Der mögliche Bau einer großen Halbleiterfabrik im Saarland durch ein Konsortium aus dem US-Technologieunternehmen Wolfspeed und ZF Friedrichshafen wäre nach Ansicht von Fachleuten ein wichtiger Schritt für den Hochtechnologie-Standort Deutschland. „Es ist eine schöne Geschichte für Deutschland und eine gute strategische Basis für ZF Friedrichshafen auf dem Weg zur E-Mobilität“, sagte Ferdinand Dudenhöffer, Direktor beim Center Automotive Research (CAR) in Duisburg, dem SÜDKURIER.

Die Versorgung mit Halbleitern und Mikrochips sei beim Übergang zur E-Mobilität entscheidend. Sich entsprechende Mengen zu sichern, wichtig für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit und den Erhalt von Arbeitsplätzen.

Ferdinand Dudenhöffer, einer der führenden deutschen Automobilexperten, hält die Kooperation zwischen ZF und Wolfspeed für einen klugen ...
Ferdinand Dudenhöffer, einer der führenden deutschen Automobilexperten, hält die Kooperation zwischen ZF und Wolfspeed für einen klugen Schachzug. | Bild: Nicolas Blandin, dpa

Am Montag war bekannt geworden, dass der US-Chipbauer Wolfspeed in Ensdorf nahe Saarlouis für mindestens zwei Milliarden Euro das größte Werk für Siliziumkarbid-Halbleiter (Sic) weltweit errichten will. Mit im Boot ist demnach die ZF.

Nach einem Bericht des „Handelsblatts“ soll der Automobilzulieferer „mit einem Minderheitsanteil“ an dem Werk beteiligt sein. Außerdem sei ein Forschungszentrum geplant, bei dem ZF die Federführung haben soll. Aktuell äußern sich weder Wolfspeed und ZF noch die saarländische Landesregierung zu dem Thema.

Der SÜDKURIER hatte schon Ende 2021 über Pläne von ZF berichtet, in die Chipproduktion einzusteigen. Als möglichen Partner nannten informierte Kreise schon damals den US-Chiphersteller Wolfspeed, der bis 2021 unter dem Namen Cree firmierte und damals schon die Sic-Technologie bei Halbleitern vorantrieb. ZF äußerte sich damals nicht zu dem Bericht.

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Wundermaterial Siliziumkarbid

Siliziumkarbid gilt als Wundermaterial, insbesondere, weil es Umwandlungsverluste von Wechsel- in Gleichstrom minimiert – etwa beim Laden von E-Autos. Dies ermöglicht erhebliche Reichweitensteigerungen. Auch die Ladegeschwindigkeiten von E-Fahrzeugen steigen durch Sic deutlich.

Startschuss zur heutigen Chipfabrik-Partnerschaft: Im November 2019 unterzeichnen Jörg Grotendorst (links), damaliger Leiter der ...
Startschuss zur heutigen Chipfabrik-Partnerschaft: Im November 2019 unterzeichnen Jörg Grotendorst (links), damaliger Leiter der ZF-Division E-Mobilität, und Cengiz Balkas, Vize-Geschäftsführer von Wolfspeed, einen Kooperationsvertrag zur Entwicklung von Siliziumkarbid-Halbleitern. Grotendorst, der vor Kurzem zum Zulieferriesen Magna gewechselt ist, legte durch diese und eine anschließend vereinbarte Kooperation mit dem Elektronikspezialisten Danfoss die technologischen Grundlagen für die jetzt geplante ZF/Wolfspeed-Chipfabrik. | Bild: Willi_Schmidt_Photo_Lab_Schweinf

Der Zulieferriese vom Bodensee erkannte die Vorteile des Materials früh. Ende 2019 unterzeichneten der damalige E-Mobilitätschef von ZF, Jörg Grotendorst, und Cengiz Balkas, Vize-Geschäftsführer des US-Unternehmens Cree, eine strategische Partnerschaft zur Entwicklung von Sic-Halbleitern. Nach Grotendorsts Wechsel von ZF zum Automobilzulieferer Rheinmetall wurde die Kooperation vom heutigen ZF-Vorstand Stephan von Schuckmann weitergeführt und intensiviert. Grotendorst schloss 2019 für ZF auch eine Forschungs-Partnerschaft mit dem dänischen Elektronikspezialisten Danfoss ab. Sie sollte die Zusammenarbeit mit Wolfspeed ergänzen. Am Ende sollten besonders High-Tech-Elektronikbauteile und Umrichter für Elektroantriebe von ZF stehen. Gleichzeitig sicherte sich ZF privilegierten Zugang zu Leitungselektronik der Dänen.

ZF Vorstandsmitglied Stephan von Schuckmann verantwortet seit Anfang 2021 die Antriebstechnik und die E-Mobilität bei ZF.
ZF Vorstandsmitglied Stephan von Schuckmann verantwortet seit Anfang 2021 die Antriebstechnik und die E-Mobilität bei ZF. | Bild: Oliver Dietze

Das technologische Fundament für das Milliardenprojekt im Saarland wurde bei ZF also schon vor Jahren gelegt. Knackpunkt der nun geplanten Chipfabrik, die die Produktion 2027 aufnehmen soll, ist indes die Finanzierung. Wichtiger Bestandteil sind Bundes- sowie EU-Gelder im Rahmen des EU-Förderprogramms Ipcei-Mikroelektronik. Dessen Ziel ist der Aufbau einer wettbewerbsfähigen Halbleiterindustrie in Europa. Allein die Bundesrepublik hat dafür nach Auskunft des Bundeswirtschaftsministeriums knapp 2,8 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.

Ipcei-Geld von der EU

Bisher gefördert wurden Halbleiterfabriken von Bosch, Infineon und Globalfoundries in Dresden, sowie ein Osram-Werk in Regensburg. Im Schwarzwald profitierte AP&S aus Donaueschingen von Ipcei-Geldern. Diese Gelder wollen auch ZF und Wolfspeed anzapfen. Aus ZF-Unternehmenskreisen verlautete, man warte täglich auf die Bewilligung der Förderanträge.

Standort Saarland bietet sich an

Das Saarland als Standort würde für ZF perfekt passen. In Saarbrücken betreibt der Zulieferer seinen größten Produktionsstandorte für Automatikgetriebe. Der Übergang zur E-Mobilität stellt die Beschäftigungssicherung dort aber vor Herausforderungen. Ende letzten Jahren verkündete ZF das Werk Saarbrücken zum Leitstandort für E-Mobilität auszubauen und dort ab 2023 Elektroantriebe zu bauen.

Ob das die Beschäftigung bis Ende des Jahrzehnts sichern kann, ist aber ungewiss. Eine neue Chipfabrik im direkten Einzugsgebiet des ZF-Werks könnte für ZF-Mitarbeiter neue Chancen zur Beschäftigung in einem Zukunftsbereich bieten.