Jeder kennt sie, die Schmetterlinge im Bauch, wenn es einen neuen Menschen im Leben gibt. Alles ist unbeschwert, alles ist leicht und auch im Bett gibt es keine Probleme. Sex gehört dazu, wenn sich zwei Menschen frisch verlieben – immer und immer wieder. Und meist klappt es im Bett am Anfang wunderbar.
Sex macht glücklich

Das wissen auch die Paartherapeuten Markus Hener und Odette Lassonczyk, die in Friedrichshafen ihre Praxis betreiben und schon viele Paare begleitet haben. Guter Sex ist auch in einer langen Beziehung äußerst wichtig. „Sex ist hilfreich, um die Intimität, das Nahesein, das Vertrautsein immer wieder zu unterstreichen“, erklärt Markus Hener.
Auch die Therapeutin Christiane Sautter aus Ravensburg unterstreicht, dass es die körperliche Nähe ist, die eine gute Beziehung noch besser macht. „Beim Sex kommen sich zwei, die sich lieben, so nahe, wie sonst mit keinem. Diese Verbindung ist etwas ganz Exklusives“, erklärt die Therapeutin.
„Der Mensch braucht die Bindung. Und Sex macht glücklich, weil dabei der Körper das Bindungshormon Oxytocin ausschüttet. Deswegen tut es uns Menschen unglaublich gut, wenn wir mit einem anderen Menschen schlafen.“Odette Lassonczyk, Paartherapeutin aus Ravensburg
Doch auch in den besten Beziehungen kann Sex zum Thema werden – weil er langweilig wird, weil keine Zeit mehr dafür da ist, weil einer der Partner keine Lust mehr verspürt: Die Gründe sind vielseitig. Doch wie spreche ich mit meinem Partner über den Frust im Bett? Ein Überblick über die besten Methoden:
Reden Sie über Ihre Fantasien!

Geht es um Sex, so sind wir alle vielen Eindrücken von außen ausgeliefert. Allüberall ist Pornographie in unterschiedlichsten Weisen verfügbar: In der Literatur, als Filmchen im Netz, in den Medien. Und so entstehen automatisch bei allen Menschen sexuelle Fantasien, die aber nicht immer auch Realität werden müssen. „Es gibt einen Unterschied zwischen einer Fantasie und einem Bedürfnis. Nicht jede Fantasie ist automatisch auch ein Bedürfnis“, erklärt Odette Lassonczyk.
Andere Menschen dagegen wollen ihre Fantasien auch ausprobieren. Doch das geht nur, wenn man sich überwindet, auch mit dem Partner darüber zu sprechen. „Es ist wichtig, dass die Partner konkrete Wünsche und Bedürfnisse äußern“, erklärt Markus Hener.
„Einer muss sich ein Herz fassen, denn das ist die einzige Chance, dass ein Paar auch einmal etwas Neues ausprobiert.“Markus Hener, Therapeut aus Friedrichshafen

Auch wenn das nicht immer einfach ist. „Einer muss sich ein Herz fassen, denn das ist die einzige Chance, dass ein Paar auch einmal etwas Neues ausprobiert“, erklärt der erfahrene Therapeut. Damit werde auch das lange eingeübte „Standardprogramm“, das in vielen Ehebetten herrscht, erfrischt und die Lust neu entfacht.
Warum Überraschungen keine gute Idee sind
Wer schon immer mal etwas ganz Neues oder ganz Verrücktes ausprobieren wollte, sollte seinen Partner aber nicht einfach so damit überraschen. Denn das könnte zu Problemen führen, die es in sich haben können. Manche Menschen wollen sich beispielsweise verkleiden, um dem Sex einen neuen Kick zu geben – ob als Krankenschwester, Teufel oder in Polizeiuniform.
Therapeutin Odette Lassonczyk warnt vor solchen „Überraschungsangriffen“ auf den Partner. „Manche Menschen hassen Überraschungen. Sie können ja auch nicht einfach einen Tangokurs buchen, wenn sie Tango tanzen wollen, ohne ihren Partner zu fragen“, erklärt Lassonczyk.
„Es ist wichtig, über die Wünsche zu sprechen. Dann kann der Partner entscheiden, ob er die Fantasien des anderen auch anregend findet.“Christiane Sautter, Therapeutin aus Ravensburg

Grundsätzlich aber gilt: Keiner muss dem anderen zuliebe Dinge tun, die er nicht will. „Sonst kommt es schnell zu einem Machtkampf zwischen den Partnern. Wenn einer der Beziehung zuliebe mal etwas Neues ausprobiert, dann ist das etwas anderes“, erklärt Paartherapeutin Lassonscyk.
Sado-Maso, Fetisch, Swingerclubs und Co.

Manch' einer glaubt, sexuelle Fetische seien pervers, andere können sich nichts anderes vorstellen. Es gibt Menschen, die lieben es, beim Sex gefesselt oder gar verhauen zu werden, andere stehen auf Lack- und Lederklamotten, wieder andere auf High Heels. Allen gemeinsam ist, dass bestimmte Objekte sie sexuell erregen, was als Fetisch bezeichnet wird.
Und manch‘ ein Paar geht gerne gemeinsam in den Swingerclub, um dort mit fremden Menschen Sex zu haben – eine Vorstellung, die nicht jeder teilen kann. Wenn zwei Menschen aufeinander treffen, bei denen nur einer auf Fetisch, Sado-Maso oder Swingen steht, dann kann es kompliziert werden. „In solchen Fällen kommt es ganz darauf an, wie viel Liebe und Vertrauen in den Partner da ist“, erklärt Paartherapeutin Christiane Sautter. „Die Frage ist, ob der andere sich darauf mal einlässt und sich das mal anschaut“, so Sautter. In manchen Fällen finden Paare dann auch etwas Neues – wie im Bestseller "Fifty Shades of Grey".

In manchen Fällen aber auch nicht. „Wenn einer auf Latexmasken steht und der andere bekommt dabei Erstickungsanfälle, funktioniert das natürlich nicht. Wenn sich beide nicht auf etwas Drittes einigen können, an dem beide Spaß haben, geht es in der Beziehung offensichtlich nicht um Liebe. Das hat keine gute Prognose“, sagt Christiane Sautter.
Wichtig aber bleibt auch bei diesem Thema, dass auch Menschen mit speziellen Neigungen ganz normale Beziehungen führen können. Andersartigkeit sollte niemand verurteilen oder fürchten – denn während die einen auf Blümchensex stehen, werden andere nur sexuell erregt, wenn es aufregender zugeht.
Pornos sind kontraproduktiv

Jeder kennt sie, jeder hat wohl auch schon einmal einen geschaut: Pornos. Die Filme gibt es im Netz millionenfach und sie werden millionenfach geklickt. Das Geschäft mit der Lust boomt, die Porno-Industrie macht Milliarden mit den Filmchen, die von schlecht gemacht bis hin zu qualitativ wertvoll alles rund um den Sex bieten – ob Blümchensex, Fetisch oder selbst gedreht – für jede Sexpraktik gibt es unzählige Videos.
Doch für Paartherapeut Markus Hener macht es wenig Sinn, sich als Paar vor den PC zu setzen, um sich neue Ideen zu holen. „Davon würde ich abraten“, meint der Coach. „Pornos sind kontraproduktiv und sind nicht für Menschen gemacht, die eine Langzeitbeziehung haben. Es geht nämlich beim Sex mit dem Partner eben nicht um Stellungen, sondern um das Gefühl“, erklärt Hener. Denn nur, wenn zwischen beiden Partnern echte Nähe besteht, wird es im Bett richtig gut.
„Beim Sex geht es um die tiefe Verbundenheit zum anderen. Erst wenn wir uns beim anderen tief fallen lassen können, haben wir richtig guten Sex.“Enno Kastens, Paarberater aus Lörrach
Wenn einer will und der andere keine Lust hat

Eines der Geheimnisse der Liebe kennen nur wenige. Denn in einer Beziehung will auf vielen Ebenen immer einer mehr als der andere. Ob es um Geld, um Macht oder um Sex geht: Wenn zwei sich zusammentun, tarieren sie sich aus. Und das gilt auch in der Sexualität. „Es gibt bei fast allen Paaren ein Ungleichgewicht. Es gibt immer einen Partner, der mehr Lust verspürt, und einen, der weniger Lust hat“, erklärt Paarberater Enno Kastens. Er rät in diesem Fall dazu, dem anderen seine Not mitzuteilen. „Wenn wir miteinander sprechen, schafft das Intimität. Und erst aus dieser Intimität heraus kann sich das Problem lösen“, so Kastens.
Appetit kommt bekanntlich beim Essen
Markus Hener weiß aus der Arbeit mit vielen Paaren, dass dieses Ungleichgewicht aber schwer zu lösen ist. „Man kann sich nicht einfach dazu zwingen, genau so viel Lust wie der andere zu haben, man kann nur gut damit umgehen.“ Der, der das geringere Verlangen hat, habe deswegen die Verantwortung dafür, auch dem anderen entgegenzukommen. Christiane Sautter rät: „Bevor jemand neben mir verhungert und ich liebe diesen Menschen wirklich, dann halte ich nicht hin, sondern gebe mich ihm hin. Außerdem kommt der Appetit bekanntlich oft beim Essen.“ Das gelingt allerdings nur, wenn Liebe im Spiel ist.
Slowsex als echte Alternative

Eine weitere Option wäre es, statt nach dem Leistungsgedanken, der noch in vielen Schlafzimmern herrscht, einfach mal die Ansprüche herunterzuschrauben. „Slowsex ist eine gute Alternative. Das bedeutet, einfach nur zärtlich miteinander zu sein, ohne an multiple Orgasmen zu denken. So kann auch die Lust wieder erwachen“, sagt Odette Lassonczyk.
Verabreden Sie sich mit Ihrem Partner
Wer kennt das nicht? Der Alltag ist mit Terminen zugekleistert, die Kinder wollen da- und dorthin gebracht werden, Hobbies gelebt werden. Zeit für die Partnerschaft bleibt kaum noch. Aber genau diese Zeit müssen Sie sich nehmen, denn sonst kommt ihre Beziehung schnell ins Straucheln und auch der Sex wird nach und nach immer seltener. Da hilft ein ganz einfacher Tipp: Verabreden Sie sich mit Ihrem Partner. „Viele Paare glauben, Sex müsste aus einer spontanen Lust heraus geschehen – aber das ist falsch“, weiß Markus Hener.
Für seine Kollegin Christiane Sautter steht fest, dass Alltag und Kinder „absolute Lustkiller“ sein können. „Da hilft es, sich Sex-Termine zu machen“, sagt Sautter und fügt lachend hinzu: „Den Männern sage ich immer, dass sie ja auch einen Termin brauchen, wenn sie in den Puff gehen.“ Also machen Sie ein Date mit Ihrem Partner aus – Sie werden sehen, dass das ganz neue Räume für Ihr Sexleben eröffnen kann.
Flaute im Bett zeigt Beziehungsprobleme an
Wenn es mit der Lust nicht mehr recht klappen will, stecken dahinter meist auch andere, grundsätzlichere Probleme. „Sex ist eigentlich immer nur ein Symptom, ein Anzeiger für die Paarbeziehung“, erklärt Paarberater Enno Kastens, der als Paarberater in Lörrach und Freiburg Kurse und Coachings anbietet. Gibt es grundsätzliche Spannungen bei einem Paar, dann wird es auch schnell im Bett fade. „Die meisten Paare, die keinen Spaß mehr beim Sex haben, haben auf einer anderen Ebene ein weiteres Problem. Sie sind sich nicht mehr so nah“, erklärt Therapeut Markus Hener.
Gute Sexualität könne eben nur gelingen, wenn das Paar auch auf anderen Ebenen gut miteinander umgehe, so Hener. Alles hängt eben in einer Paarbeziehung eng miteinander zusammen“, weiß Odette Lassonczyk.
Gute Beziehungen brauchen Raum zum Wachsen
Was für den Sex gilt, gilt erst recht für eine gute Beziehung. Denn nur, wenn sich die Partner nahe sind, wenn sie sich einander zeigen, wie sie wirklich sind, dann gelingt es auch, lange gemeinsam glücklich zu sein. Aber auch das passiert nicht einfach so, sondern ist Beziehungsarbeit, die Tag für Tag geleistet werden muss. Es geht darum, sich regelmäßig auszutauschen, Dinge miteinander zu tun, ihre Freizeit gemeinsam zu verbringen – schon kleine Gesten sind da hilfreich.
„Unspektakuläre Zeit zu zweit ist immens wichtig. Paare müssen sich Beziehungsinseln schaffen.“Enno Kastens, Paartherapeut aus Lörrach
„Bringen Sie Ihrem Partner einen Kaffee ans Bett oder schlüpfen Sie zu ihm unter die Dusche“, rät Christiane Sautter. Wichtig ist, dass sich ein Paar noch etwas zu sagen hat. Für Enno Kastens ist klar, dass Paare sich „Beziehungsinseln“ schaffen müssen, um Zeit miteinander zu verbringen. „Wichtig ist ganz unspektakuläre Zeit zu zweit, da reicht schon ein kleiner Abendspaziergang – es muss nicht automatisch ein Fünf-Gänge-Menu im Restaurant sein“, so der erfahrene Paar-Coach. Das klinge zwar kinderleicht, sei aber gar nicht so einfach.
