Im Alter von 80 Jahren ist am Dienstag der frühere Erste Beigeordnete von Waldshut-Tiengen und CDU-Bundestagsabgeordnete Werner Dörflinger verstorben. Zu seinen größten politischen Erfolgen gehört der Bau des Bürgerwaldtunnels in Tiengen als Teilstück der Hochrhein-Autobahn.
Das Projekt war möglich geworden, nachdem er dem damaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Erwin Teufel, mit der Rückgabe seines Mandats als Abgeordneter des Wahlkreises Waldshut-Hochschwarzwald gedroht hat, würde der Tunnel nicht kommen.
Mit ähnlichem Elan setzte er sich in jüngster Zeit für die Renovierung der Peter-Thumb-Kirche in Tiengen ein. Sie war für ihn Herz und historisches Zentrum Tiengens. Und vor allem war sie für ihn samt Kirchplatz ein Stück Heimat, ein Ort prägender Erlebnisse und bleibender Erinnerungen. „Ich liebe diese Kirche“, fasste er seine Verbindung zur Peter-Thumb-Kirche zusammen.

Werner Dörflinger wurde am 2. Oktober 1940 im ehemaligen Krankenhaus in Tiengen geboren. Sein Vater, Wilhelm Dörflinger, arbeitete beim Chemie-Unternehmen Lonza, seine Mutter Lina war Hausfrau. Zusammen mit einer Schwester und einem Bruder wuchs er in der alten Zehntscheuer auf. Nach Schulabschluss und Lehre bis 1962 arbeitete Werner Dörflinger als Industriekaufmann bei den Aluminiumwerken Wutöschingen. Von 1962 bis 1975 war er Redakteur des SÜDKURIER in Tiengen.
1961 trat Dörflinger in die CDU ein, deren Ortsverband Tiengen er von 1976 bis 1985 als Vorsitzender leitete. 1965 wurde Dörflinger als Stadtrat im ehemaligen Tiengener Gemeinderat vereidigt, von 1994 bis 2004 gehörte er dem Gemeinderat von Waldshut-Tiengen an, von 1984 bis 2004 war er Kreisrat (CDU-Fraktionsvorsitz ab 1999). Nach dem Zusammenschluss der beiden bis dahin selbstständigen Gemeinden Waldshut und Tiengen war Werner Dörflinger von 1975 bis 1980 Erster Beigeordneter (Bürgermeister) der damals noch jungen Doppelstadt.

Von 1980 bis 1998 vertrat Werner Dörflinger als direkt gewählter Bundestagsabgeordneter den Wahlkreis Waldshut im damals noch in Bonn beheimateten Bundestag. In dieser Funktion übernahm er auch den Vorsitz über den Ausschuss für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau. Für ein Novum in der politischen Landschaft in Südbaden sorgte nach dem Rückzug Werner Dörflingers aus der Bundespolitik sein Sohn Thomas.
Bei der Kandidatenkür für die bevorstehende Bundestagswahl setzte sich der Journalist gegen namhafte Konkurrenten aus dem Landkreis Waldshut durch und startete kurz darauf ebenfalls eine bundespolitische Karriere. Diese endete für den damals 52-jährigen Dörflinger Junior im Herbst 2017, nachdem er auf eine erneute Kandidatur verzichtet hatte. Thomas Dörflinger übernahm von seinem Vater seinerzeit nicht nur das Abgeordneten-Mandat, sondern auch dessen Bonner Büro. Dies allerdings nur für kurze Zeit. Denn sein Vater war Ausschuss-Vorsitzender und ihm stand somit ein anderes Büro zu, als einem einfachen Abgeordneten.

Werner Dörflinger war nicht nur Industriekaufmann, Redakteur, Erster Beigeordneter, Bundestagsabgeordneter, sondern war auch in vielen regionalen Vereinen und Organisationen tätig. So war er unter anderem Ehrenzunftrat der Bürgerzunft Tiengen, Ehrenmitglied der Tiengener Stadtmusik, Mitglied im Arbeitskreis Schwyzertag, im Vorstand des Caritasverbandes Hochrhein und Gründer der Gesellschaft zur Förderung der deutsch-amerikanischen Freundschaft. Im Januar des vergangenen Jahres war er zum Ehrenvorsitzender des CDU-Ortsverbands Tiengen ernannt worden. „Das bedeutet mir viel, der Ortsverein Tiengen ist nach wie vor meine politische Heimat“, sagte Dörflinger damals.
Zu seinen größten Erfolgen als Politiker zählt er den Bau des Bürgerwaldtunnels. In einem Interview zu seinem 75. Geburtstag sagte Werner Dörflinger gegenüber dieser Zeitung: „Was ich mir sicher auf die Fahne schreibe, ist der Bürgerwaldtunnel. Der war ernsthaft gefährdet. Da habe ich zu Ministerpräsident Erwin Teufel gesagt: Wenn Du das machst, musst Du damit rechnen, dass ich mein Mandat zurückgebe.“

Weiter sagte Dörflinger in diesem Interview: „Auch um den Ausbau der B 314 durch das Wutachtal und den Bau der für die Entwicklung der Stadt Wehr sehr wichtigen Umfahrung der B 518 habe ich mich mit Erfolg eingesetzt. Unmittelbar mit dem Waldsterben konfrontiert, ist es mir gelungen, im Kanzleramt um Sensibilität für das Problem nachdrücklich zu werben und den damaligen Fraktionsvorsitzenden Dregger dazu zu bewegen, sich im südlichen Schwarzwald unmittelbar ein Bild zu verschaffen.“
Um Werner Dörflinger trauern neben vielen politischen Weggefährten und Freunden vor allem seine Ehefrau Ursula Dörflinger, geborene Schachner aus Waldshut, mit der er seit 1964 verheiratet war. Werner Dörflnger hinterlässt zudem drei erwachsene Kinder und sechs Enkel.
Enger Freund und Mentor
Groß ist der Verlust auch bei den politischen Weggefährten von Werner Dörflinger. So erklärt Felix Schreiner, seit 2017 direkt gewählter Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Waldshut und CDU-Kreisvorsitzender auf Nachfrage dieser Zeitung, dass er einen engen Freund und Mentor verloren habe. Schreiner: „Werner Dörflinger hinterlässt bei uns im Kreisverband der CDU und bei mir persönlich eine große Lücke.“ Werner Dörflinger habe den CDU-Kreisverband über Jahrzehnte hinweg entscheidend geprägt. „Er war ein überzeugter und engagierter Vertreter der Interessen unserer Region“, der sich besonders im Sinne der christlichen Soziallehre engagiert habe, so Felix Schreiner.