Die Nester im Katharinenfelsen in Überlingen sind verwaist. Die Waldrappe halten sich inzwischen im Salemertal auf. SÜDKURIER-Fotograf Harald Böttger sind nahe Leustetten mit viel Abstand und der passenden Fotoausrüstung Bilder der Vögel gelungen. Zu sehen sind Jungvögel und Adulte. „Man kann die Jungvögel gut daran erkennen, dass ihr Gesicht noch befiedert ist“, sagt Anne-Gabriela Schmalstieg. Sie war Ziehmutter für die Handaufzuchten im Bodenseekreis und betreut inzwischen die Brutkolonie in Überlingen.

Laut Schmalstieg haben die Waldrappe die Felswand Ende Juli verlassen und halten sich seitdem meist zwischen Frickingen und Salem auf. „Dort sind sie tagsüber auf Futtersuche und suchen sich Schlafplätze, bis es dann in den Süden geht. Das Gebiet haben sie sich selber ausgesucht und es hat die besten Voraussetzungen. Nur der adulte Bernardo macht gern Ausflüge in Richtung Steißlingen“, berichtet Schmalstieg.
Zur Gruppe der Jungvögel, die in der Felsnische geschlüpft und flügge geworden sind, ist der subadulte Waldrapp Grazia hinzugestoßen. Der Vogel ist 2022 in Überlingen geschlüpft und selbstständig zurückgekehrt. „Sie ist noch nicht geschlechtsreif, aber trotzdem super, dass sie es geschafft hat. Beste Voraussetzungen, dass sie im nächsten Jahr dann selber brüten kann, da sie die Felsnische nun auch kennengelernt hat“, erklärt die Birdmanagerin.
Noch betteln sie bei ihren Eltern um Futter
Die Jungvögel sind ihren Eltern jetzt auf Futterwiesen gefolgt und haben gelernt, selbstständig nach Nahrung zu suchen. „Das klappt schon sehr gut, auch wenn sie gern noch bei den Eltern betteln. Es ist wirklich wunderbar, ihnen dabei zuzuschauen“, findet Schmalstieg.

Der nächste große Schritt ist der Abflug ins Winterquartier in der Toskana. „Im letzten Jahr haben sie sich im Oktober auf den Weg gemacht. Durch die immer längeren Wärmeperioden im Herbst starten sie meist erst so spät, dass sie nicht mehr genug Thermik haben, um die Alpen zu überqueren. Ich bin aber voller Hoffnung, dass sie es in diesem Jahr schaffen“, sagt Schmalstieg. Ihre Zuversicht begründet sie mit einem Beispiel: Rupert, die vergangenes Jahr in der Schweiz gebrütet habe, „ist selbstständig und ohne Eingreifen in die Toskana geflogen und hatte auch einen ihrer Jungvögel dabei. Es bleibt also spannend, wann sie sich dieses Jahr entscheiden, loszufliegen“. Im Notfall hat das Waldrappteam auch schon mit Fahrten Richtung Süden ausgeholfen.
Schmalstieg zufolge werden die Jungvögel Ende August besendert. „Dann werden sie auch beringt und bekommen nach der Geschlechtsanalyse ihre Namen.“ Gestört hatte die Kolonie, dass Unbekannte mehrfach eine Drohne an den Katharinenfelsen gesteuert hatten. Schmalstieg hatte daraufhin Anzeige gegen Unbekannt gestellt. „Es wurde niemand erwischt, aber dennoch hat das Thema eine große Aufmerksamkeit bekommen, sodass keine Sichtungen von Drohnen mehr zu erkennen war. Die vielen Besucher vor Ort haben keine Drohne mehr gesehen, worüber ich sehr froh war. Das hätte bestimmt wer mitbekommen und gemeldet. Ich möchte mich da bei allen bedanken, die mir alles gemeldet haben“, sagt die Tierschützerin.