eigentlich nicht wissen“, sagt sie. „Menschen treffen mich und hören meinen Namen und das ist das Erste, was aufkommt.“ Um das zu ertragen, brauche man ein dickes Fell. Das scheint sie zu haben, denn sie macht einen selbstbewussten Eindruck.
Doch der täuscht wohl manchmal – das Lob der Jury nimmt Ermakova jedes Mal mit so viel Schüchternheit und Dankbarkeit entgegen, dass man merkt: Für sie war es einfach an der Zeit, sich in der Heimat ihres Vaters durch ihre eigene Leistung einen Namen zu machen. Becker war zwar, anders als Mutter Angela, noch bei keinem ihrer Auftritte dabei, schrieb seiner „wunderschönen Tochter“ aber zum Geburtstag auf Instagram, dass er nicht stolzer auf die Frau sein könne, die sie vor aller Augen werde.

„Wahrscheinlich denken die Leute nichts Gutes, wenn sie meinen Namen hören“, so Ermakova verlegen im „Let‘s Dance“-Podcast. „Meistens bekomme ich zu hören, dass ich wie mein Vater aussehe. Familie ist Familie, aber das definiert mich ja nicht als Person.“ Und die weiß noch nicht so genau, wo sie hingehört und was sie vom Leben will.
Ermakova besuchte eine Privatschule, bis sie sich entschloss, Model zu werden und mit 14 bei der Berlin Fashion Week ihr Laufsteg-Debüt gab. Später studierte sie Kunstgeschichte. „Ich wollte schon immer Zeit und Gelegenheit haben, auf eine professionelle Art und Weise Tanzen zu lernen, und jetzt, nachdem ich mein Studium abgeschlossen habe, habe ich das Gefühl, dass es der richtige Zeitpunkt ist.“

Die Entscheidung, ins deutsche Fernsehen zu gehen, fiel ihr nicht leicht: Denn während sie Englisch, Russisch und Französisch fließend spricht, gehörte zu ihrem Vokabular bis „Let‘s Dance“ kein Wort Deutsch: „Jemand muss dir die Sprache beibringen. Und wenn niemand da ist, wenn du jung bist und aufwächst, wie soll ich dann die Sprache sprechen?“
Die „Let‘s Dance“-Jury bemüht sich Woche für Woche um neue Superlative, wenn Ermakova wieder einen Standard-, Latein- und Modetanz gezeigt hat – selbst der strenge Joachim Llambi. „Du bist bisher jeden Abend Weltklasse gewesen. Ich schaue mir auch andere Länder an. Ich habe noch nie so einen Langsamen Walzer gesehen“, lobte er vor einer Woche.
In den bisher acht Shows bekam Ermakova dreimal die Höchstpunktzahl 30, zweimal 29, je einmal 28, 25 und 23 Punkte. Bewertungen, von denen zumindest ein Teil der Konkurrenz nur träumen kann. Auch über zu wenige Stimmen der Zuschauer kann sie sich nicht beschweren – das Publikum liebt die 23-Jährige.
Möglicherweise wird Anna Ermakova ja bald nicht mehr als die Tochter eines ehemaligen Tennis-Stars vorgestellt werden – sondern Boris Becker als der Vater des „Dancing Stars 2023“.