Wenn Corona nicht gewesen wäre, hätte der Maler Robert Schneider seine Ausstellung in der Villa Berberich selbst erleben können. Doch der Künstler ist im Februar überraschend gestorben. Die Werkschau im Kunstverein Hochrhein, die 2020 zwei Mal verschoben werden musste, hat er noch selber mit geplant, die Bildauswahl getroffen und das Konzept weitgehend erarbeitet.

Es war der ausdrückliche Wunsch der Familie und des Kunstvereins-Vorsitzenden Frank van Veen, diese Einzelausstellung – die erste nach dem Tod des Künstlers – in memoriam stattfinden zu lassen. Zur Eröffnung kamen aus Hamburg die Witwe Ev Schneider und ihr Sohn, der Kunsthistoriker Pablo Schneider.

Mit seiner unverkennbar realistischen Handschrift thematisierte Robert Schneider die Gegenwart, die Gesellschaft, aktuelle und historische Ereignisse, die geschundene Kreatur und die zerstörte Natur. Der stimmig gewählte Ausstellungstitel „Abgründige Schönheit“ weist auf die beiden Seiten im Werk Schneiders hin: auf die malerisch-ästhetische Komponente wie auf die schweren, kritischen Themen.

Die Ausstellung mache es dem Betrachter nicht leicht, gebe aber einen „wohldosierten Einblick in ein großes Werk, das die Schleier vor den oftmals verdrängten Katastrophen unserer Welt abzieht“ und fordere auf, diese Blicke auszuhalten. So deutete Jürgen Glocker in seiner Laudatio am Sonntag im Park der Villa den Inhalt von Schneiders Malerei. Sein Werk sei von herber, bitterer Schönheit.

Nur zwei Beispiele, die diese Ansicht bestätigen: Zum einen das eindrückliche Kerzenbild aus der Serie der „Lichtbilder“, zum anderen das erschütternde Selbstbildnis „Gestürzt“. Es stellt den Gefallenen als Bild im Bild auf der Staffelei dar, was etwas Surreales hat und auf Schneiders Anfänge verweist, in denen er surrealistisch gearbeitet hat. Auch wenn es nicht so berühmt ist wie Gerhard Richters Kerzenbild, so haben die brennenden Kerzen in Schneiders eindrücklichem Gemälde ebenfalls einen hohen Symbolgehalt mit ihrem Lichtermeer der Flammen, und deuten auf Vergänglichkeit, Verzehren, Für-etwas-Brennen (für die Kunst).

Gegenüberstellungen wie der Themenkreis Eis und Feuer verraten, dass sich der Maler intensiv mit der Kunstgeschichte auseinandergesetzt hat. Bei ihm sind es Reifenspuren im Schneematsch oder eine unwirkliche Häuserruine im Schnee. In den „Feuerbildern“ geht es um die Zerstörung von Lebensraum. Das Motiv eines Großbrandes füllt eine ganze Wand. Egal, ob das Feuer gelegt wurde, ob es ein Waldbrand ist oder eine Explosion, man sieht nur dramatisches Flackern und schwarze Rauchwolken. Beeindruckend auch ein Trümmerbild aus der Serie der „Anschlags- und Zerstörungsbilder“. Einige Bildelemente erscheinen als Kunstzitat, sind zerschnitten oder herausgerissen, aber gemalt im Sinne einer Augentäuschung.

Es gibt einen biografischen Raum mit einem wohl unvollendeten Selbstbildnis und dem Bildnis seiner Frau, die den Rahmen hebt. Und einen Raum mit Wasserthemen, die die Umweltverschmutzung fokussieren: Überfischung der Meere, Verschmutzung des Wassers – wobei der Plastikabfall wiederum sehr ästhetisch gemalt ist. Unter den Arbeiten aus verschiedenen Werkphasen und Zyklen fallen die „Egos“ ins Auge, keine Porträts, sondern Typen der Ich-Gesellschaft, immer von hinten dargestellt, sowie die Serie von Glatzköpfen als Hinterköpfe. Eine Schocktherapie ist die Reihe der drastisch dargestellten Fleischstücke am Fleischerhaken. Da tut es Not, dass am Eingang ein „Hygienebild“ hängt, ein Waschraum – eigentlich ein Kommentar zu Corona.

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