Kurz vor dem ersten Corona-Lockdown, der Mitte März 2020 begann, übernahmen Simone Haupt und Markus Weinmann den Auenhof. Einfach war das nicht für das damals noch unverheiratete Paar. „Wir hatten nicht nur eine schlaflose Nacht“, erinnert sich Markus Weinmann. Schließlich hatten sie ordentlich in ihren Pferde-und Geflügelhof investiert.
Vorbesitzer standen mit Rat und Tat zur Seite
Aus Filderstadt frisch nach Salem auf den abgelegenen Hof am Ortsrand von Neufrach gezogen, hätten sie ihre Familie und Freunde aus dem Stuttgarter Raum schon sehr vermisst, erzählt das Paar rückblickend auf die Anfangszeit. Was ihnen sehr half: Zu Beginn stand ihnen die Vorbesitzerfamilie Haug mit Rat und Tat zur Seite.
Trotz des Lockdowns habe der erste Martins-und Weihnachtsgänseverkauf im Jahr 2020 dann aber wider Erwarten gut funktioniert. Im vergangenen Jahr seien sie erstmals ganz auf sich alleine gestellt gewesen, erzählt Weinmann. Weil das Pandemie-Problem weiter bestand und sie nicht abschätzen konnten, wie es weitergeht, versuchten sie dann, sich zusätzliche Geschäftsfelder zu schaffen.
Es blieb ihnen nichts anderes als die Flucht nach vorne
„Wenn wir das alles vorher gewusst hätten, hätten wir uns aus wirtschaftlichen Gründen vielleicht nicht getraut“, sagt die 36-Jährige, die inzwischen Simone Weinmann heißt. So sei ihnen aber nichts anderes übrig geblieben, als die Flucht nach vorne anzutreten. „Wir sind es optimistisch angegangen und haben uns breiter aufgestellt“, erklärt Weinmann. Zusätzlich zu einer rund 150-köpfigen Gänseschar begannen sie unterm Jahr noch mit dem Verkauf eigener Hähnchen.
Mittlerweile kommen acht Kinder zum Reiten
Auf mehrfache Nachfrage hin, gibt es inzwischen auch wöchentliche Ponyreitstunden. Mittlerweile kommen acht Kinder zum Reiten. „Es ist schön zu sehen, wenn Kinder ihre Zeit draußen und mit Tieren verbringen, anstatt nur am PC zu sitzen“, findet Simone Weinmann. Auch dem alten Reiterstübchen auf dem Gelände hat die junge Frau ein neues Gesicht verpasst. Außerdem bauten sie und ihr Partner eine Terrasse.

Und das alles nebenbei. Weil der Hof finanziell noch lange nicht genug abwirft, sind beide immer noch berufstätig. Sie arbeiten im Vertrieb, wenn auch coronabedingt viel von zuhause aus. Ihr Arbeitstag beginnt demzufolge ziemlich früh und endet spät. Dennoch wollen sechs Hektar eigenes Land und drei Hektar gepachtete Fläche bewirtschaftet werden. Neun eigene Pferde und drei Pensionspferde gilt es zu versorgen. Dazu gehört auch, die Ställe der Tiere regelmäßig zu richten.
Die Gänse, die als Küken auf den Auenhof kommen, brauchen in den ersten Wochen besondere Zuwendung. Fünf bis sechs Mal täglich müsse bei den Junggänsen allein die Stalltemperatur kontrolliert werden. Mit der achten Woche kommen sie gemäß Weinmann in den Freilauf. Jetzt reiche zweimal tägliche Kontrolle.
Auch Gäste aus der Nachbarschaft waren bei der Heirat im Überlinger Rathaus dabei
Obwohl sie wegen der Anfragen aus der Gastronomie schon vor zwei Wochen mit dem Schlachten begonnen haben, hat das junge Paar doch noch Zeit gefunden, sich einen Traum zu erfüllen. Sie gaben sich im Überlinger Rathaus das Ja-Wort. Dass neben der Familie auch Gäste aus der Nachbarschaft dabei waren, hat die Weinmanns besonders gefreut.
Solidarität in der Landwirtschaft schafft Kontakte
„Es ist einfach super, dass wir solche Kontakte schließen konnten, die zu Freundschaften wurden“, freut sich das Hochzeitspaar. Wie sie so schnell Fuß gefasst haben in der Region trotz der Pandemie? „Zumeist über nachbarschaftliche Kontakte und landwirtschaftliches Arbeiten“, erklärt das junge Ehepaar. In der Landwirtschaft unterstütze man sich eben gegenseitig. Beim Ausleihen von Ackergeräten hätten sie beispielsweise einen Jungbauern kennen und schätzen gelernt.
Initiative „Salemertal genießen“ eröffnet den Weinmanns ein Netzwerk
Mit einer Familie, die ebenfalls Pferde züchtet, haben sie sogar schon gemeinsam eine Maschine angeschafft. Das zeuge von gegenseitigem Vertrauen. Ein Netzwerk konnten sie knüpften, in dem sie sich der regionalen Initiative „Salemertal genießen“ angeschlossen haben. “Wir sind selbst relativ offen für Kontakte und wurden hier in die Freundeskreise unserer Nachbarn und Bekannten sehr gut aufgenommen“, sagen die Weinmanns. Sie fühlten sich in Salem inzwischen „wie zuhause“, sagen die neuen Eigentümer des Auenhofes.