Sechs Bürgermeister und ihr jeweiliges Rathausteam, sechs Ärzte und dazu ein Mitarbeiterstab aus dem Freiburger Impfzentrum haben gestern in der Bonndorfer Stadthalle Senioren über 80 Jahren ihre Erstimpfung gegen das Coronavirus ermöglicht. Insgesamt 650 Impfdosen des Impfherstellers Moderna waren das für die Bürger aus den Gemeinden Bonndorf, Grafenhausen, Ühlingen-Birkendorf, Wutach, Stühlingen und Eggingen.

Medizinstudenten freuen sich, helfen zu können: Vor Ort waren Philipp Maner und Elena Seidl.
Medizinstudenten freuen sich, helfen zu können: Vor Ort waren Philipp Maner und Elena Seidl. | Bild: Gudrun Deinzer

„Wir sind hier im Kreis vorgeprescht mit dem Impfen vor Ort, erst in Rickenbach und dann in Häusern“, erläutert der Mediziner Olaf Böttcher, der schon vor Jahresfrist die Fieberambulanz leitete, die die Kassenärztliche Vereinigung in Waldshut eingerichtet hatte.

Nun, endlich sei man auch auf Landesebene im Sozialministerium auf den Trichter gekommen, dass man nicht einfach alle Senioren nach Tiengen ins Kreisimpfzentrum schicken kann, meint er, mit unverhohlen kritischem Unterton. Jedenfalls hat nun in Bonndorf mit dieser Aktion der erste dezentrale Impftermin stattgefunden, wie sie nun, zentral in Absprache mit der Landesregierung, in ganz Baden-Württemberg geplant werden.

Lob für Foyer

Die Verhältnisse vor Ort seien nachgerade ideal, lobt Böttcher: „Ein Geschenk des Himmels ist das Foyer, da können die Senioren in der Wärme warten.“ Nicht zuletzt gilt sein Lob der Stadt und ihren Mitarbeitern. In gerade einmal einer Stunde sei mit Bürgermeister Michael Scharf der Rahmen besprochen gewesen.

Scharf selbst gibt zu, dass ihm am vergangenen Dienstag, als nachmittags feststand, dass dieser Termin organisiert werden muss, Tränen der Rührung in den Augen gestanden hätten. Ordnungsamtsleiterin Alexandra Ruf erläutert die Gründe dafür: Den Feierabend hätten die Kollegen fraglos für die Senioren der Stadt eingesetzt, damit die Senioren via Anruf informiert werden konnten. Damit sich die Senioren fremden Ärzten gegenüber dennoch daheim fühlen, werden es bis zum Ende des Impftermins alle Bürgermeister gewesen sein, die ihre Bürger begrüßen und geleiten.

Eingespieltes Krisenteam begrüßt Senioren

„Ich bin schon freudig aufgeregt, ob auch alles klappt“, sagt Alexandra Ruf, vor Ort. Freilich bestätigt sich das harmonische Miteinander des Teams. Nachdem Gudrun Boll allen Mitarbeitern einen (schließlich negativen) Corona-Schnelltest abgenommen hat.

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Sie verteilen sich an den zugeordneten Stationen, vor der Türe, im Innenbereich des Foyers, der ordentlich abständig gestuhlt ist, gegenüber den vier Anmeldestationen. Am Eingang zur Impfhalle begrüßen Scharf und Ruf als eingespieltes Krisenteam die Senioren. Claudia Schneider und Silvia Meier geleiten an die frei werdenden Impfparzellen, in denen die Ärzte die Impfwilligen erwarten. Andere betreuen den Wartebereich vor dem Ausgang.

Kurz vor den ersten Senioren ist ein gut eingespieltes Team des Freiburger Impfzentrums eingetroffen. Sie organisieren den „medizinischen Empfang“, Erfassung und nicht zuletzt die Vorbereitung der Impfdosen. Beim Aufziehen der Impfungen sitzen die Medizinstudenten Philipp Maner und Elena Seidl.

„Es ist großartig, dass wir hier mitarbeiten können“, meint Maner. Das Studieren in Corona-Zeiten sei alles andere als Zuckerschlecken. Man habe keinen Kontakt zu Kommilitonen. „Ich sitze am Laptop und das war es. Da ist man einfach nur froh, wenn man aktiv etwas gegen die Pandemie tun kann“, erläutert der Student.

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Die Senioren sind freundlich-freudig gelassen. „Ich habe kein Auto und finde es toll, dass wir das Angebot hier in Bonndorf haben“, erzählt Frieda Robold, für die mit ihrem Rollator sogar der Weg aus dem Bildstöckle bis zur Stadthalle zu weit gewesen wäre, sie hat ein Taxi genommen.

Sehnsucht nach Normalität

Ein kurzer „Pikser“ von Olaf Böttcher und sie wundert sich: „Ich habe ja gar nichts gespürt! Das hätte ich noch länger ausgehalten. Ich habe ja sonst nichts zu tun.“ Auf dem Weg zum Ruhebereich bleibt sie lange stehen bei einer Bekannten. „Man muss das Beste draus machen“, meint diese und dennoch ist die Sehnsucht nach Normalität riesig.

„Es ist einfach schwierig, wenn man gar nicht mehr raus kommt“, so Frieda Robold, die sich die Zeit beispielsweise mit Handarbeiten vertreibt. Soviel kontaktarme Zeit war übrig, dass nun ein Babydeckchen entstanden ist, für das noch jegliche Zuordnung fehlt. „Das ist für das nächste Mädchen, das kommt, es ist nämlich rosa.“

Der Mediziner Olaf Böttcher beim Impfen von Frieda Robold.
Der Mediziner Olaf Böttcher beim Impfen von Frieda Robold. | Bild: Gudrun Deinzer

Olaf Böttcher indes sieht Land. „Ich sage schon lange, dass wir diejenigen mit vielen Kontakten impfen müssen. In den Praxen stehen die Menschen seit zehn Monaten ohne Schutz in vorderster Reihe“, sagt er und zählt weitere Gruppen auf: Feuerwehr, Polizei, VerkäuferInnen, Erzieher- und Lehrpersonal. Dass diese Gruppen nun Stück für Stück mittels Impfung aus der Gefahrenzone gebracht werden, äußert er mit hörbarer Befriedigung. Und er wagt Prognosen: Wenn in den Praxen geimpft werde, sei es sicher vorbei mit der Impfreihenfolge. „Im Juli sind wir durch mit den Impfwilligen.“

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