Landrat Martin Kistler ist auf der Suche nach einer Million Euro, die er 2024 einsparen soll. Der Verwaltungsausschuss des Kreistags, in dem elf aktive und ehemalige Bürgermeister die Mehrheit haben, verordnete der Verwaltung eine Woche vor dem Beschluss über die Kreisfinanzen 2024 die pauschale Einsparung von 1,18 Millionen Euro bei den Bewirtschaftungskosten.
Das steckt hinter dem Antrag
Der Antragsteller, CDU-Kreisrat Thomas Schäuble, wollte in öffentlicher Sitzung „ein Zeichen setzen“ gegen immer mehr finanzielle Lasten, die von Bund und Land an die Kreise und Gemeinden weitergereicht werden.
Der Lauchringer Bürgermeister kritisiert vor allem, dass der Landkreis den finanziellen Mangel zwangsläufig an die Gemeinden weitergeben muss. 92,4 Millionen Euro, 9,5 Millionen mehr als dieses Jahr, sollen die 32 Gemeinden der Kreisverwaltung überweisen. Um eine Million davon will Schäuble die Gemeinden entlasten, auch weil es für einige Kommunen schon jetzt schwierig sei, den eigenen Haushaltsplan auszugleichen.
„Wir haben die Situation nicht geschaffen“, erklärte Landrat Kistler, der gleichwohl noch einmal nach Einsparmöglichkeiten suchen will. Er erinnerte an die mutmaßlich über sieben Millionen Euro Fehlbetrag für das Krankenhaus im nächsten Jahr, an die explodierenden Sozialleistungen und den stark wachsenden Personalbedarf, bedingt durch neue staatliche Aufgaben.

Schon bei der Vorbereitung des Etats kalkulierte Martin Kistler einen Fehlbetrag ein. Längst geht Personalamtsleiterin Karin Gantzer bei der Kreisbehörde nicht mehr vom angemeldeten Stellenbedarf aus, weil die Verwaltung gleich mehrfach an Grenzen stößt. Es fehlt nicht nur an Geld, in den Diensträumen in Waldshut-Tiengen und Bad Säckingen fehlt auch der Platz, und Bewerber fehlen sowieso.
Die Stelle eines Kindergarten-Fachplaners für die Sozialbehörde strich der Ausschuss mit der Begründung, dies sei Zuständigkeit der Gemeinden. Die gehen mit der gesetzlichen Pflicht der Kinderbetreuung allerdings sehr unterschiedlich um, lieferten zum Beispiel der Jugendbehörde keine Zahlen, berichtete Sozialdezernent Ulrich Friedelmeier.
Nachfragen der Kreispolitiker kamen zum Personalwunsch der Sozialbehörde nach einem „Verhandler“. Tatsächlich hat der Landkreis aktuell 67 Vereinbarungen mit 36 Trägern, die öffentliche Aufgaben erfüllen. Da müsse immer wieder verhandelt werden, und es könne dabei „viel Geld“ verloren gehen, gab der Sozialdezernent zu bedenken.
Große Mehrheit für Spar-Antrag
Am Ende stimmte die große Mehrheit dem 1-Million-Einsparantrag Schäubles zu. Nur Ruth Cremer-Ricken (Grüne) enthielt sich und will vor der Haushalts-Abstimmung wissen, wo gespart wird. Michael Thater (Freie Wähler) hielt den Schäuble-Antrag für „nachvollziehbar“, kritisierte allerdings die späte Vorlage, weil viele Gemeinden schon mit der höheren Kreisumlage geplant hätten.
Kreisrat Volker Jungmann (SPD) schloss sich Schäuble an und kritisierte die Entwicklung der Ausgaben. Auch „das ganze Sozialgedusele“ könne so nicht weiter gehen. Für Kreisrat Tobias Gantert ist die Finanzmisere um so schwerer zu verstehen, weil die öffentlichen Kassen „zehn fette Jahre“ hinter sich hätten. Jetzt kämen wohl die mageren Jahre. Mit dem Landrat war er sich einig, dass es „so nicht weitergehen“ könne.
Der Kreistag wird die Finanzen für 2024 am Mittwoch, 6. Dezember, um 15.30 Uhr im Sitzungssaal des Landratsamtes beschließen. Dabei entscheiden die Kreisräte auch über die Wirtschaftspläne seiner Eigenbetriebe, unter anderem Abfallwirtschaft, Gesundheitspark und Klinikum Hochrhein.
Kennzahlen rund um die Kreisfinanzen
- So viel Geld wie nie: Mit 320 Millionen Euro Aufwendungen wird der Landkreis Waldshut im kommenden Jahr planen, in diesem Jahr noch 284 Millionen Euro. Ein negatives Ergebnis von 4,3 Millionen Euro ist zu erwarten, die Schulden dürften von 30,2 auf 32,8 Millionen ansteigen. Der Kreis kann laut Finanzdezernent Michael Hajden im Jahr 2024 die Mittel für seine Schuldentilgung nicht mehr selbst erwirtschaften.
- Risiko Personalkosten: Zu den Unwägbarkeiten des Entwurfs gehören die Gehälter des Personals. Die knapp 63 Millionen Euro für die Beamten und Beschäftigten auf den tatsächlich besetzten 870 Vollzeitstellen gehen eher von einem moderaten Tarifabschluss aus.
- Anteil der Gemeinden: Der Beitrag der 26 Gemeinden und Städte an die Kreisfinanzen, die Kreisumlage, wird bei 91 Millionen Euro liegen. Die Belastung der Kommunen richtet sich dabei nach deren Steueraufkommen und ist höchst unterschiedlich.
- Die größten Zahler: Am meisten müssen 2024 die Städte Waldshut-Tiengen mit knapp 14 Millionen und Bad Säckingen mit gut 10 Millionen Euro zahlen. Ländliche Gemeinden liegen zwischen 2 und 4,5 Millionen Euro, der kleinste Zahler ist Ibach mit rund 190.000 Euro.