Mit einem umfassenden Maßnahmenpaket will Deutschlands zweitgrößter Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen rund 9000 Jobs in seinem Saarbrücker Getriebestandort für die kommenden Jahre sichern. Wie das Unternehmen am Montag erklärte, will der Konzern einen Betrag in „dreistelliger Millionenhöhe“ in das Werk investieren, um dort den Übergang von reiner Getriebetechnik zur E-Mobilität zu gestalten.
Teil der nun vereinbarten Standortsicherung sind auch Zugeständnisse der Belegschaft „über alle Hierarchieebenen hinweg“ beim Gehalt. Über einen zweistufigen Prozess würden „Entgeltlinien am Standort“ gesenkt, hieß es von ZF. Die frei werdenden Mittel flössen in einen Zukunftsfonds, der für die Transformation zur Verfügung stehe. Auch die Saarländische Landesregierung habe zugesagt, „gezielte Fördermaßnahmen aktiv zu unterstützen“, hieß es.

Details, sowohl zu den geplanten Investitionen der ZF, als auch zu den Abstrichen der Belegschaft oder einer möglichen Landesförderung durch das Saarland wurden zunächst nicht bekannt.
Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) nannte die Vereinbarung ein „sehr wichtiges Signal“. Einer der größten Industriearbeitgeber des Saarlandes sichere damit seinen Standort und damit tausende Arbeitsplätze. „Unternehmen, Beschäftigte und Landesregierung machen sich gemeinsam auf den Weg in die automobile Zukunft“, sagte Rehlinger.
Jobsicherung bis 2025
Bereits im vergangenen Sommer hatten sich ZF und Arbeitsnehmervertreter auf eine Jobgarantie für die rund 9000 Saarbrücker ZF-Beschäftigten geeinigt. Die jetzt unterzeichnete Standortsicherung ergänzt diese Vereinbarung.

„Das Beispiel Saarbrücken zeigt, wie erfolgreich Transformation im Schulterschluss zwischen Unternehmen, Mitarbeitern und Landespolitik orchestriert werden kann“, sagte Stephan von Schuckmann, Mitglied des ZF-Vorstands und verantwortlich für E-Mobilität. ZF-Standort-Betriebsratschef Mario Kläs mahnte, weitere Investitionsentscheidungen zur Ansiedlung von Zukunftsprodukten müssten folgen, „um den künftigen Rückgang“ der Stückzahlen von Acht-Gang-Automatikgetrieben zu kompensieren.
In Saarbrücken baut ZF traditionell hochwertige Getriebe für Verbrennungsmotoren. In den vergangenen Jahren wurden diese immer stärker durch Getriebevarianten für Hybridfahrzeuge ergänzt. Nun sollen Produkte für reine E-Fahrzeuge folgen. Schon im kommenden Jahr sollen laut ZF im Werk entsprechende Produktionslinien aufgebaut werden, die 2024 mit der Serienproduktion von E-Antriebsteilen beginnen könnten.
Konkurrenz zu Schweinfurt und Friedrichshafen?
Die neue Rolle, die Saarbrücken als „Leitstandort für elektrische Antriebssysteme“, so ZF, ausfüllen soll, birgt Zündstoff. Immerhin buhlen mehrere Standorte um die Zukunftstechnologie, etwa Schweinfurt in Bayern, wo ein konzernweites Kompetenzzentrum für elektrische Antriebe angesiedelt ist. Nicht zuletzt bemüht sich auch der Friedrichshafener Stammsitz, ein großes Stück am E-Mobilitätskuchen abzubekommen.
Die Herausforderung ist doppelt, da E-Antriebe deutlich weniger komplex sind als vergleichbare Systeme für Verbrennungsmotoren. Die Wertschöpfung und damit auch das Arbeitsaufkommen zum Bau eines Systems ist daher deutlich geringer als in Zeiten reiner Verbrennungsmotoren.
ZF hat sich zum Ziel gesetzt für alle seine Werke bis zum Jahresende eine langfristige Zukunftsperspektive zu entwickeln. Grund ist die Transformation der Branche zur E-Mobilität, die ZF als klassischen Getriebebauer vor große Herausforderungen stellt. Die jetzt gefundene Vereinbarung für Saarbrücken könnte daher Pate für weitere Standortvereinbarungen stehen.