Die Bodenseeregion könnte im Jahr 2023 den ersten Drohnen-Flughafen Süddeutschlands bekommen. Der Flughafen Friedrichshafen plant nach eigenen Angaben ab 2023 die Stationierung von Drohnen, die Frachten bis 350 Kilogramm europaweit transportieren können. Eine entsprechende Absichtserklärung sei mit dem weltweit führenden Betreiber von Frachtdrohnen, der englischen Firma Dronamics, abgeschlossen worden, hieß es. Die größten Drohnen sollen bis zu 16 Meter Spannweite haben.

350 Kilogramm Nutzlast pro Drohne

Demnach soll Friedrichshafen Bestandteil eines 22 Standorte umfassenden Netzwerks von Drohnen-Flughäfen werden, über die Nutzlasten innerhalb von 24 Stunden quer durch Europa geschickt werden können. „Mit Dronamics haben wir einen Kooperationspartner gefunden, der mit innovativer Technologie das Frachtgeschäft neu inspirieren wird. Dies wird auch unserer Industrie in der Bodensee-Region ganz neue Möglichkeiten des Warenverkehrs eröffnen“, sagte Flughafen-Geschäftsführer Claus-Dieter Wehr.

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Nach seiner Insolvenz versucht sich der Bodensee-Airport seit Monaten in Eigenregie zu sanieren. Zuletzt wurde bekannt, dass das Flughafengelände an die Anker-Gesellschafter verkauft werden soll, um Schulden zu tilgen und den Flugbetrieb weiter zu finanzieren. Flughafen-Chef Wehr bezeichnete die jetzt angekündigte Kooperation daher als „zukunftsweisend“.

Helfen Drohnen dem Flughafen aus der Insolvenz?

Fachleute sehen in Drohnen tatsächlich einen Zukunftsmarkt. „Cargo-Drohnen sind jetzt schon ein Milliardenmarkt weltweit“, sagte Drohnen-Experte Florian Holzapfel von der Technischen Uni München (TUM) dem SÜDKURIER. Das Geschäft entwickle sich dynamisch, die Nutzlasten der Geräte stiegen stetig.

Drohnen-Experte: Asien ist voraus, aber deutscher Mittelstand extrem gut im Rennen

Bei der Anwendung der relativ neuen Drohnen-Technologie nehmen derzeit insbesondere die USA, aber auch asiatische Staaten eine Führungsrolle ein. Länder wie China sehen in den unbemannten Fluggeräten eine günstige Möglichkeit, abgelegene Landesteile zu versorgen. Insbesondere für schlecht erschlossene Gebiete hätten Frachtdrohnen „riesige Vorteile“, sagt Flugsystem-Professor Holzapfel. Aber auch im verkehrstechnisch besser aufgestellten Europa lohne sich der Drohneneinsatz in der Nische schon heute, sagt er. Dass Frachtdrohnen auch hier zu einer „ernstzunehmende Konkurrenz für bestehende Logistiktransportketten“ werde, sei abzusehen.

Eine Drohne der Firma Dronamics fliegt in Bulgarien. Dronamics und das Logistik-Unternehmen Hellmann wollen vom kommenden Jahr an Waren ...
Eine Drohne der Firma Dronamics fliegt in Bulgarien. Dronamics und das Logistik-Unternehmen Hellmann wollen vom kommenden Jahr an Waren innerhalb Europas per Mittelstreckendrohne transportieren. Auch vom Flughafen Friedrichshafen aus. | Bild: dpa

Rechtlich gesehen bestehen in Europa seit Mitte Juni die rechtlichen Grundlagen, mittelgroße Frachtdrohnen mit einem Abfluggewicht von bis zu 600 Kilogramm und Nutzlasten von etwa 150 Kilo über längere Strecken fliegen zu lassen. Für schwerere Drohnen gibt es aktuell noch keine entsprechende Erlaubnis.

Am Bodensee ballen sich die Zulieferer

Für Friedrichshafen als Drohnen-Standort spricht auch, dass sich in Baden-Württemberg Luft- und Raumfahrtfirmen ballen. Rund 15.000 Menschen sind im Südwesten in der Luft- und Raumfahrt tätig, mindestens 8200 davon arbeiten am Bodensee. Für viele von ihnen werden Drohnentechnologien immer wichtiger. Beim Thema Drohne sei der deutsche Mittelstand „extrem leistungsfähig und weltweit vorne dabei“, sagt TUM-Experte Holzapfel. Viele Schlüsselkomponenten auch ausländischer Produkte kämen aus Deutschland.

Mehrere führende Drohnen-Anbieter sind in Süddeutschland beheimatet, darunter etwa Quantum-Systems oder Lilium aus Bayern oder Volocopter aus Bruchsal, an der auch Daimler beteiligt ist.