Es wird gebaut, Züge fallen aus, Ersatzbusse fahren. So etwas ist eigentlich immer mit Unannehmlichkeiten verbunden: Öfter umsteigen, länger unterwegs. Wie im aktuellen Fall.

Noch bis zum 22. Mai fahren wegen Bauarbeiten am Südkopf des Bahnhofs Schaffhausen keine Züge zwischen Schaffhausen und Lauchringen. Eine Reise vom Hegau nach Waldshut dauert nunmehr eine Dreiviertelstunde länger. Sie kann aber auch angenehme Seiten haben. Wir sind bei einer Fahrt dabei gewesen.

Der Start ins Abenteuer Schienenersatz

Morgens, 7.40 Uhr, geht‘s los – in Gottmadingen. So weit läuft alles noch nach Plan. Der Intercity von Stuttgart nach Zürich rauscht pünktlich durch, der Rhyhas kommt auf die Minute an – einsteigen, ab nach Schaffhausen.

7.30 Uhr am Bahnhof Gottmadingen: Warten auf den Rhyhas.
7.30 Uhr am Bahnhof Gottmadingen: Warten auf den Rhyhas. | Bild: Michael Neubert

Kurz vor Acht: Der Rhyhas spuckt die Fahrgäste in Schaffhausen aus. Normalerweise geht‘s hier um 8 Uhr weiter mit dem Interregioexpress (IRE). Gleis vier und fünf sind aber leer. Dort, wo sonst die IRE-Züge nach Basel und Singen abfahren. Am Ende der Bahnsteige sind ein Baufahrzeug und Arbeiter zu sehen.

Kurz vor acht in Schaffhausen: Die verwaisten Bahnsteige 4 und 5, wo um diese Zeit normalerweise die Reisenden auf die IRE-Züge nach ...
Kurz vor acht in Schaffhausen: Die verwaisten Bahnsteige 4 und 5, wo um diese Zeit normalerweise die Reisenden auf die IRE-Züge nach Singen und Basel warten. | Bild: Michael Neubert

Die Tafel in der Unterführung weist auf den Schienenersatzverkehr und die Dauer der Baustelle hin – rot untermalt.

Die Anzeigetafel am Bahnhof Schaffhausen weist auf den Schienenersatzverkehr hin.
Die Anzeigetafel am Bahnhof Schaffhausen weist auf den Schienenersatzverkehr hin. | Bild: Michael Neubert

Am Treppenaufgang zeigt ein Schild den Weg zu den Ersatzbussen am Busbahnhof.

Wegweiser zum Busbahnhof n Schaffhausen, zu den Ersatzbussen.
Wegweiser zum Busbahnhof n Schaffhausen, zu den Ersatzbussen. | Bild: Michael Neubert

Dort stehen zwei Busse eines Unternehmens aus dem bayerischen Nördlingen bereit. Eigentlich einer zu viel. So viele Fahrgäste kommen diesmal nicht. Das ist aber nicht immer so. Wir haben die Wahl: Gelenk- oder Reisebus.

Zwei Ersatzbusse eines Nördlinger Unternehmens warten am Busbahnhof in Schaffhausen auf die Fahrgäste.
Zwei Ersatzbusse eines Nördlinger Unternehmens warten am Busbahnhof in Schaffhausen auf die Fahrgäste. | Bild: Michael Neubert

Natürlich steigen wir in den Reisebus. Schöne bequeme Sitze, mit einem Tisch und Strom. Gegenüber sitzt Jochen Schmidt-Nawrot (53), Ingenieur aus Deggenhausertal. Er ist unterwegs nach Basel, wo er arbeitet. Sein Laptop steht aufgeklappt vor ihm. „Ich habe erst heute Morgen realisiert, dass Schienenersatzverkehr unterwegs ist“, sagt er und lacht.

8.05 Uhr: Der Bus fährt los. Vorbei an der Fassade des Schaffhauser Bahnhofs.

Vorbei am Bahnhof Schaffhausen Video: Michael Neubert

Und raus aus der Stadt. 40 Minuten wird‘s dauern, bis der Bus in Lauchringen ankommt, wo wir wieder umsteigen müssen, um die letzte Etappe mit der Regionalbahn (RB) nach Waldshut hinter uns zu bringen. Nawrot wird natürlich sitzen bleiben bis nach Basel.

Bequeme Fahrt im Reisebus Video: Michael Neubert

Er scherzt: „Das ist besser als in der ersten Klasse im Zug.“ Er ist entspannt. Dann sei er eben eine Stunde später als sonst in Basel. „Der Arbeitgeber ist flexibel. Die einzige Katastrophe ist das schlechte Mobilfunknetz auf der Hochrheinstrecke.“ Trotz aller Unannehmlichkeiten im Moment fährt er gerne mit der Bahn, das seit sechs Jahren, wie er sagt. „Die Zeit im Auto ist verschenkt, die gibt einem keiner.“

Kleiner Einwand zur Bodenseegürtelbahn

Vielmehr ärgert er sich darüber, dass die Anbindung am Bodensee seit zwei Jahren schlechter als zuvor sei. Er pendle seit vier Jahren zwischen seinem Wohnort und Basel. Anfangs sei er um 7.10 Uhr in Markdorf zugestiegen und sei in zwei Stunden in Basel gewesen. Vor zwei Jahren sei der Betrieb umgestellt, der Zug gestrichen worden. Jetzt müsse er um 6.30 Uhr in Salem einsteigen. „Markdorf ist jetzt schlechter angebunden als Salem, warum? Das ist eine Katastrophenverbindung.“

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Im Gespräch vergeht die Zeit wie im Flug – wer hätte das gedacht. Der Reisebus schwenkt um 8.45 Uhr auf das Bahnhofareal in Oberlauchringen ein – aussteigen, warten auf die RB.

Umsteigen am Bahnhof Lauchringen, vom Ersatzbus in die Regionalbahn.
Umsteigen am Bahnhof Lauchringen, vom Ersatzbus in die Regionalbahn. | Bild: Michael Neubert

Auf dem Bahnsteig gesellen sich weiter Fahrgäste zu uns. Die RB fährt ein. 20 Minuten nach der Ankunft mit dem Bus fährt sie ab.

Fahrgäste steigen in Lauchringen in die Regionalbahn ein.
Fahrgäste steigen in Lauchringen in die Regionalbahn ein. | Bild: Michael Neubert

Noch mal gut zehn Minuten dauert die Fahrt in der RB.

Jochen Schmidt-Nawrot auf der Fahrt mit der RB nach Basel.
Jochen Schmidt-Nawrot auf der Fahrt mit der RB nach Basel. | Bild: Michael Neubert

Um 9.15 Uhr kommt sie in Waldshut an. Wir verabschieden uns von Schmidt-Nawrot und steigen aus.

Fahrgäste steigen in Waldshut aus.
Fahrgäste steigen in Waldshut aus. | Bild: Michael Neubert

Am Abend auf die gleiche Weise zurück

Am Abend läuft natürlich alles noch einmal – diesmal in die andere Richtung: Einsteigen in die RB, umsteigen in Lauchringen. Am Bahnhof herrscht reger Betrieb. Reguläre Linienbusse fahren an die Haltestellen. Die Menschen, die eben aus der RB gestiegen sind, verteilen sich. Der Ersatzbus nach Schaffhausen steht schon bereit. Diesmal ist es leider kein Reisebus – schade! Die Sitzbänke sind viel härter. Tische gibt‘s auch keine.

Alle umsteigen in die Busse Video: Michael Neubert

Wir treffen im Bus Lauchringens evangelischen Pfarrer Matthias Hasenbrink – mit einem Buch in der Hand. Er ist auf dem Heimweg nach Singen. Auch er zeigt sich locker, er sagt: „Ich bin zufrieden. Der Ersatzverkehr ist gut organisiert.“ Und die längere Reisezeit? „Man muss eben entsprechend planen.“

Matthias Hasenbrink, evangelischer Pfarrer in Lauchringen, auf der Heimfahrt nach Singen, kurz vor der Abfahrt des Ersatzbusses in ...
Matthias Hasenbrink, evangelischer Pfarrer in Lauchringen, auf der Heimfahrt nach Singen, kurz vor der Abfahrt des Ersatzbusses in Lauchringen nach Schaffhausen. | Bild: Michael Neubert

Tatsächlich klappt alles gut. Wie immer gibt‘s aber auch hier Ausnahmen. Ein paar Tage später, bei einer weiteren Fahrt, gibt‘s Probleme an der Oberleitung im Bereich Singen. Der Rhyhas kommt zu spät – er ist in Schaffhausen zehn Minuten über der Zeit. Die Ersatzbusse sind schon weg – vermutlich pünktlich um 8.05 Uhr losgefahren. Jetzt heißt es: eine Stunde warten auf den nächsten Bus.

Und da ist unser Fazit

Abgesehen von dieser einen Ausnahme läuft es wirklich rund. So eine verlängerte Reise hat auch Vorteile. Man hat viel Zeit zum Lesen oder sogar etwas zu arbeiten. Wie Hasenbrink sagt: Alles eine Sache der Planung. Für die Dauer der Bauarbeiten fährt man eben morgens eine Stunde früher los.

Nur ein kleiner Tipp an die Busfahrer: Es wäre schön, wenn sie ein paar Minuten warten, wenn der Rhyhas tatsächlich mal viel zu spät in Schaffhausen ankommt – was selten vorkommt. Schließlich steht er wegen diesen Fahrgästen bereit.

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