Mehr Pragmatismus beim Thema Impfen und eine zügige Öffnung der vom Lockdown betroffenen Geschäfte und Dienstleistungszweige. Das sind die zwei Kernforderungen, die nach Einschätzung der Vereinigung Badischer Unternehmerverbände (VBU) erfüllt sein müssen, soll sich die sich aufhellende Stimmung in der Wirtschaft nicht wieder verdüstern.
Denn Fakt sei laut dem scheidenden VBU-Präsident Rudolf Kastner: „Man ist auch nach einem Jahr Arbeiten unter Pandemiebedingungen noch zuversichtlich.“ Und das, obwohl die Strategie der Bundesregierung bei der Eindämmung der Corona-Pandemie nicht gerade Anlass dazu gebe.
Genau genommen stellen die Unternehmer der Verwaltung insgesamt ein desaströses Zeugnis aus: „Vieles wurde in den vergangenen Monaten bei der Pandemiebekämpfung. Die Verwaltung scheint noch immer hoffnungslos überfordert zu sein, es mangelt an guten und mutigen Entscheidungen“, so Kastners vernichtendes Fazit. Es sei ein Fehler gewesen, bei der Impfstoffbestellung auf die EU zu warten, und die Regierung könne sich „nicht ewig hinter Brüssel verstecken“, wenn es um das weitere Krisenmanagement gehe.
„Bürokratie verhindert Fortschritte“
Und generell ist nach Dafürhalten des VBU, der immerhin zehn Branchenverbände mit insgesamt 6000 Mitgliedern vertritt, nach von Beginn an zu viel Bürokratie im Spiel, die Erfolge verhindere. Das sei bei den hohen Hürden für Corona-Tests losgegangen und ziehe sich bis zur Impfstoffverteilung weiter: „Die Terminvereinbarung für eine Impfung war für die Über-80-Jährigen eine Katastrophe, das hat viele Menschen abgeschreckt.“
Die 'schlechte Handhabe' des Themas Impfen gipfle im Umgang mit dem Impfstoff Astrazeneca. Und selbst der Verlauf der Zahlungen für die Betriebe, die im Sinne der Pandemiebekämpfung geschlossen wurden, „jämmerlich“ gewesen. Zumal: „Es wurden pauschal ganze Bereiche zugemacht, ungeachtet dessen, ob dort bereits Hygienemaßnahmen ergriffen und Konzepte zum Schutz der Kundschaft erarbeitet worden sind“, kritisiert Kastner.
Die Folge sei eine Spaltung der Wirtschaft. Einerseits verzeichneten Industrie, Handwerk und Gewerbe noch immer sehr gute Geschäfte, wenngleich gerade bei der Baubranche inzwischen drastische Auftragsrückgänge zu verzeichnen seien. Andererseits seien eben Gastronomie und Einzelhandel die Hauptgeschädigten der Corona-Politik, denn ungeachtet aller Bemühungen seien diese Sektoren geschlossen.
Und dennoch: „Das Geschäftsklima hellt sich aktuell auf“, so Kastners Prognose für die kommenden Monate. Dieser Eindruck spiegle sich an der Börse wider, auch Experten prognostizieren einen leichten Aufwärtstrend.
Aufschwung nur, wenn alle Wirtschaftsbereiche wieder öffnen
Dieser komme aber nach Einschätzung der VBU nur dann, wenn die Geschäfte flächendeckend wieder geöffnet werden, und zwar unter Berücksichtigung der eingeleiteten Maßnahmen, und wenn vor allem „zügig und flächendeckend“ geimpft werde. Auch der großräumige Einsatz von Instrumenten wie der „Luca-App“, die derzeit im Stadtkreis Freiburg und im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald im Rahmen eines Pilotprojekts getestet werde, wären wichtige Schritte, um den schrittweisen Rückkehr zur Normalität zu erleichtern, ist sich der VBU sicher.
Generell wäre es nach Einschätzung des Verbandes überlegenswert, das Heft des Handelns in die Hände der Wirtschaft zu übergeben, sollen zügige und anhaltende Erfolge erzielt werden. Entsprechende Erfahrungen der von der Freiburger Wirtschaft initiierten Aktion „Tests für Freiburg“ zeigten, dass wirkungsvolle Maßnahmen nicht zwangsläufig mit überbordender Bürokratie verbunden sein müssten.
Hierbei wurden auf Basis von Spenden ein Testzentrum in einem Hotel am Freiburger Münsterplatz eingerichtet, als auch mobile Testaktionen, etwa an Schulen, in die Wege geleitet.