Herr Kaiser, 125 Jahre Schwarzwaldverein Bernau: Welchen Stoff zum Nachdenken gibt Ihnen dieses große Vereinsjubiläum?
Die vielen Jahre machen uns stolz. Wir haben in dieser Zeit dazu beigetragen, dass unsere Heimat bekannt und geschätzt wird. Wir schauen positiv in die Zukunft und hoffen, dass sich weiterhin engagierte Menschen finden, die den Schwarzwaldverein tragen werden.
Welche Bedeutung hatte das Wandern in Bernau, als der Ortsverein 1898 gegründete wurde?
Einheimische sind in diesen Jahren überhaupt nicht gewandert, man hatte schließlich was zu tun, im Haushalt, in der Landwirtschaft. Spazieren gehen oder wandern zum Vergnügen war noch bis in die 60er Jahre eher verpönt. Gegründet wurde der Verein, um Gästen etwas zu bieten. Damals sagte man aber noch nicht Gäste, sondern die Fremden.
Hatte Bernau damals schon nennenswert viele Gäste?
Nicht so viele wie in den benachbarten Kurorten St. Blasien oder Todtmoos, aber es gab schon welche. Man wollte hier auf keinen Fall diesen neuen Trend verpassen. Die Nachbargemeinden waren dabei Vorbilder gewesen.

Was erzählt die Vereinschronik über diese frühen Bernauer Schwarzwaldverein-Jahre?
Leider sehr wenig. Gesichert ist, dass die damaligen Mitglieder bestehende Wege ausgeschildert haben. Das waren landwirtschaftlich genutzte Wege oder Verbindungswege zwischen Ortsteilen. Zu dieser Zeit gab es noch fünf eigenständige Gemeinden auf der Gemarkung der heutigen Gemeinde mit eigenen Bürgermeistern und eigener Verwaltungsinfrastruktur. Ein großes Ereignis war die Einrichtung eines Wanderwegs von Bernau-Dorf zur Krunkelbachhütte im Jahr 1927.
Sie sind seit vielen Jahren Mitglied und seit 30 Jahren leitendes Mitglied im Ortsverein Bernau. Wie haben Sie selbst Ihre frühen Wanderjahre erlebt?
Bis in die 1970er Jahre hinein war Wandern in Bernau noch etwas Exotisches. Und es war reine Männersache. Wenn wir auf unseren Mittwochswanderungen an Nutzgärten vorbeikamen, in denen Frauen das Gemüse gepflegt haben, ist es schon mal vorgekommen, dass man da geneckt wurde. In dem Sinne: Habt ihr denn sonst nichts zu tun? Aber das hat sich dann schnell geändert, auch weil sich die gesundheitliche Bedeutung von Bewegung herumgesprochen hat.
Wie wollen Sie den 125. Vereinsgeburtstag begehen?
Da würde ich schon mal auf unsere Jubiläumswanderungen hinweisen. Das sind 13 Touren auf Bernauer Gemarkung mit insgesamt 125 Kilometern Länge, die den 125 Vereinsjahren entsprechen. Die Touren finden an allen ersten Sonntagen eines Monats statt. Im Dezember werden es zwei Touren sein. Eine davon wollen wir mit der Bernauer Weihnachtstour kombinieren. Die Strecke von Betrieb zu Betrieb wollen wir allerdings abschreiten, statt zu fahren.
Wollen Sie mit diesen Touren vor allem Bernauer Wanderer ansprechen?
Nicht nur. Alle Wanderfreunde sind willkommen. Wir möchten unser Tal aber auch den eigenen Leuten präsentieren. Alle zehn Ortsteile der Gesamtgemeinde sollen drankommen. Ich bin mir sicher, dass nicht alle Bernauer alle schönen Orte entlang der Wege kennen. Wenn Teilnehmer Aha-Erlebnisse haben wie ‚Da war ich schon ewig nicht mehr‘ oder ,Da war ich noch nie‘ oder ,Aus dieser Perspektive hab‘ ich es noch nie gesehen‘, dann ist das ein schönes Ergebnis.
Wenn man die 13 Touren mitgemacht hat, hat man dann alle Wanderwege auf Bernauer Gemarkung begangen?
Nein, da bleiben immer noch Wege außen vor. Wir haben 117 Kilometer ausgeschilderte Wanderwege, insgesamt aber über 200 Kilometer Waldwege, Feldwege oder Wege, die durch die Ortsteile führen. Dazu die Berge und Seitentäler. Herzogenhorn, Spießhorn, Blößling, Farnberg, Oren, Rechberg, Kaiserberg. Es gibt viel zu entdecken.
Welche Veranstaltungen sind außer den Touren geplant?
Der Festakt wird am Samstag, 17. Juni stattfinden und am Wochenende 1. und 2. Juli laden wir zu einem Waldfest bei der Rotkreuz-Hütte ein. Dabei wird auch eine geführte Wanderung mit dem Bürgermeister angeboten.
Auch junge Leute wandern wieder viel und gerne. Macht sich die neue Wanderlust in der Mitgliederliste des Schwarzwaldvereins Bernau bemerkbar?
Nein, leider nicht direkt. Aber wir sind bei jungen Leuten trotzdem bekannt, und zwar auch im Zusammenhang mit unserer Rot-Kreuz-Hütte beim Wanderparkplatz an der Gemarkungsgrenze zu Todtmoos. Die Hütte wird im Winter bewirtet, im Sommer vermieten wir sie für Übernachtungen an Wandergruppen, Vereine, Firmen oder Familien. In unserem Hüttenteam engagieren sich viele junge Leute ehrenamtlich. Dafür müssen sie Mitglied im Verein werden. Sie profitieren davon, weil sie in der Hütte dann auch selbst übernachten können. Und es ist eine gute Gelegenheit, neue Leute kennenzulernen.
Wie ist der Ortsverein personell ausgestattet?
Mit unseren 15 Wanderführern hatten wir noch nie ein Problem, unsere Wanderungen voll zu bekommen. Zur Betreuung der Wege haben wir ein Team von vier Wegepaten, die dem Wegewart zur Seite stehen. Auch die Fachbereiche Naturschutz, Kultur und Heimatpflege und Hüttenbetreuung sind abgedeckt.
Werden Ihre Angebote gut angenommen?
Wir haben einen festen Stamm bei den wöchentlichen Mittwochswanderungen, auch aus Nachbarorten. Die Wanderpläne werden zur Hälfte von der Touristinfo mitfinanziert. Dort ist man daran interessiert, dass die Gäste wissen, was angeboten wird. Und wir sind im Thoma-Tal die einzigen Wanderanbieter. Es beteiligen sich allerdings nur wenige Feriengäste an den geführten Touren. Die Gemeinde profitiert trotzdem, denn viele Gäste nutzen unseren Plan als Ideengeber.