Ein Mittwochmorgen am Rheinfelder Bahnhof. Es ist noch vor 9 Uhr. Die Stoßzeit für Berufspendler in Richtung Basel ist vorbei. Deshalb sind es nicht viele Menschen, die auf den IRE nach Basel warten. Diejenigen, die da sind, tragen Rucksack und Wanderschuhe. Sie sind entspannt. Ein Bild, das sich auch im ankommenden Doppeldecker-Zug wiederholt. Koffer, Wanderrucksäcke mit und ohne Isomatten, Wanderstöcke, Fahrräder.
Während die meisten Pendler vermutlich schon bei der Arbeit sind, beginnt die Zeit der Ausflügler mit ihren in Klarsichtfolie eingetüteten Ausdrucken der Zugverbindungen. Klar, denn wer das Neun-Euro-Ticket nutzen will, muss auch öfter umsteigen. Der IRE rollt los, kaum jemand spricht, die Alten schauen aus dem Fenster, die Jungen aufs Handy.

Viele Ausflügler in Basel
Angekommen am Badischen Bahnhof in Basel das gleiche Bild wie in Rheinfelden – nur viel mehr Koffer und viel mehr Wanderrucksäcke, verziert zum Teil mit nachhaltigen Aluflaschen.
Diejenigen, die ihre Verbindung nicht ausgedruckt haben, stehen mit angestrengtem Blick vor den Schautafeln mit den Fahrplänen, als wären Smartphones noch nicht erfunden. Hektik ist aber kaum wahrzunehmen.

Zwischen den Ausflüglern steht Gerlinde Meier auf Gleis 8. Ohne Tourenrucksack. Nur mit einer großen Tasche und einem Buch wartet sie auf den RB in Richtung Lauchringen.
Das Ticket verbindet die Familie
Gerlinde Meier kommt aus Teningen, erzählt sie, das ist noch hinter Freiburg. „Wegen des 9-Euro-Tickets besuche ich öfter meine Tochter in Grenzach“, sagt sie. Sonst sei es immer zu teuer gewesen. Eineinhalb Stunden ist sie unterwegs – vorausgesetzt kein Zug hat Verspätung.
Genau das passiere auf der Hochrheinstrecke aber oft. Dabei ist es nur noch eine Station von Basel nach Grenzach. Sie lacht, ärgerlich sei es aber trotzdem. Normal beträgt die Umsteigezeit eine halbe Stunde. Bei Zugausfällen kann es auch länger dauern.
Es ist kurz vor zehn. Die Regionalbahn von Basel zurück in Richtung Lauchringen rollt ein. Auch wenn der Zug noch braucht, bis er losfährt, steigen Gerlinde Meier und die anderen Fahrgäste schon ein.
Das 9-Euro-Ticket gibt Orientierung im Tarifdschungel
Im Zug gibt es sie dann doch: Berufspendler. Florian Geiger ist einer von ihnen. Er kommt aus Lörrach und ist auf dem Weg zur Spätschicht nach Laufenburg.

Er kann viel über die Hochrheinstrecke erzählen. Ob die Züge zuverlässig sind? „Es ist ein bisschen ein Roulette-Spiel. Kommt der Zug an oder nicht“, sagt er. Ob das wegen des neuen Tickets zugenommen habe, könne er nicht sagen. Ausschließen könne er es aber auch nicht.
Er hat aber beobachtet, dass bei der SBB die Züge kaum ausfallen. Mit der Fahrt von Lörrach nach Basel gebe es also kaum Probleme . Aber ihm ist aufgefallen, dass mehr Leute mit dem Zug unterwegs sind. Insbesondere, wenn er früher zur Arbeit muss, sind die Züge voll.
Dass das 9-Euro-Ticket so beliebt ist, kann Geiger gut nachvollziehen. Wegen seines Schwerbehinderten-Ausweises hat er ein spezielles Ticket, das er in allen Verkehrsverbünden verwenden kann. So wie es beim 9-Euro-Ticket jetzt auch ist. „Was ich blöd finde, ist dieser Tarifdschungel. Ich bin überzeugt, dass viele das Ticket kaufen, weil es einfacher ist“, sagt er.
Freiburg der Ausflugshotspot?
Die Regionalbahn ist nicht voll, die meisten haben einen Vierer-Sitzgruppe für sich. So auch ein paar Plätze hinter Florian Geiger eine ältere Frau. Sie ist in Whylen dazu gestiegen. In Rheinfelden muss sie wieder raus. Auch sie findet, dass seit dem Ticket mehr los ist. „Aber zu anderen Zeiten“, sagt sie. Zwischen 11 und 12 sei es besonders schlimm.
Und abseits der Hochrheinbahn: „Die Züge nach Freiburg sind alle voll.“ Eine Erklärung dafür, warum so viele Rucksäcke am Basler Bahnhof zu sehen waren.
Wenige Minuten später steigt die Frau in Rheinfelden schon wieder aus. Auch für die kurze Strecke würde sich das 9-Euro-Ticket lohnen: „Schauen Sie sich allein schon die Einzelticket-Preise an“, sagt sie.
Wenn auch nicht für den Job – die kurze Strecke fährt sie regelmäßig. Das 9-Euro-Ticket hätte auch sie, wie alle angesprochenen Gäste, gerne länger.

Das Ticket löst nicht das Verspätungs-Problem
In Rheinfelden warten in der Zwischenzeit mehr Menschen. Anders als früh am Morgen scheinen die Leute nicht nach Basel sondern in die andere Richtung nach Singen zu wollen.
Der Zug kommt pünktlich an, laut den Gesprächen mit den Fahrgästen eines der größten Probleme der Hochrheinbahn: Die Unpünktlichkeit. Und auch wenn das 9-Euro-Ticket beliebt zu sein scheint. Dieses Problem wird das Ticket nicht lösen können.
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