Nach langem Hin und Her, heftigen Diskussionen und einer gescheiterten Petition hat das baden-württembergische Innenministerium entschieden: Der Rettungshubschrauber „Christoph 45“ soll künftig einen neuen Standort in der Gemeinde Deggenhausertal bekommen.
Zur Entscheidung haben wir mit dem Bürgermeister der Gemeinde Deggenhausertal, Fabian Meschenmoser, gesprochen. Nachdem der Standort Friedrichshafen aufgrund eines Luftverkehrsgutachtens umstritten war, sei ein Alternativstandort auf der Achse Bavendorf – Deggenhausertal angestrebt worden, blickt Meschenmoser zurück.

„Im Sommer vergangenen Jahres ist das Regierungspräsidium Tübingen auf die Gemeinde zugekommen, damit wir prüfen, ob es in Deggenhausertal geeignete Flächen für die Stationierung des Rettungshubschraubers gibt“, erklärt Meschenmoser. Da habe es gepasst, dass auch ein Rettungsdienst nach einem Platz für eine Rettungswache in der Gemeinde im Hinterland des Bodensees suchte. Wobei die Luftrettungsstation für den Rettungshubschrauber und die Rettungswache einschließlich Notarzt unterschiedliche Betreiber haben, aber in Kombination auf einem Grundstück geplant werden können.
Grundstückseigentümer signalisiert Verkaufsbereitschaft
Es wurden mehrere Flächen benannt und Gespräche mit den Eigentümern geführt. „Der Eigentümer des jetzt geplanten Grundstücks hat seine Bereitschaft zum Verkauf des Grundstücks signalisiert, weil er es für eine gute Sache hält“, erklärt Fabian Meschenmoser. Umfangreiche Untersuchungen und Gutachten, wie beispielsweise der Abstand zur Wohnbebauung, zu den Themen Sicherheit, Umweltverträglichkeit sowie Lärmgutachten seien durchgeführt beziehungsweise erstellt worden, berichtet Bürgermeister Meschenmoser weiter.
Bislang rund 1000 Einsätze pro Jahr
Unter anderem sei ermittelt worden, ergänzt Bürgermeister Meschenmoser, dass vom Standort Friedrichshafen innerhalb von 20 Minuten mit dem Hubschrauber 990.000 und von Deggenhausertal aus 1,1 Millionen Menschen erreicht werden können. Auch die Bereiche Sigmaringen und Ravensburg seien von Deggenhausertal aus besser erreichbar. Der Rettungshubschrauber sei nur tagsüber im Einsatz und die Lärmemissionen würden deutlich unter den Grenzwerten liegen. Der Hubschrauber habe derzeit von Friedrichshafen aus etwa 1000 Einsätze pro Jahr; im Schnitt also drei Einsätze pro Tag.

Laut Bürgermeister Meschenmoser beginnen nun die konkreten Planungen für den neuen Standort von „Christoph 45“. Er freue sich, dass der durch die Gemeinde, den Medizin Campus Bodensee und den Landkreis vorgeschlagene Alternativstandort Deggenhausertal den Zuschlag erhalten hat. „Durch ‚Christoph 45‘ in Kombination mit einer Rettungswache beheimaten wir in Zukunft eine wertvolle ärztliche Notfallinfrastruktur“, sagt Meschenmoser. Das stelle einen spürbaren Mehrwert sowohl für die Bürger als auch für die Region dar, ist der Bürgermeister überzeugt. „Wenn jemand Hilfe benötigt, sollte diese schnell vor Ort sein. Mit dem Standort Deggenhausertal wird dies ermöglicht. Somit wird dieser Standort Verantwortung übernehmen für eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe: die schnelle Rettung von Verletzten.“
Künftiger Nachbar Tammo Hagen ist im Zwiespalt
An der Straße Untere Breite in Wittenhofen wohnt Tammo Hagen. Sein Haus liegt am äußeren Rand der Siedlung und von seinem Garten aus schaut er direkt auf den weiter oben gelegenen geplanten Standort für den Rettungshubschrauber. Tammo Hagen sagt: „Ich bin zweigeteilt in der Beurteilung zu dem geplanten Standort für den Rettungshubschrauber.“
Hohe Kosten wegen Umsiedlung und neuer Infrastruktur
Einerseits steht Hagen kritisch zur Verlegung des Standortes von Friedrichshafen in die Gemeinde Deggenhausertal. Insbesondere wegen der hohen Kosten, eine neue Station mit der gesamten Infrastruktur bauen zu müssen und weil der Notarzt in Deggenhausertal auf einen Einsatz warten müsse, während er sich in Friedrichshafen in der Wartezeit um andere Menschen kümmern könnte. „Und dies in einer Zeit, da über den Fachkräftemangel geklagt wird“, befindet Tammo Hagen.

„Grundsätzlich jedoch ist die Stationierung eines Notarztes für das Tal eine Bereicherung auf höchstem Niveau. Dass Menschen so schnell geholfen werden kann, ist gut und richtig sowie die optimale Lösung“, beschreibt Tammo Hagen seinen anderen Gemütszustand dar. Als Hobbypilot habe er keine Bedenken wegen der möglichen Hubschraubergeräusche in seiner Nähe.
Künftige Nachbarin Rita Schenzle: Leider keine Vorabinformation
Rita Schenzle, die ebenfalls in Wittenhofen wohnt, zeigt sich etwas enttäuscht, dass eine Vorabinformation nicht stattgefunden hat. „Ich habe auf Facebook und im SÜDKURIER davon erfahren. Es geht um Menschenrettung und da müssen wir gegebenenfalls auch die Flüge des Rettungshubschraubers in Kauf nehmen“, legt Schenzle ihren Standpunkt dar.