Herr Wiener, wie geht es Ihnen nach dem Wahlabend?
Ich bin offen gestanden immer noch sehr emotional. Langsam kommt es bei mir an, dass ich der neue Bürgermeister von Hohentengen sein werde, aber es wird wohl noch etwas dauern, bis ich das alles fassen kann.
„Werde von Eindrücken lange zehren“
Es ging ja nach Verkündung des Ergebnisses alles Schlag auf Schlag. Was bleibt Ihnen besonders in Erinnerung?
Abgesehen vom Ergebnis natürlich vor allem die vielen Eindrücke. Meine Familie natürlich, die mich die ganze Zeit unterstützt hat. Die vielen Menschen, die tolle Musik der Vereine, die Bürgermeisterkollegen, die eigens aus dem ganzen Kreis angereist sind, die Mitarbeiter, die gratuliert haben. Vor allem meine Studienkollegen, die aus ganz Baden-Württemberg nach Hohentengen gekommen sind, haben mich unheimlich überrascht. Das sind alles Eindrücke, von denen ich lange zehren werde.
Beeindruckend ist natürlich das Ergebnis von 84 Prozent der Stimmen. Wie sehr hat Sie die Deutlichkeit überrascht?
Sehr. Ich habe gehofft, dass es reicht, zumal ich mit Herrn Schanz einen starken Gegenkandidaten bekommen habe. Aber diese Deutlichkeit habe ich sicherlich nicht erwartet.
Wie erklären Sie sich das?
Wie Wahlkampf in der Theorie geht, habe ich während meines Studiums gelernt. Ich habe versucht, möglichst viel davon in der Praxis zu testen und anzuwenden. Ich glaube, das ist mir sehr gut gelungen und das Wichtigste konnte ich den Bürgern präsentieren. Wir waren aber auch in vielerlei Hinsicht zwei sehr gegensätzliche Kandidaten, und haben uns einen sehr intensiven Wahlkampf geliefert. Ich denke, es war auch eine Richtungsentscheidung zugunsten des jungen Kandidaten, der frischen Wind in die Gemeinde bringen kann.
„Intensivste Wochen meines Lebens“
Sie sprachen am Wahlabend mit Blick auf den Wahlkampf von den „intensivsten Wochen“ Ihres Lebens. Was meinen Sie damit?
Ich habe etwa 140 Termine absolviert. Ich denke, man kann durchaus von einem Turbowahlkampf sprechen. Der hat schon vor meiner offiziellen Bewerbung begonnen, denn ich habe mich intensiv mit der Gemeinde und den aktuellen Themen beschäftigt.
Ich habe viele Protokolle der Gemeinderatssitzungen und Zeitungsberichte gelesen, habe mich auf alle mögliche Arten informiert und erste Gespräche geführt. Grundsätzlich war mir vor allem wichtig zu zeigen, dass ich das Pensum eines Bürgermeisters bewältigen kann, und dass ich authentisch bin. Daher habe ich auch alle Reden und sonstigen Beiträge selber geschrieben.

Das klingt nach einem kräftezehrenden Unterfangen.
Durchaus. Besonders anstrengend war es natürlich vor Beginn meines Urlaubs, denn da musste vieles neben der Arbeit getan werden. Aber ich hatte schnell das Gefühl, dass es sich lohnt. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen erhalten, was mich natürlich unheimlich motiviert hat.
Ich habe bei meinem achttägigen Haustürwahlkampf, den ich mit meiner Familie und Kollegen absolviert habe, sehr viel mit genommen. Bei allen meinen Veranstaltungen kamen mehr Leute als erwartet. Richtig Rückenwind habe ich aber nach der Kandidatenvorstellung erhalten. Zum Glück habe ich trotz allem noch ein wenig Gelegenheit zum Ausgleich und für Sport gehabt, um auch mal auf andere Gedanken zu kommen.
Ihrem Mitbewerber Peter Schanz werden Sie natürlich auch in Zukunft nicht aus dem Weg gehen können. Sie haben sich einen fairen Wahlkampf geliefert. Wie schaffen Sie nun die Grundlage für eine sachliche Zusammenarbeit?
Grundsätzlich bin ich ein sehr offener Mensch und ich bin mir auch sehr sicher, dass es Anknüpfungspunkte für eine Zusammenarbeit gibt, auch wenn wir uns während des Wahlkampfes nicht direkt austauschen konnten. Aber thematisch lagen wir nicht so weit auseinander, und Herr Schanz hatte durchaus gute Ideen und Themen. Ich habe ihm schon am Wahlabend gesagt, dass ich ihn einlade, seine Themen in die weitere Zusammenarbeit einbringen soll, damit wir es gemeinsam im Sinne der Gemeinde voran bringen. Aber natürlich hängt auch einiges von ihm ab.

Wie geht es jetzt für Sie weiter?
Für mich stehen natürlich einige Veränderungen an. Zunächst werde ich vom Beamten auf Lebenszeit zum Wahlbeamten auf Zeit. Damit gibt man auch ein gewisses Maß an Sicherheit auf. Dann werde ich natürlich auch versuchen, in meinem Ressort im Ordnungsamt von Waldshut-Tiengen einen geordneten Übergang hinzubekommen. Nach den vielen Umstrukturierungen der vergangenen Jahre glaube ich aber, dass sich mein Nachfolger auf einen gut bestellten Arbeitsbereich freuen kann. Und dann geht es ja Ende Mai auch schon in Hohentengen los.
Worauf freuen Sie sich als Bürgermeister am meisten?
Vor allem freue ich mich darauf, die Mitarbeiter der Verwaltung kennenzulernen. Es ist eine top aufgestellte Truppe, soweit ich das bisher beurteilen kann, und ich bin gespannt, was wir zu leisten imstande sind. Natürlich freue ich mich auch darauf, alle Informationen und Details über die Gemeinde kennenzulernen, die mir bisher nicht zugänglich waren. Ich möchte es noch einmal in aller Deutlichkeit sagen: Hohentengen ist mehr als nur Fluglärm und Atomendlager. Wir müssen darauf natürlich immer unser Augenmerk legen, sollten uns aber auch darauf konzentrieren, zu gestalten.
Wie bereiten Sie sich und Ihre Familien auf die Übernahme des Amts vor?
Natürlich kann man nicht alle Aspekte des Amtes vorher absehen. Aber was uns ausmacht ist, dass ich schon immer neben dem Beruf viel gemacht habe, sei es Weiterbildungen oder auch mein Studium, dazu auch noch der Bau unseres Hauses. Wir haben also schon eine Menge erlebt und sind auch eine Menge gewöhnt.
Das alles war zeitintensiv und hat ein hohes Maß an Organisation und Disziplin. Ich werde natürlich versuchen, meine Prioritäten zu setzen und auch mein Privatleben so zu strukturieren, dass meine Familie nicht zu kurz kommt und wir auch in Zukunft unsere schönen Momente haben.